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Interview: Dobrindt: "Mit Rot-Rot-Grün werden wir Partner in der Welt verlieren"

Interview

Dobrindt: "Mit Rot-Rot-Grün werden wir Partner in der Welt verlieren"

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    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnt vor einer internationalen Isolation Deutschlands, sollte Rot-Rot-Grün an die Macht kommen.
    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warnt vor einer internationalen Isolation Deutschlands, sollte Rot-Rot-Grün an die Macht kommen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Herr Dobrindt, die Wahlkampagne der Union konzentriert sich auf die Warnung vor einem Linksbündnis. Hand aufs Herz: Was ist denn so gefährlich an Rot-Rot-Grün?

    Alexander Dobrindt: Ein Linksbündnis ist kein Phantom, sondern eine reale Gefahr. Sowohl Olaf Scholz als auch Annalena Baerbock und die Linkspartei werben ganz offen dafür. Ein solches Bündnis steht für Steuererhöhungen, Schulden, Bevormundung, Unfreiheit und internationale Isolation. Der wirtschaftliche Abschwung wäre vorprogrammiert. Rot-Rot-Grün ist nichts anderes als ein Angriff auf die Mitte der Gesellschaft.

    Sie haben acht Jahre mit der SPD regiert. Gerhard Schröder hatte zuvor die Hartz-IV-Reformen auf den Weg gebracht, von denen auch viele Unions-Leute sagen, dass das gut gemacht war. So richtig sozialistisch kann es also mit der SPD nicht gewesen sein, oder?

    Dobrindt: Die SPD braucht die Obhut der Union, um nicht auf politische Abwege zu geraten. Olaf Scholz wirbt gerade aktiv für eine Schuldenvergemeinschaftung und für eine Vergemeinschaftung der Sozialversicherungen in Europa. Er will die Beiträge der deutschen Arbeitnehmer zur Arbeitslosenversicherung in Brüssel auf den Spieltisch legen. Das soll Arbeitslosigkeit in anderen Ländern der EU finanzieren. Das bedeutet nichts anderes, als dass die Beiträge bei uns steigen werden. Scholz erklärt auch offensiv, dass er sich von den Reformen der Schröder-Jahre verabschieden will. Die SPD hat heute ein rückwärtsgewandtes Programm. Scholz hat offensichtlich keine Verwandtschaft mit Schröder, sondern eine innige Beziehung mit Oskar Lafontaine.

    International und in Europa driften gerade vielen Regierungen sehr nach rechts. Da wäre ein linkes Bündnis in Deutschland doch mal ein Signal...

    Dobrindt: Die Beteiligung der Linken an einer Bundesregierung wäre ein fatales Signal in die Welt. Mit Rot-Rot-Grün werden wir Partner in der Welt verlieren. Unsere Bündnisfähigkeit wird damit infrage gestellt. Da geht es nicht nur um die Nato, da geht es auch um die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die ökonomischen Verflechtungen in Europa. Rot-Rot-Grün würde unser Land wirtschaftlich und politisch isolieren, solch ein Bündnis wird im Ausland schon jetzt als antieuropäisches, europagefährdendes Projekt wahrgenommen.

    Die CSU hat die Parole ausgegeben, dass nur der erste Platz zählt. Sie vergeben sich damit doch gegebenenfalls die Chance, mitzuregieren und die SPD aktiv zu kontrollieren. Die SPD hat Ihnen immerhin das Finanzministerium, ein Schlüsselministerium, abgeluchst. Man kann also auch als Zweiter gut mitspielen...

    Dobrindt: Mit fehlt derzeit die Fantasie, wie eine zweitplatzierte Union in Deutschland Regierungsverantwortung übernehmen soll. CDU und CSU müssen den Anspruch haben, das Kanzleramt zu erreichen. Der Anspruch der CDU auf das Kanzleramt war übrigens auch das Argument der CDU gegen eine Kanzlerkandidatur von Markus Söder. An diesem Anspruch muss jetzt zwingend festgehalten werden. Ich halte in der Schlussphase eines Wahlkampfes jegliche Koalitionsspiele mit einer zweitplatzierten Union für nicht hilfreich. Die Union muss auf Sieg setzen und nicht auf Platz.

    Armin Laschet hat gerade gesagt, am Ende zähle, wer die Mehrheit für den Kanzler zusammenbekomme. Also am Ende doch eine von der Union angeführte Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen?

    Dobrindt: Die FDP versucht die Illusion aufzubauen, dass man mit einer zweitplatzierten Union unter Beteiligung der Grünen eine Regierung bilden könnte. Das scheint mir mehr von der Idee getrieben zu sein, Wähler von der CDU/CSU zur FDP ziehen zu wollen, als eine echte Regierungsbeteiligung mit der Union zu organisieren. Ich halte das für einen strategischen Trick der FDP, der am Schluss eine linke Koalition von SPD und Grünen mit gelben Sprossen drin befördern soll. Es wird kein Jamaika-Bündnis geben, wenn die Union nicht vor der SPD liegt.

