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Interview: Bundesbildungsministerin Karliczek: "Wir werden an das Bafög rangehen"

Interview

Bundesbildungsministerin Karliczek: "Wir werden an das Bafög rangehen"

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    Die CDU-Politikerin Anja Karliczek will mehr Studierenden die staatliche Untersützung zukommen lassen.
    Die CDU-Politikerin Anja Karliczek will mehr Studierenden die staatliche Untersützung zukommen lassen. Foto: Bernd Weissbrod, dpa

    Frau Karliczek, vergangenes Jahr hatte Ihr Haus 360 Millionen Euro, die für das Bafög zur Verfügung standen, nicht an die Studentinnen und Studenten ausgezahlt. Haben Sie dafür gesorgt, dass das dieses Jahr nicht wieder passiert? Immerhin sind in der Pandemie viele Nebenjobs weggefallen, wie zum Beispiel in der Gastronomie oder auf Messen.

    Anja Karliczek: Wir haben den Studierenden, die durch die Pandemie in finanzieller Not waren, Unterstützungsangebote gemacht wie kaum ein anderes Land auf der Welt. Wir haben auch beim Bafög schnell reagiert. Als die Länder wegen der Pandemie die Regelstudienzeit verlängert haben, hat sich auch die Höchstdauer der Bafög-Förderung entsprechend verlängert. Dennoch ist es wahrscheinlich, dass auch dieses Jahr die BAföG-Mittel nicht völlig ausgeschöpft werden und ein Restbetrag übrigbleibt. Das ist aber gut erklärbar und nicht ungewöhnlich.

    Wer bekommt Bafög - und wie viel?

    Bafög lautet die Abkürzung für das Bundesausbildungsförderungsgesetz.

    Entgegen der landläufigen Meinung kommt die staatliche Unterstützung nicht nur Studenten zugute. Auch Schüler, die an einer Abendschule einen Abschluss nachholen, können Bafög beziehen. Das gilt auch für Auszubildende, die eine schulische Ausbildung machen, um zum Beispiel Erzieherin oder Altenpfleger zu werden. Bei einer Lehre im Betrieb gibt es hingegen kein Bafög.

    Ob und wieviel Geld jeden Monat überwiesen wird, hängt von mehreren Kriterien ab, wie dem Einkommen der Eltern, der Art der Ausbildung und ob man noch zu Hause oder der eigenen Wohnung lebt. Die Summe schwankt zwischen 250 Euro und maximal 860 Euro.

    Schülerinnen und Schüler erhalten die Unterstützung als Vollzuschuss, den sie nicht zurückzahlen müssen. Studentinnen und Studenten müssen grundsätzlich nach dem Studium die Hälfte zurückerstatten. In der Regel fördert der Staat nur eine Erstausbildung, es gibt aber Ausnahmen.

    Bachelor-Studenten dürfen höchstens 29 Jahre alt sein, um Bafög beziehen zu können, im Master liegt die Altersgrenze bei 34 Jahren. Die Erziehung von Kindern kann die Altersgrenze verschieben.

    Nicht ungewöhnlich?

    Karliczek: Auf Leistungen nach dem BAföG besteht ein Rechtsanspruch. Der Mittel im Bundeshaushalt sind deswegen stets auskömmlich geplant. Der Bedarf wird mittels einer Schätzung vorab bestimmt. Es wird prognostiziert, wie viel Geld benötigt wird. Erfahrungsgemäß stellt nicht jeder, der Bafög beziehen könnte, auch einen Antrag. Jeder berechtigte Bafög-Anspruch wird bedient, die übrig gebliebenen Mittel waren und sind, wenn Sie wollen, eine Reserve für alle Fälle.

    Aber hätten Sie in der Pandemie nicht anders reagieren müssen und das Bafög anpassen müssen?

