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Interview: Walter-Borjans zur Autoindustrie: "Es kann nicht sein, dass eine Branche diktiert"

Interview

Walter-Borjans zur Autoindustrie: "Es kann nicht sein, dass eine Branche diktiert"

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    SPD-Chef Walter-Borjans zeigt sich genervt von den Autobossen.
    SPD-Chef Walter-Borjans zeigt sich genervt von den Autobossen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Herr Walter-Borjans, die IG Metall tobt, weil die SPD eine Autokaufprämie auch für Verbrenner im Konjunkturpaket der Bundesregierung verhindert hat. Von einer industriepolitischen Geisterfahrt ist die Rede, die Arbeitsplätze gefährde. Hat die SPD ihr Herz für die Beschäftigten der Autoindustrie verloren?

    Norbert Walter-Borjans:Ganz im Gegenteil. Uns hat der Gedanke geleitet, dass die Autoindustrie samt der Zulieferer eine Schlüsselbranche für Deutschland ist. Wir wollen, dass die Autoindustrie noch stärker auf die Arbeitsplatzsicherung der Zukunft setzt. Da haben die Konzerne viel vernachlässigt, etwa was die Entwicklung von klimafreundlichen Elektroautos betrifft. Die Autolobby überspannt den Bogen.

    Was haben die Autobauer Ihrer Meinung nach falsch gemacht?

    Walter-Borjans: Die Konzerne wollen die Sorgen der Beschäftigten für ihre Zwecke nutzen. Es geht ja nicht um das „Ob“ staatlicher Hilfe. Es kann aber nicht sein, dass eine Branche dem Staat diktiert, auf welche Weise die Förderung zu erfolgen hat. Was wäre, wenn die Lufthansa dem Staat sagen würde, macht für uns alle Tickets 20 Prozent billiger, aber haltet Euch aus allem anderen heraus? Auch die Hersteller von Waschmaschinen kommen nicht daher und verlangen staatliche Rabatte. Eine Prämie für die herkömmlichen Produkte wäre ökologisch falsch und ökonomisch unwirksam.

    Sie stört offenbar auch der Ton der Autolobby…

    Walter-Borjans: Die Politik ist nicht Empfänger von Branchenordern. Die Autokonzerne fordern im Ergebnis, dass der Steuerzahler als Ausfallbürge bei Boni für Bosse und Dividenden für Aktionäre herhalten soll.

    Ist die enge Verbindung zwischen SPD und IG Metall jetzt Geschichte?

    Walter-Borjans: Nein, überhaupt nicht. Wir tauschen uns eng mit allen Gewerkschaften aus – auch und gerade jetzt mit der IG Metall. Sie alle wissen, dass wir im Konjunkturpaket sehr viel für die gesamte Wirtschaft getan haben. Auch die Autobranche profitiert massiv von der Förderung von Forschung und Entwicklung, da werden Milliarden investiert. Die degressive Abschreibung entlastet die Unternehmen enorm. Das sagt auch die IG Metall. Und mit der Mehrwertsteuersenkung wird die Konjunktur insgesamt angekurbelt.

    Die IG Metall lobt nun ausgerechnet CSU-Chef Markus Söder, der für die Mehrwertsteuersenkung und damit eine verkappte Autoprämie gesorgt. Wie sehr schmerzt Sie das?

    Walter-Borjans: Mit dieser skurrilen Interpretation kann ich leben. Die Mehrwertsteuersenkung war auch unser Wunsch. Und es gehört nun einmal zum politischen Fingerhakeln, dass man mit Sympathie für den Gegner droht.

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