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Interview mit Andrea Nahles: „Diese FDP braucht keiner“

Interview mit Andrea Nahles

„Diese FDP braucht keiner“

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    Andrea Nahles auf dem SPD-Bundesparteitag in Berlin. Die Generalsekretärin wurde mit 73,2 Prozent bestätigt. 2009 erreichte sie 69,9 Prozent.
    Andrea Nahles auf dem SPD-Bundesparteitag in Berlin. Die Generalsekretärin wurde mit 73,2 Prozent bestätigt. 2009 erreichte sie 69,9 Prozent. Foto: Foto: Kahnert, dpa

    Berlin Die SPD blickt optimistisch wie schon lange nicht mehr in die Zukunft. Anfang des Monats wurde die Partei selber überrascht von einem wahren Ansturm auf ihren Bundesparteitag in

    Frau Nahles, die SPD ist in den aktuellen Umfragen nach dem Parteitag im Aufwind. Stimmen Sie der Ansicht zu, dass dies auch an dem Aufsehen liegt, das der Dreikampf um den Posten des Merkel-Herausforderers in der Öffentlichkeit erzeugt?

    Nahles: Nein. Die SPD hat auf jeden Fall Sympathie gewonnen. Wir haben uns bei unserem Parteitag in Berlin als eine Partei präsentiert, die zusammenhält, ohne Konflikte zu vertuschen. Die Frage nach einem Kanzlerkandidaten war da nicht dominant.

    Aber es stimmt doch, dass vor einigen Wochen großen Teilen der Partei dieser Wettstreit suspekt war. Auch Sie haben davor gewarnt. Jetzt kokettieren viele damit. Glauben Sie, dass diese Stimmung anhält?

    Nahles: Die Aufmerksamkeit für den Parteitag war und tat natürlich gut. Da war auch Stolz spürbar, dass wir mit das beste Personalaufgebot haben. Und natürlich haben auch die Delegierten bei den Reden von Gabriel, Steinmeier oder Steinbrück besonders genau zugehört. Aber mit einer großen, ja augenzwinkernden Gelassenheit. Es handelt sich um einen freundlichen Wettbewerb.

    Immer wieder hörte man auf dem Parteitag in Berlin, die Urwahl soll erst nach der Niedersachsenwahl im Januar 2013 steigen. Ist das so geplant? Ist dieses Datum nicht zu weit weg?

    Nahles: Ich gehe nicht von einer Urwahl 2013 aus. Was den Wahlkampf angeht, ist kurz und knackig besser als ein langer Ritt. Ich halte es für falsch, allzu früh den Herausforderer für die amtierende Kanzlerin Merkel zu präsentieren. Die Entscheidung könnte Ende 2012 oder Anfang 2013 fallen. Die Wahl in Niedersachsen halte ich in diesem Zusammenhang für nicht maßgeblich.

    Allem Anschein nach will die SPD das Thema soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes stellen. Ist das richtig?

    Nahles: Für die SPD ist es selbstverständlich, das Thema soziale Gerechtigkeit im Wahlkampf in den Vordergrund zu stellen. Neu ist vielleicht, dass wir schon jetzt deutlich spüren, dass wir damit auch gerade die bürgerliche Mitte ansprechen. Dabei geht es ja auch um die Frage, wie die Politik wieder Handlungsspielraum gegenüber den Banken und dem Finanzmarkt erlangen kann. Die Menschen spüren die Ohnmacht der

    Die SPD fordert eine spürbare Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Der linke Flügel will sogar nachlegen. Besteht nicht die Gefahr, diese Schaube zu überdrehen?

    Nahles: Für weitergehende Forderungen gab es in Berlin keine Mehrheit. Was beschlossen wurde, gilt. Für mich ist das auch die Linie der Vernunft.

    Fast sehnsuchtsvoll klang Parteichef Gabriel, als er in Berlin an die großen Zeiten des Liberalismus erinnerte. Kann sich die SPD jetzt überhaupt über den katastrophalen Zustand der FDP freuen?

    Nahles: Grundsätzlich nicht. Aber die FDP, wie sie jetzt ist, braucht keiner – auch nicht die SPD. Es ist der verjüngten Parteiführung nicht gelungen, die Partei thematisch auf eine breitere Basis zu stellen. Das ist schon enttäuschend.

    Ist die Krise der FDP nicht auch eine Bedrohung für die Bundesregierung?

    Nahes: Es kann eine werden. Ein Erfolg für die Euro-Gegner beim FDP-Mitgliederentscheid wäre ja ein Misstrauensvotum gegen die Europa-Politik der Regierung von Frau Merkel. Gerade jetzt – angesichts gewaltiger Finanzprobleme und mitten in der Krise. Philipp Röslers Ende als Parteichef ist doch noch vor den Wahlen in Schleswig-Holstein im Mai 2012 wahrscheinlich, wenn die Umfragen nicht besser werden.

    Was also wird aus Schwarz-Gelb?

    Nahles: Merkel würde sich und dem Land einen Gefallen tun, wenn sie sich für Neuwahlen entscheiden würde. Ich weiß aber, dass es für vorgezogene Neuwahlen in Deutschland juristische Hürden gibt. Doch angesichts der Lage der Koalition halte ich die Gründe dafür für ausreichend. Der Bundespräsident müsste diese Gründe übrigens prüfen, allerdings erscheint Christian Wulff zurzeit eher mit der Prüfung seiner eigenen Angelegenheiten beschäftigt zu sein.

    Interview: Simon Kaminski

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