    Schwarz-Grün-Gelb: Dieses Bündnis schließt Dobrindt aus, wenn die Union schwächer als die SPD abschneidet. Laschet ist da offener.
    Schwarz-Grün-Gelb: Dieses Bündnis schließt Dobrindt aus, wenn die Union schwächer als die SPD abschneidet. Laschet ist da offener. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Was kann in den letzten Tagen bis zur Wahl noch helfen, damit Laschet und die Union an Scholz und seiner SPD vorbeiziehen?

    Dobrindt: Klare Kante und harte Kontroverse. Olaf Scholz will in der SPD-Zentrale eine Statue von sich neben der von Willy Brandt. Und die bekommt er nur mit Rot-Rot-Grün. Er will die Fehler von Schröder und Lafontaine korrigieren und das linke Lager wieder koalitionsfähig machen. Wir müssen diese unheilige Koalition inhaltlich angreifen und dabei auch deutlich machen, dass es ein Tabubruch in Deutschland ist, auf Bundesebene mit den Erben der SED gemeinsame Sache zu machen. Ich will mir nicht vorstellen, dass in Deutschland wieder Kommunisten mit am Regierungstisch sitzen.

    Scholz und Baerbock haben im letzten Triell in trauter Einigkeit die Erhöhung des Mindestlohnes auf 12 Euro gefordert. Es gibt eine Untersuchung, dass das 10 Millionen Menschen helfen würde. CDU und CSU sind dagegen. Warum eigentlich – die CSU hatte doch immer ein Herz für die kleinen Leute?

    Dobrindt: Ich gehe auch davon aus, dass sich der Mindestlohn in Richtung von 12 Euro entwickeln wird. Aber das wird in der dafür zuständigen Kommission zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern entschieden. Dabei kann es politische Signale geben. Klar ist aber: Lohnfindung ist keine politische Entscheidung. Dabei bleiben wir. Die SPD versucht mit der Debatte über den Mindestlohn nur, ihre Steuerungerechtigkeiten für die Mitte der Gesellschaft zu verdecken. Die SPD will zum Beispiel das Ehegattensplitting abschaffen. Das führt zu Steuererhöhungen für Millionen von Familien.

    Sie wollen die Wirtschaft und die mittleren Einkommen entlasten. Gleichzeitig sprechen sich CDU und CSU für finanzpolitische Solidität aus und wollen schnell zurück zur Schuldenbremse. Aber wie soll das zusammengehen? Wenn man die Verschuldung zurückfährt und gleichzeitig Steuern senkt – wer bezahlt dann den Staat?

    Dobrindt: Es geht um Wachstum und neue Dynamik. Neue Steuerkraft erhält man nur mit einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft, einem starken Mittelstand und der Bereitschaft, in wichtigen Bereichen einseitige Abhängigkeiten von anderen zu reduzieren und wieder souveräner zu werden. Souveränität wird die große Aufgabe in den kommenden Jahren. Deshalb wollen wir auch eine Souveränitätsagenda für Deutschland und Europa umsetzen und neben Forschung und Entwicklung auch Produktionen in Deutschland und Europa wieder stärken. Es muss diese einseitige Abhängigkeit zu einer einzigen Region auf der Welt wieder reduziert werden. Das alles zusammen schafft Wachstum, höhere Steuereinnahmen und gesunde Haushalte. Wachstum und Dynamik erzeugt man mit Entlastungen und nicht mit neuen Belastungen. Steuererhöhungen verhindern wirtschaftliche Dynamik.

    Handel und Wachstum sollen durch niedrigere Steuern in Deutschland angeschoben werden und dafür sorgen, dass der Staat insgesamt mehr einnimmt. An der Theorie haben Ökonomen ihre Zweifel.
    Handel und Wachstum sollen durch niedrigere Steuern in Deutschland angeschoben werden und dafür sorgen, dass der Staat insgesamt mehr einnimmt. An der Theorie haben Ökonomen ihre Zweifel. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

    In einer Umfrage für unsere Redaktion haben zwei von drei Wählern gesagt, Markus Söder habe Laschet nicht richtig unterstützt in den vergangenen Monaten. Hat die CSU einen Anteil daran, dass die Union gerade schlecht da steht?

    Dobrindt: Wir haben auf unserem Parteitag gezeigt, dass die CSU geschlossen und entschlossen hinter Armin Laschet steht. Wir haben dort die Trendwende eingeläutet und noch einmal richtig Schwung in die heiße Wahlkampfphase gebracht. Jetzt geht es darum, mit Motivation und Mobilisierung die Schlussphase des Wahlkampfes zu bestreiten.

    Haben Sie in Ihrer langen Karriere überhaupt schon mal eine so spannende Wahl erlebt? Und wo werden Sie sie erleben?

    Dobrindt: Ich bin am Wahlabend in Berlin. Was die andere Frage angeht: Ich kann mich noch sehr gut an die Wahl 2002 erinnern. Edmund Stoiber war Kanzlerkandidat. Der Wahlabend war ein echtes Wechselbad der Gefühle: Um 18 Uhr war Edmund Stoiber Bundeskanzler, um 22 Uhr war die Union in der Opposition. Am Ende fehlten 6000 Stimmen für den Sieg. Deswegen ist die Schlussmobilisierung so wichtig. Auch dieses Mal wird es ein Fotofinish geben. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir uns am Sonntag auf einen sehr langen Wahlabend einstellen müssen.

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