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Interview mit Dirk Niebel: Koalitionsbruch: „Das war ein unfreundlicher Akt“

Interview mit Dirk Niebel

Koalitionsbruch: „Das war ein unfreundlicher Akt“

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    „Hier ging es allein darum, die FDP zu schädigen.“Dirk Niebel über die Aufkündigung der Koalition im Saarland durch die CDU
    „Hier ging es allein darum, die FDP zu schädigen.“Dirk Niebel über die Aufkündigung der Koalition im Saarland durch die CDU

    Berlin FDP-Mitglieder sind Kummer gewohnt. Der Wirbel um den neuen Generalsekretär Patrick Döring hatte sich kaum gelegt, als die stellvertretende Vorsitzende der liberalen Frauen in der vergangenen Woche für neuen Wirbel sorgte. Mit dem Argument, bei den Freien Demokraten herrsche ein frauen- und familienfeindlicher Ton, ist Susanne Pöpel aus der Partei ausgetreten. Entwicklungsminister Dirk Niebel allerdings lässt sich auch dadurch seinen Optimismus nicht nehmen.

    Herr Niebel, hat die FDP ein Frauenproblem?

    Niebel: Nein, überhaupt nicht. Wir haben viele gute, starke Frauen, denken Sie nur an meine Staatssekretärin Gudrun Kopp. Auch Frau Pöpel, auf die Sie anspielen, kenne ich als eloquente und engagierte Liberale, deshalb wundere ich mich über ihren Schritt sehr.

    Dennoch kommt die Partei nicht zur Ruhe. Im Saarland hat die Union Sie aus der Regierung geworfen, Ihr Generalsekretär hält den Vorsitzenden für ein Weichei, dazu jetzt auch noch die Frauendebatte. Ist das nicht ein bisschen viel auf einmal?

    Niebel: Der Generalsekretär hat lediglich gesagt, dass Philipp Rösler vom Typ her ganz anders ist als sein Vorgänger. Er betont das Gemeinsame und versucht, mit Moderation und Ausgleich liberale Anliegen durchzusetzen, Guido Westerwelle ist eher der Kämpfertyp, der Dinge auch mal gegen Widerstände durchsetzt. Und was das Saarland angeht: Das war ein in höchstem Maße unfreundlicher Akt, wie Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer dort ihre Entscheidung getroffen hat. Sie hat wie eine Landrätin agiert und ihre Entscheidung während der Rede von

    Wie sehr belastet dieses Ereignis jetzt die Arbeit der Koalition in Berlin? Werden Union und FDP sich fremder?

    Niebel: Das Saarland ist viel zu klein, um das Binnenklima in Berlin zu belasten. Im Bundesrat zum Beispiel wird sich nichts verändern, dort bleibt das Saarland im neutralen Block. Und eine Bundesversammlung zur Wahl eines neuen Präsidenten brauchen wir derzeit nicht. Die Auswirkungen des Koalitionsbruchs auf unsere Arbeit sind damit gleich null. Aber natürlich vergessen wir auch nicht, was da passiert ist.

    Wie fest sitzt Philipp Rösler eigentlich noch im Sattel? Wird er die FDP als Spitzenkandidat in die nächste Bundestagswahl führen?

    Niebel: Der Bundesvorsitzende ist immer der geeignetste Spitzenkandidat.

    Die Frage ist nur, ob Philipp Rösler nach der Wahl in Schleswig-Holstein in Mai auch Bundesvorsitzender bleibt. Wenn die FDP dort aus dem Landtag fliegt, könnten die Dinge auch eine gewisse Eigendynamik entwickeln.

    Niebel: Die Wahl in Schleswig-Holstein wird für die FDP positiv ausgehen. Wir werden wieder in den Landtag einziehen, und dann haben wir auch alle Möglichkeiten, in der nächsten Landesregierung wieder dabei zu sein.

    In den Umfragen sind die Liberalen tief gefallen, bis zur Bundestagswahl sind es nur noch etwas mehr als eineinhalb Jahre. Wie wollen Sie das Ruder denn noch herumreißen und wo wird die FDP, wie Rösler sagt, noch liefern?

    Niebel: Wir haben noch ausreichend Zeit. Je näher der Wahltermin rückt, umso genauer werden die Wähler auch auf die Alternativen schauen. Eine Alternative ist eine Regierung aus Grünen und Sozialdemokraten, zwei Parteien also, die bei ihren Parteitagen dramatische Steuererhöhungen und teilweise sogar die Einführung neuer Steuern beschlossen haben. Wir halten dagegen, wir stehen für eine leistungsgerechte Politik, deshalb arbeiten wir auch an weiteren Vereinfachungen im Steuersystem. Dass wir insgesamt eine erfolgreiche

    Fraktionschef Rainer Brüderle und Sie sind nach dem Sturz von Guido Westerwelle die starken Figuren in der FDP. Ist das nach dem Jugendwahn der vergangenen Monate Ausdruck einer neuen Sehnsucht nach Solidität und Erfahrung?

    Niebel: Moment – Rainer Brüderle und mich trennen noch fast 20 Jahre. Einen Jugendwahn gab es nie in der FDP, genauso wenig wie es eine „Boygroup“ gab. Das ist eine Erfindung der Medien. Was es gab, das war der Wunsch vieler Menschen in der Partei nach einer Veränderung, nach einem Personalwechsel.

    Für den Fall eines weiteren Personalwechsels wird Rainer Brüderle als neuer Parteichef gehandelt, Sie selbst könnten dann Fraktionsvorsitzender werden. Ist das eine Option?

    Niebel: Den Fraktionsvorsitz habe ich auch bisher nicht angestrebt. Ich habe mich dafür entschieden, die Entwicklungspolitik und die internationale Kooperation zu einem Markenzeichen Deutschlands zu machen und unserem Land durch eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den jeweiligen Ländern zu einem Mehrwert zu verhelfen. Das möchte ich unumkehrbar abschließen.

    Können Sie sich ein Szenario vorstellen, in dem Westerwelle wieder an die Spitze der Partei zurückkehrt, zum Beispiel nach der nächsten Bundestagswahl? Opposition kann er ja.

    Niebel: Guido Westerwelle kann auch Regierung, das zeigt er in seinem gegenwärtigen Amt. Ansonsten habe ich Phantasie genug, um mir jedes Szenario vorstellen zu können.

    Interview: Rudi Wais

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