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Interview: "Fridays for Hubraum"-Gründer: "Man wird gleich als Klimaleugner abgestempelt"

Interview

"Fridays for Hubraum"-Gründer: "Man wird gleich als Klimaleugner abgestempelt"

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    Ende September hat Christopher Grau "Fridays for Hubraum" gegründet. Im Interview spricht er darüber, was ihn antreibt und was sie noch erreichen wollen.
    Ende September hat Christopher Grau "Fridays for Hubraum" gegründet. Im Interview spricht er darüber, was ihn antreibt und was sie noch erreichen wollen. Foto: Privat

    Eigentlich betreibt Christopher Grau die Beast Factory, eine Autotuning-Werkstatt bei Münster, die sich auf die Marke Ford spezialisiert hat. Seit Ende September hat er, den alle nur Chris nennen, in den sozialen Medien eine Fangemeinde aufgebaut, die mittlerweile beachtliche Ausmaße angenommen hat. Mehr als 550.000 Menschen sind Teil der Facebook-Gruppe "Fridays for Hubraum". Sie wehren sich gegen die geplante CO2-Bepreisung der Bundesregierung, fürchten sich vor Vorschriften. Aber wie tickt Chris Grau eigentlich? Das haben wir ihn im Interview gefragt.

    Herr Grau, wie kommt man eigentlich darauf, eine Gruppe wie „Fridays for Hubraum“ zu gründen?

    Christopher Grau: Das war eigentlich völlig unbeabsichtigt. Wir saßen morgens zusammen und haben ein bisschen herumgealbert, weil wir nur noch „Fridays for Future“ in den Medien gesehen haben. Dann habe ich einen Facebook-Post geschrieben, in dem es um Autos ging und daraufhin hat ein Freund vorgeschlagen, die Gruppe zu gründen. Das hat er umgesetzt und mich zum Admin gemacht. So ging das los.

    Was war Ihre ursprüngliche Motivation dahinter?

    Grau: In unserem ersten Text ging es darum zu zeigen, dass wir mehr Menschen in Deutschland mobilisieren können als „Fridays for Future“. Viel mehr steckte nicht dahinter. Dass es sich dann so entwickelt, damit hatten wir nie gerechnet.

    Nachdem Sie die Gruppe bereits einmal wegen Hassbeiträgen schließen mussten, haben Sie sich vorgenommen, Beiträge und Kommentare zu kontrollieren. Das scheint unmöglich alleine zu bewältigen zu sein. Wieviel Arbeitskraft steckt dahinter?

    Grau: Wir sind vier Hauptadministratoren und haben dazu mittlerweile 29 Moderatoren. Bei mir selbst sind es derzeit rund zwölf Stunden am Tag, die ich in die Arbeit für „Fridays for Hubraum“ investiere. Da ist einerseits das Verwalten der Gruppe und andererseits wollen wir so langsam auch Merchandising auf die Beine stellen. Außerdem müssen wir uns noch um rechtliche Angelegenheiten und Organisatorisches wie Datenschutzverordnung und Impressum kümmern.

    Wie finanzieren Sie sich denn zurzeit?

    Grau: Momentan finanziert sich die Gruppe nur von dem Geld der Administratoren. Wir wollen aber ein Spendenkonto einrichten und – wie bereits angesprochen – Merchandising-Produkte verkaufen.

    Bei all der Arbeit, die Sie in das Projekt stecken. Welches Anliegen verfolgen Sie denn persönlich damit? Haben Sie Angst, dass Sie nicht mehr Autofahren dürfen?

    Grau: Nein, überhaupt nicht. Aber wenn ich mir die Leute in meinem Umfeld anschaue, dann habe ich den Eindruck, dass viele einfach nicht verstehen, was da gerade abgeht. Und auch für mich als Techniker sind viele Sachen dabei, die ich nicht verstehe. Warum gibt es zum Beispiel keinen Generatorbetrieb?

