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Interview: Peter Gauweiler: „Hinterher ist man immer klüger“

Interview

Peter Gauweiler: „Hinterher ist man immer klüger“

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    Europa-Kritiker Peter Gauweiler: „Man kann einen inhaltlichen Schlagabtausch doch auch gelebte innerparteiliche Demokratie nennen.“
    Europa-Kritiker Peter Gauweiler: „Man kann einen inhaltlichen Schlagabtausch doch auch gelebte innerparteiliche Demokratie nennen.“ Foto: Fred Schöllhorn

    Herr Gauweiler, nach der Europawahl-Schlappe gab es in der CSU viel Kritik an Ihnen. Auch am Wochenende,als IhrePartei das Ergebnisaufgearbeitet hat. Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Sie würden nur sich selbst vertreten und nicht die

    Natürlich ist jeder für sich selbst verantwortlich, die CSU würde sich auch ohne mich der massiven EU-Kritik unserer Bevölkerung stellen müssen. Bei unserer Parteiklausur am Wochenende haben die Meinungsforscher viele interessante Zahlen vorgelegt: Drei Viertel der Bayern wollen nicht, dass aus der EUVereinigte Staaten von Europa“ werden. Sie fühlen sich durch eine solche Entwicklung zwangseingemeindet. Und weit über 50 Prozent der Bevölkerung – und noch viel mehr der CSU-Anhänger –sind sehr besorgt über die Politik der Europäischen Zentralbank. Und sind durch die Warnungen der Bundesbank und der deutschen Sparkassen vor dieser

    War der Ja-aber-Wahlkampf der CSU am Ende zu beliebig?

    Wie beim Fußball ist man in Sachen Aufstellung hinterher immer klüger. Die Ja-aber-Position hatten wir ja nicht nur gegenüber den Brüsseler Instanzen, sondern schon immer gegenüber Bonn und Berlin, seit es die CSU gibt. Wir sind dann erfolgreich, wenn wir deutlich machen, was ist der Nutzen, wenn man CSU wählt. Unser Europa-Programm hat die ganze Partei vertreten. Auch ich. Unsere Aufgabe muss es jetzt sein, glaubhaft darzulegen, dass unsere Versprechen auch wirklich ernst gemeint sind.

    Wie gefährlich ist die AfD für die CSU? Gilt auch für Sie das alte Diktum von Franz Josef Strauß: Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitime Partei geben?

    Ja. Die Konsequenz daraus lautet, wir müssen unsere Programmatik so gestalten, dass, wer in der demokratischen Gemeinschaft eher rechts als links denkt, sich bei uns vertreten fühlen kann. Das geht nur durch konkrete und glaubwürdige Politik und nicht durch Lippenbekenntnisse. Das Hauptproblem bei der vergangenen Wahl war allerdings weniger die AfD, sondern vor allem, dass so viele Leute nicht zum Wählen gegangen sind. Über 40 Prozent haben ihre Nichtbeteiligung – wie uns am Wochenende belegt wurde – ausdrücklich politisch begründet, auch als Protest gegen die Anmaßungen aus Brüssel.

    Seit Jahren wird ein Bröckeln des konservativen Fundaments der Union beklagt. Entsteht hier nun selbst für die CSU eine Herausforderung?

    Für alle Parteien gilt, Stammkundschaft geht vor Laufkundschaft. Wer seine Stammkunden aufgibt, hat schon verloren. Das beste Mittel dagegen heißt inhaltliche und personelle Glaubwürdigkeit. Meinen wir das Programm ernst und sind die vorgeschlagenen Kandidaten auch nach der Wahl willens und in der Lage, das Programm umzusetzen? Ein negatives Lehrbeispiel ist das traurige Schicksal der FDP. Sie hatte bei der vorletzten Bundestagswahl ein viel beachtetes Programm zur Steuersenkung angeboten und gab es dann innerhalb weniger Monate nach der Wahl preis. Das Ergebnis ist bekannt.

    Was ist die Konsequenz für die CSU?

