Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Interview: Laschet oder Söder: „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“

Interview

Laschet oder Söder: „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“

    • |
    Sie wollen also beide: Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) haben ihren Anspruch erklärt, für die Union als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl anzutreten.
    Sie wollen also beide: Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) haben ihren Anspruch erklärt, für die Union als Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl anzutreten. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Lange wusste niemand, ob Markus Söder tatsächlich antritt. Dafür gab es eine Serie von Sticheleien zwischen München und Düsseldorf. Ist die Sache für die Union bisher nicht denkbar schlecht gelaufen?

    Heinrich Oberreuter: Ich glaube die Sticheleien, die es natürlich gab, wurden in der Öffentlichkeit zum Teil vom Pandemie-Geschehen überdeckt, auch wenn sie sich auch im Corona-Kontext abgespielt haben. Eine völlig neue Herausforderung ist, dass ein Kandidat gefunden werden muss, während eine Kanzlerin aus der CDU ja noch amtiert.

    Das CDU-Präsidium steht, wenig überraschend, hinter Laschet. Ist die Sache damit praktisch entschieden?

    Oberreuter: Für Söder ist diese Empfehlung eine Erschwernis; allerdings ist es eben nur eine Empfehlung, keine Entscheidung, die in Stein gemeißelt ist. Andere Teile der Partei wollen ebenfalls gefragt sein, wie die Landesverbände, die Basis und nicht zuletzt die Unionsfraktion im Bundestag.

    Könnte der Umstand, dass es sich eben um eine Empfehlung und nicht um eine Entscheidung des Präsidiums handelt, am Ende nicht sogar dem NRW-Ministerpräsidenten schaden?

    Oberreuter: Sie ist zumindest nicht in eine eherne Form gegossen. Die Frage ist doch, wem das Präsidium die Kandidatur Laschets empfiehlt. Eben den genannten anderen Mitspielern in der CDU/CSU. Ich glaube, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

    Franz-Josef Strauß erreichte bei der Bundestagswahl 1980 stolze 44,5 Prozent - zur Kanzlerschaft reichte es dennoch nicht.
    Franz-Josef Strauß erreichte bei der Bundestagswahl 1980 stolze 44,5 Prozent - zur Kanzlerschaft reichte es dennoch nicht. Foto: Ralf Lienert

    Was für Optionen bleiben Söder jetzt? Wie könnte es weitergehen?

    Oberreuter: Söder scheint zunächst nichts anderes übrig zu bleiben, als die weitere Entwicklung in der CDU abzuwarten. Er hätte dann zwei Möglichkeiten: Entweder, er sagt, dass es das war und er Laschet unterstützt, oder er sagt, dass das Präsidium der CDU eben nicht die ganze Union ist. Darauf scheint es hinauszulaufen, weil die CSU offensichtlich nicht klein bei gibt. Dann ist zu erwarten, dass der Wille, das Ganze in einem fairen Stil abzuwickeln, an Grenzen gerät. Dann geht die Diskussion weiter, und die Auseinandersetzung dürfte wieder konfrontativer und ungemütlicher werden. Die Union könnte sich noch stärker die Frage stellen, ob sie sich wirklich einen Kandidaten leisten will, der in den Umfragen derart schwach dasteht.

    Wer ist Ihr Favorit?

    Oberreuter: Im Augenblick spricht aus meiner Sicht relativ viel für Söder. Sein Krisenmanagement ist ansprechend, er hat den Überblick bewahrt und ist klar in der politischen Liniensetzung – ohne opportunistische Verbeugungen in Richtung Opposition oder Querdenkern. Söder hat dem Lebensschutz immer den Vorrang gegeben. Armin Laschet war in seiner Corona-Politik deutlich weniger konsequent.

    Jetzt wird stets an die beiden gescheiterten Kandidaturen der CSU-Granden Franz Josef Strauß 1980 und Edmund Stoiber 2002 erinnert. Inwieweit ist das tatsächlich mit der aktuellen Situation vergleichbar?

    Oberreuter: Die Situationen sind alles andere als identisch. Solche Rückgriffe sind uninformiert. Man darf ja nicht vergessen, dass Strauß 1980 44,5 Prozent geholt hat, obwohl eine wahre Propagandaschlacht gegen ihn lief. Davon kann heute jeder CDU-Kandidat nur träumen. Stoiber erreichte 2002 immerhin 38,5 Prozent, Kanzlerin Angela Merkel erreichte lediglich einmal ein unwesentlich besseres Resultat. Also sind solche Vergleiche und Interpretationen kurzschlüssig.

    Auch Edmund Stoiber blieb der Einzug ins Kanzleramt verwehrt. Allerdings war er bei der Bundestagswahl 2002 ganz knapp vor einem Wahlsieg.
    Auch Edmund Stoiber blieb der Einzug ins Kanzleramt verwehrt. Allerdings war er bei der Bundestagswahl 2002 ganz knapp vor einem Wahlsieg. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Was hat sich im Verhältnis zwischen den Schwesterparteien verändert?

    Oberreuter: Das Verhältnis war immer von einem historischen Auf und Ab gekennzeichnet. In den ersten Jahrzehnten nach der Gründung der Bundesrepublik war der Zusammenhalt wegen der schwierigen Umstände sehr groß. Dann in der Zeit von Strauß gab es erhebliche Konflikte, die fast zu einer Trennung geführt hätten. Auch nach der Wende 1989 gab es in der CSU kurz die Überlegung, in Konkurrenz zur CDU in den neuen Bundesländern aktiv zu werden. Später gab es den heftigen Krach zwischen Seehofer und Merkel um die Flüchtlingspolitik; dann hat man sich wieder angenähert. Die Union hat ja keine andere Wahl: Würde die CSU im Norden und die CDU in Bayern antreten, würden beide Parteien schweren Schaden nehmen.

    Falls Laschet jetzt das Rennen macht, im Wahlkampf aber nicht Tritt fasst. Könnte dann doch noch Söders große Stunde schlagen?

    Oberreuter: Das wäre eine Szenerie für die Augsburger Puppenkiste. Die Union würde sich doch völlig unglaubwürdig machen, wenn Sie ihre Entscheidung wieder rückgängig macht. Nein, derjenige, der jetzt Kandidat wird, zieht das durch.

    Zur Person: Heinrich Oberreuter, 77, ist Politikwissenschaftler. Er leitete bis 2011 die Akademie für Politische Bildung in Tutzing.

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden