Die CDU hat im April dafür gekämpft, das Urheberrecht in der Europäischen Union zu reformieren - und verstößt nun selbst dagegen. Das hat der Politiker und Satiriker Nico Semsrott mit simpler Recherche herausgefunden: Er besuchte den Youtube-Kanal der CDU und fand dort zahlreiche Mitschnitte aus dem Programm der öffentlich-rechtlichen TV-Sender.
In mehreren Twitter-Posts veröffentlichte er am Donnerstag dieses Tatsache und sorgte so dafür, dass die CDU das Material der Öffentlich-Rechtlichen von ihrem Youtube-Kanal nehmen musste.
Semsrott selbst kandidiert für die Partei "Die Partei" auf Listenplatz 2 für die Europawahl. Er ist Kabarettist, Satiriker und Slam-Poet. Im Interview erklärt er die Hintergründe. Achtung, das Gespräch könnte eine Prise Humor enthalten.
Wie kam es dazu, dass Sie die Videos auf dem Youtube-Kanal der CDU fanden? Checken Sie regelmäßig die Medien-Kanäle anderer Parteien?
Nico Semsrott: Ich bin grundsätzlich fasziniert von der Kommunikationsleistung der CDU. Es ist wie ein Unfall, man muss hingucken. Deren Youtube-Kanal gehört dazu.
Wird man als Satiriker nicht irgendwann müde von all den Steilvorlagen, die einem die CDU bietet?
Semsrott: Ja. Und arbeitslos. Das ist eigentlich die größere Gefahr. Die Politiker nehmen uns Satirikern die Arbeitsplätze weg. Deswegen gehe ich als Satiriker aus reiner Notwehr in die Politik.
Entwickelt man vielleicht sogar Mitleid mit der Partei?
Semsrott: Phasenweise ja. Neulich, als Daimler angekündigt hat, der CDU keine Spenden zukommen zu lassen, fand ich das unfair. Da arbeitet als CDU man jahrzehntelang zuverlässig für das Unternehmen und dann bleibt die Bezahlung aus! Für die PR-Abteilung habe ich aber kein Mitleid. Wenn sich die CDU auf allen Ebenen gegen die Moderne wehrt, ist das eben ihre Entscheidung.
Haben Sie mit solchen Reaktionen in den sozialen Medien gerechnet? Am 24. Mai hatten Sie 3500 Retweets auf Ihre investigative Veröffentlichung.
Semsrott: Nein. Ist ja auch völlig übertrieben. Die Union sollte aufgrund ihrer desaströsen Menschenrechtspolitik, ignoranter Klimapolitik oder der Zusammenarbeit mit Orbàn in der Kritik stehen. Die Urheberrechtsverletzungen einer selbst ernannten Urheberrechtspartei sind im Vergleich Lappalien.
Haben die Verantwortlichen von CDU oder den Öffentlich-Rechtlichen mit Ihnen gesprochen, ehe die Inhalte von dem Kanal genommen wurden?
Semsrott: Nein. Die gesamte Kommunikation, die stattgefunden hat, ist online einsehbar. Es war genau ein Tweet von der ARD.
Hätten Sie gedacht, dass Sender und Partei so schnell reagieren würden?
Semsrott: Ich hatte mit keiner Reaktion gerechnet und wollte einfach nur meine Follower unterhalten. Vermutlich lerne ich das jetzt schon für die große Politik. Einfach mal ausprobieren, irgendwann passiert schon was.
Müssen sich nun auch andere Parteien vor Enthüllungen fürchten?
Semsrott: Unbedingt. Ich werde von meinem Bett aus googlend alles in meiner Macht stehende tun, um die Konkurrenz zu stürzen.
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