    Karliczek: Um den Studierenden in pandemiebedingter Notlage zu helfen, haben wir nicht zuletzt die Überbrückungshilfe als ein Angebot neben und auch zusätzlich zum Bafög geschaffen. Wir wollten damit jenen helfen, die kurzfristig 450-Euro-Jobs verloren haben. Bis zu 500 Euro im Monat kann jeder und jede Studierende erhalten, der oder die pandemiebedingt in akuten wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist. Und zwar nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss.

    Wie vielen Studenten haben Sie damit unterstützt?

    Karliczek: Insgesamt haben die Studentenwerke vor Ort bislang Zuschüsse vom Bund in Höhe von 172 Millionen Euro bewilligt. Wir konnten so mit den Zuschüssen über 100.000 Studierenden in ihrer akuten pandemiebedingten Notlage helfen. Auf einem anderen Blatt steht, dass das BAföG auch unabhängig von der Pandemie an sich verändernde Rahmenbedingungen angepasst werden muss. Wir brauchen in der neuen Wahlperiode eine Weiterentwicklung des Bafög.

    Und in welche Richtung?

    Karliczek: Ein Punkt ist, dass das BAföG besser die neuen Bildungsbiografien abbilden muss, die nicht mehr so einheitlich ablaufen wie früher. Beispiel: Ein junger Mann macht mit Bafög-Förderung eine zweistufige Berufsausbildung zum Erzieher. Später nimmt er noch ein Hochschulstudium auf. Hierfür hätte er bislang nicht mehr ohne Weiteres noch einen Förderungsanspruch.

    Bisher läuft die Unterstützung mit dem Ende der Regelstudienzeit aus, egal warum man länger braucht...

    Karliczek: Die Förderhöchstdauer für ein Studium sollten wir ebenfalls flexibilisieren. Es kann gute Gründe geben, warum man ein oder zwei Semester mehr als die Regelstudienzeit braucht. Wir wollen auch mehr für Menschen tun, die später im Leben noch ein Studium anstreben, auch wenn sie zum Beispiel bereits älter als 35 Jahre sind. Und regelmäßig - das haben wir auch in dieser Wahlperiode gemacht - findet natürlich die Überprüfung der Bedarfssätze selbst und der Einkommensfreibeträge statt. Gerade in fortgeschrittenem Alter kommen aber auch andere Kriterien als der Familienunterhalt mit in Betracht. Bei einer so weitreichenden Reform kann dann auch ein Notfallmechanismus für Krisenfälle aufgenommen werden. Wir werden also an das Bafög rangehen - oder besser: am Bafög dranbleiben.

    Kehrt nach den Sommerferien an den Hochschulen wieder Normalität ein? Also mit mehr oder minder gut besuchten Vorlesungen im Hörsaal und Partys spätestens ab Dienstag…

    Karliczek: Der große Wunsch aller, mit denen ich spreche, ist weitgehende Normalität. In einer Zeit, in der wir nicht wissen, wie es mit der Pandemie weitergeht, ist dafür sicher ein strenges Testregime eine Voraussetzung. Es sollten sich in den nächsten Wochen aber möglichst auch viele Studentinnen und Studenten für eine Impfung entscheiden. Je mehr Studentinnen und Studenten geimpft sind, umso schneller wird sich auch das Uni-Leben normalisieren. Momentan machen mir die hohen Infektionszahlen gerade wieder bei den jüngeren Menschen Sorgen. Auch diejenigen im Alter von 18 bis 30 sollten sich selbst schützen. Eine COVID19-Erkrankung kann auch in diesem Alter schlimme Folgen haben. Jeder, der sich impfen lässt, leistet einen Schutz-Beitrag für sich und für die Gemeinschaft und macht es dem Virus schwerer, unser aller Leben weiterhin zu beeinträchtigen. Ich kann nur weiterhin dafür werben, dass eine vollständige Impfung die beste Eintrittskarte in ein normales Leben ist.

    Hören Sie sich dazu auch unsere Podcastfolge mit den Social-Media-Beauftragten der Campus-Cat an, die wir 2019 aufgenommen haben:

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