Zum Jahreswechsel haben Meldungen aus dem Iran die Anleger an den Ölmärkten aufhorchen lassen. Vor dem Hintergrund des schwelenden Atomstreits drohte das Regime in Teheran zeitweise mit einer Blockade der Öllieferungen aus dem Persischen Golf. Noch überwiegt Gelassenheit an den Ölmärkten. Es ist nicht das erste Mal, dass der Iran mit einer Blockade droht, aber Experten sind sicher: Die Ölpreise könnten massiv nach oben schießen, wenn der Konflikt zwischen dem Iran und den westlichen Industriestaaten eskalieren sollte und die Schlagader der weltweiten Öllieferungen tatsächlich blockiert wird.
Diesmal keine leere Drohung vom Iran?
Zuletzt sorgte der Iran mit einem Raketentest zu Beginn des neuen Jahres für Schlagzeilen. Das Mitgliedsland der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hatte vor dem Hintergrund steigender Spannungen mit den USA seine modernste Schiffsabwehrwaffe getestet. Das militärische Muskelspiel folgt einer Drohung des Regimes in Teheran, "kein Tropfen Öl mehr durch die Straße von Hormus zu lassen". Durch die etwa 50 Kilometer breite Wasserstraße transportieren Tanker einen beträchtlichen Teil des weltweit benötigten Rohöls - 40 Prozent des globalen Seetransports. Die Meerenge sei ein "Nadelöhr" und die Gefahr einer Blockade durch den Iran real, sagt Rohstoffexperte Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW).
"Sollte der Iran tatsächlich die Drohung eine Blockade umsetzen, wird der Ölpreis in die Höhe schießen", warnt Schallenberger. Zwar könnten die strategischen Reserven der westlichen Industriestaaten die Lieferengpässe zunächst noch ausgleichen. "Aber die Reserven sind begrenzt." Falls die Lage tatsächlich eskaliere, dürften die Ölpreise nach Einschätzung des Experten zunächst um etwa 20 Prozent ansteigen.
Bald über 150 Dollar pro Barrel?
Im Fall einer langfristigen Blockade seien auch neue Rekordpreise beim Öl möglich, warnt Schallenberger. Dann könnte der bisherige Höchststand beim US-Ölpreis aus dem Jahr 2008 bei knapp 150 Dollar je Barrel (159 Liter) noch übertroffen werden. Aktuell kostet ein Fass der US-Referenzsorte West Texas Intermediate (WTI) 98,83 Dollar und ein Barrel der für den europäischen Handel wichtigen Nordseesorte Brent 107,38 Dollar.
Eine langfristige Blockade der Öllieferungen aus dem Persischen Golf hält Schallenberger aber für sehr unwahrscheinlich. Zweifellos hätten alle Anrainerstaaten in der ölreichsten Region der Welt ein Interesse an einer freien Durchfahrt durch die Straße von Hormus. Sollte der Iran die Meerenge tatsächlich blockieren, wäre der Druck auf das Regime in Teheran enorm.
In den vergangenen Jahren hatten immer wieder geopolitische Risiken die Ölpreise bewegt. Zuletzt hatte der Bürgerkrieg in Libyen im vergangenen Sommer Unruhe an den Ölmärkten ausgelöst. Zeitweise kam die Ölförderung in dem Mitgliedsland der Opec völlig zum Erliegen. Die Öllieferungen aus Libyen sind aber nur ein Bruchteil dessen, was aus dem Persischen Golf in die Industriestaaten transportiert wird.
Zudem wurde bekannt, dass zum Abschluss eines tagelangen Marinemanövers im Persischen Golf hat der Iran am Montag weitere Raketen getestet hat. Bei der Übung nahe der strategisch wichtigen Straße von Hormus feuerte die Armee zwei Geschosse vom Typ "Kader" und "Nasr" ab, wie Admiral Mahmud Mussawi staatlichen Medien sagte. Der von iranischen Experten gebaute Marschflugkörper vom Typ "Kader" habe sein Ziel "erreicht und zerstört", sagte Mussawi laut der amtlichen Nachrichtenagentur Irna. Auch die Boden-Boden-Rakete vom Typ "Nasr" sei erfolgreich abgeschossen worden, erklärte der Admiral im Staatsfernsehen.
Rakete ist nun ein hochmodernes Geschoss
Die Raketentests waren Teil einer zehntägigen Marineübung unweit der Straße von Hormus, die am Montag zu Ende gehen sollte. Durch die Verbindung zwischen dem Persischen Golf und dem Arabischen Meer werden bis zu 40 Prozent des weltweit geförderten Erdöls transportiert.
Die "Kader"-Rakete, auch "Ghader" genannt, sei weiterentwickelt worden und nun ein "hochmodernes" Geschoss, dass unter anderem mit einem integrierten Radargerät ausgestattet sei, sagte Mussawi. Für Verwirrung sorgten allerdings die Angaben zur Reichweite: In dem Irna-Bericht wurde das Geschoss, das eine Reichweite von rund 200 Kilometern habe, als Langstreckenrakete bezeichnet. Normalerweile gilt eine solche Rakete allerdings nur als Mittel- oder Kurzstreckenrakete.
Barack Obama setzt Teheran weiter unter Druck
Die französische Regierung kritisierte die Raketentests. "Wir bedauern das sehr schlechte Signal an die internationale Gemeinschaft", sagte Außenamtsprecher Bernard Valero. Er erinnerte daran, dass die UN-Resolution 1929 dem Iran Tests mit Raketen verbiete, die atomar bestückt werden könnten.
Am Samstag hatte US-Präsident Barack Obama neue Sanktionen gegen die iranische Zentralbank und den Finanzsektor in Kraft gesetzt, um Teheran weiter unter Druck zu setzen. Die iranische Währung Rial verlor daraufhin dramatisch an Wert. Für einen Dollar verlangten die Wechselstuben am Montag rund 17.000 Rial, am Sonntag hatte der Wechselkurs noch bei gut 16.000 Rial gelegen. Der offizielle Kurs der Zentralbank liegt bei 11.000 Rial pro Dollar. dpa, afp