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Interview: Sigmar Gabriel plädiert für europäische Mission im persischen Golf

Interview

Sigmar Gabriel plädiert für europäische Mission im persischen Golf

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    Sigmar Gabriel plädiert trotz der Absage der Bundesregierung weiterhin für eine europäische Mission im persischen Golf.
    Sigmar Gabriel plädiert trotz der Absage der Bundesregierung weiterhin für eine europäische Mission im persischen Golf. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Herr Gabriel, sollte sich Deutschland an einem Einsatz zum Schutz von Handelsschiffen im Golf von Hormus beteiligen?

    Sigmar Gabriel: Nur, wenn es sich um eine europäische Mission gehandelt hätte. Und darum ging es ja am Anfang bei dem Vorschlag der Briten und Franzosen. Da hätte Deutschland sich ohne langes Zaudern für eine europäische Beobachtermission zur Sicherung der Handelsschifffahrt entscheiden sollen. Das wäre ein starkes Signal auch zu einer eigenständigen Handlungsfähigkeit Europas gewesen. Möglicherweise haben wir zu lange gezögert, denn der neue britische Premierminister Boris Johnson hat inzwischen die Seiten gewechselt und will sich einer Militärmission unter Führung der USA anschließen.

    Warum ist das ein Problem?

    Gabriel: Europa hatte im Konflikt um das Atomabkommen mit dem Iran stets eine eigenständige Rolle eingenommen. Wir wollten das Abkommen erhalten. Der amerikanische Präsident ist aus dem Abkommen ausgestiegen, obwohl der

    Verstehen Sie als ehemaliger Bundeswirtschaftsminister die Sorgen der deutschen Wirtschaft um diese wichtige Handelsroute? 

    Gabriel: Ja, aber es geht nicht nur um wirtschaftliche Interessen. Die Freiheit der Seeschifffahrt ist ein ganz generelles Gut, das es zu schützen gilt. Deshalb wäre ich auch für eine Mission Europas zum Schutz der Handelsschiffe gewesen. Diese schwierige Aufgabe haben wir in der Vergangenheit immer weitgehend den USA überlassen. Wenn wir uns selbst kümmern, können wir auch nicht in militärische Konflikte hineingezogen werden, die wir so nicht wollen. Das aber erfordert europäische Gemeinsamkeit.

    Annegret Kramp-Karrenbauer ist seit kurzem Bundesverteidigungsministerin. Dies ist ihre erste Bewährungsprobe, sie ringt noch nach einer Antwort. Was erhoffen Sie sich generell von AKK in ihrem neuem Amt?

    Gabriel: Ehrlich gesagt ist die Bewährungsprobe für Frau Kramp-Karrenbauer erstmal, die Bundeswehr einsatzfähig zu machen. Es ist doch ein Armutszeugnis für Deutschland, dass wir inzwischen an internationalen Missionen nicht mehr teilnehmen können, weil die

    Kanzlerin Angela Merkel hat sich zuletzt in ihrer Sommerpressekonferenz ungewöhnlich deutlich von US-Präsident Donald Trump distanziert, als es um dessen Angriffe auf demokratische Kongressabgeordnete ging: Ist so eine harte Haltung sinnvoll für das weitere transatlantische Verhältnis?

    Gabriel: Die deutsche Bundeskanzlerin hat das ausgesprochen, was vermutlich mehr als 80 Prozent der Deutschen denken. Und wenn der Präsident unseres wichtigsten Verbündeten so redet und handelt wie zur Zeit, dann verstört uns das natürlich. Aber Achtung: Wir haben es in der Welt mit weit schwierigeren Personen und Systemen zu tun als mit Donald Trump und seiner Regierung. Und trotzdem suchen wir mit denen die Zusammenarbeit. Und was Amerika betrifft: Der US-Präsident ist nicht gleichbedeutend mit den USA. Die Wahrheit ist doch: Dort hat es immer auch Rassismus gegeben, aber eben auch das Gegenteil. Die demokratische Verfassung des Landes, seine Institutionen, seine Kultur und seine Idee von individueller Freiheit steht uns immer noch näher als fast jedes andere Land außerhalb Europas. Und wir merken doch gerade: Europa ist allein nicht etwa stärker in der Welt, sondern schwächer. Trotz aller Differenzen mit dem US-Präsidenten sollten wir eher mehr in Austausch,

    Wie könnte Deutschland zu einer Entschärfung der Krise zwischen Iran und den USA beitragen?

    Gabriel: Deutschland alleine vermutlich gar nicht. Sondern nur, in dem es weiter für eine gemeinsame europäische Position zum Iran eintritt. Das ist durch die Wahl von Boris Johnson schwieriger geworden, weil er sich für die Zeit nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU offenbar seinem Freund Donald Trump als enger Partner anbieten möchte. Trotzdem sollte Deutschland gemeinsam mit anderen Länder wie z.B. Japan eine Mittlerrolle zwischen dem Iran und den USA einnehmen. Denn trotz der Ereignisse an der Straße von Hormus gibt es ja längst Bemühungen, im Hintergrund Gesprächsfäden zu knüpfen. Nochmal: Ich glaube nicht, dass Donald Trump einen militärischen Konflikt mit dem Iran will. Im Gegenteil. Aber wenn sich beide Seiten militärisch hochschaukeln, kann ein solcher Konflikt entstehen, obwohl ihn niemand will. Deshalb sind solche „Back Channels“ besonders wichtig.

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