    Mittlerweile haben Sie auch eine „Agenda“ vorgelegt, in der Sie Ihr politisches Anliegen erklären. Darin fordern Sie eine „Klimapolitik der Rationalität“ und kritisieren das Klimapaket der Bundesregierung. Was ist denn Ihrer Ansicht irrational an den derzeitigen Plänen?

    Grau: Das beste Beispiel ist die CO2-Bepreisung. Das Problem daran ist, dass die Kosten letzten Endes dem Bürger aufgebrummt werden. Da gibt es dann am Ende viele, die sich das nicht leisten können, weil im Endeffekt alles teurer wird. Außerdem fehlt es an Alternativen, auf die zum Beispiel Pendler umsteigen könnten.

    Aber irgendwo muss man ja einmal anfangen und den ersten Schritt tun. Die Wissenschaft ist sich ja darüber einig, dass der Ausstoß an Treibhausgasen gesenkt werden muss.

    Grau: Ich finde nicht, dass es ein erster Schritt ist. Denn die Großen, die Industrie, trifft es nicht. Was passiert zum Beispiel mit der Zementindustrie? Die Preiserhöhungen dort zahlt dann wieder der Endverbraucher.

    Das heißt, man kann eigentlich überall anfangen, aber nicht beim Auto?

    Grau: Das will ich damit nicht sagen. Aber wir brauchen den Verbrenner einfach immer noch, weil der Umstieg auf Elektro nicht so schnell klappt. Außerdem gibt es in dem Bereich sehr viele Konzepte, über die zurzeit aber einfach nicht gesprochen wird. Alternative Kraftstoffe zum Beispiel.

    Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Ihr Anliegen auf seriöse Art und Weise vorzutragen und damit die Politik zu erreichen. Wie gehen Sie vor diesem Hintergrund mit Usern um, die in Ihrer Gruppe laut darüber nachdenken, Greta Thunberg per Auftragsmord umzubringen.

    Grau: Da muss ich ganz ehrlich sagen, diese Äußerungen hätte es auch woanders gegeben. Das Problem haben ja nicht nur wir. Man kann damit nur so umgehen, dass man diese Personen aus der Gruppe schmeißt und die Kommentare löscht.

    Aber woher kommt denn diese Wut?

    Grau: Auf der einen Seite ist natürlich die Frage, wie man ein 16-jähriges Mädchen derart in die Öffentlichkeit stellen kann. Aber andererseits kann man ja auch nicht mehr offen reden. Man wird ja gleich als Klimaleugner oder AfD-Sympathisant abgestempelt.

    Stichwort AfD: Vor einigen Tagen hat deren Bundessprecher Jörg Meuthen öffentlich seine Unterstützung für Ihre Gruppebekundet. Wie gehen Sie damit um?

    Grau: Tja, man kann es ihnen leider nicht verbieten, obwohl ich das gern getan hätte. Diese Partei setzt sich eben auf alles, bei dem sie meint, sie könnte damit einen Nerv treffen. Die sollen sich aber erst einmal selbst in den Griff bekommen.

    In Ihrer Facebook-Gruppe sind momentan mehr als 550.000 Mitglieder registriert. Wie soll es weitergehen? Wollen Sie Ihren Protest auch auf die Straße verlagern?

    Grau: Was wir als nächstes vorhaben, ist eine Art Bürgerforum. Außerdem wollen wir die Bewegung auf Messeständen vorstellen. Wir schreiben auch Briefe an Abgeordnete und starten Petitionen.

    Was ist denn das Ziel dieser Aktionen?

    Grau: Wir wollen in dem Klimapaket mitsprechen, um auch aus technischer Seite einen Beitrag zu leisten. Das soll entweder durch das besagte Bürgerforum geschehen, ich könnte es mir aber auch vorstellen, einmal eine Rede im Bundestag zu halten.

    Lesen Sie dazu auch: Widerstand gegen Klimaschutz: Mehr Hubraum für Rechts?

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