    Auch wir haben unser Europawahlprogramm einstimmig beschlossen – als ein Versprechen für die Zeit nach der Wahl. Nehmen Sie als Beispiel die Forderung, dass Deutschland im EZB-Rat in Grundsatzfragen ein Vetorecht bekommt und die Bundesbank dort einen ständigen Sitz behalten soll. Nach derzeitiger Rechtslage wird

    Es klingt so, als fühlen Sie sich durch das schlechte Abschneiden der CSU eher gestärkt denn als Sündenbock?

    Gestärkt würde ich mich fühlen, wenn diese CSU-Forderungen umgesetzt werden. Es gilt nach Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Die 40,5 Prozent können niemanden in der CSU zufriedenstellen. Sie sind aber immer noch weit besser als das Ergebnis der Union insgesamt. Alle anderen bürgerlichen Parteien in Europa haben bekanntlich wesentlich schlechter abgeschnitten. Das Entscheidende, um ein weiteres Abbröckeln zu vermeiden, muss jetzt sein, die gegebenen Wahlversprechen einzuhalten.

    Nach der Wahl ist ein Streit über den Führungsstil von Horst Seehofer losgebrochen. Ist der CSU-Chef geschwächt?

    Nein. Personell und inhaltlich hat sich Horst Seehofer am Wochenende souverän durchgesetzt. Und seine Kritiker haben viel Gegenkritik erfahren. Natürlich sind personelle Fragen immer auch Machtfragen. Nur: Ist das so schlimm? Man kann einen inhaltlichen Schlagabtausch doch auch gelebte innerparteiliche Demokratie nennen. Ungut wird es immer dann, wenn es ins Persönliche abgleitet.

    Steigt nicht mit einem Amtswechsel zum Wahltag das Risiko, die absolute CSU-Mehrheit wieder zu verlieren?

    Niemand wird der CSU an den Karren fahren können, wenn sie, was sie sich vorgenommen hat, durchzieht. Voraussetzung ist, dass sich die Beteiligten zusammenreißen. Das sage ich auch an die eigene Adresse. Grundsätzlich fühlt sich das bayerische Commonwealth doch mit der parteipolitischen Sonderrolle der CSU sehr gut aufgehoben.

    Einig scheint sich die CSU darin, dass sie beim außenpolitischen Profil Nachholbedarf hat…

    Es stimmt, dass wir hier auf eine starke gemeinsame Position dringen und sie verdeutlichen müssen. Horst Seehofer sieht das als zentrale Aufgabe und wird die Leitung unseres außenpolitischen Klubs übernehmen. Er wird mit Auslandsreisen die Position Bayerns im Umfeld seiner Nachbarn deutlich machen.

    Bundespräsident Joachim Gauck hat kürzlich erneut für weniger militärische Zurückhaltung plädiert. Welche Rolle wird das für die CSU spielen?

    Ministerpräsident Seehofer hat schon bei der Rede des Bundespräsidenten im Februar bei der Münchner Sicherheitskonferenz erklärt, bei allem Respekt vor der Person und dem Amt Gaucks, dass er den militärpolitischen Teil dieser Rede nicht ganz folgen möchte. Wir hatten auch die verdienstvolle Initiative von Entwicklungsminister Gerd Müller, der in der Bundesregierung dafür gesorgt hat, dass Überlegungen für eine militärische Intervention der Bundeswehr in Afrika so nicht weiterverfolgt worden sind.

    Sie selbst sind mehrfach mit Ihrer Haltung in der Ukraine-Krise angeeckt.

    Krieg ist kein Mittel der Politik. Das ist ein Zivilisationsstandard, den wir erreicht haben, und – so schon Strauß – die Geschäftsgrundlage der Bundeswehr. Ich bleibe bei dem, was ich beim Politischen Aschermittwoch gesagt habe. Russland ist Teil Europas. Moskau ist eine europäische Hauptstadt wie Kiew, Rom und London. Deshalb finde ich es gut, dass die Bundeskanzlerin und der Außenminister den Kontakt mit

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