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Interview: 50 Jahre Élysée-Vertrag: Frankreich und Deutschland heute

Interview

50 Jahre Élysée-Vertrag: Frankreich und Deutschland heute

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    Die Unterzeichnung des Élyseé-Vertrages, des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, am 22.01.1963 in Paris besiegeln Bundeskanzler Konrad Adenauer (Vordergrund, l) und der französische Ministerpräsident Charles de Gaulle (Vordergrund, r) mit Freundschaftsküssen.
    Die Unterzeichnung des Élyseé-Vertrages, des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages, am 22.01.1963 in Paris besiegeln Bundeskanzler Konrad Adenauer (Vordergrund, l) und der französische Ministerpräsident Charles de Gaulle (Vordergrund, r) mit Freundschaftsküssen. Foto: Upi, dpa Bildfunk

    Frankreich und Deutschland feiern groß 50 Jahre Élysée-Vertrag. Was macht diesen Vertrag so einzigartig?

    Link: Wir haben mit Frankreich eine viel engere Dichte der zivilgesellschaftlichen, der Regierungs- und der Parlaments-Zusammenarbeit als mit jedem anderen Land. Bei allen Fragen denken wir als Bundesregierung immer mit: Wie sieht Frankreich dieses Thema?

    Das deutsch-französische Verhältnis wird stets symbolisiert durch das Verhältnis der Regierenden. François Hollande hat seinem Vorgänger Nicolas Sarkozy eine zu große Nähe zu Deutschland vorgeworfen. Ist die Distanz zwischen Paris und Berlin heute größer als vor der Wahl?

    Link: Die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich kann den Blick nicht darauf verstellen, dass es unterschiedliche Parteien gibt, die regieren. Das ist aber keine Schwäche, sondern eine Stärke im zusammenwachsenden Europa. Es wird immer normaler, auch dann vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, wenn die Parteifarbe nicht identisch ist.

    Ist derzeit viel Sand im Getriebe zwischen Paris und Berlin?

    Link: Wir mussten uns erst einmal beschnuppern und kennenlernen, zeigen aber, dass wir trotz unterschiedlicher Parteifamilien eng zusammenarbeiten können. Wir haben bereits viel erreicht, zum Beispiel bei der Bankenaufsicht, wo wir von unterschiedlichen Seiten kamen und doch eine gemeinsame Position entwickelt haben.

    Europa zerfällt in einen prosperierenden Nordblock, an dessen Spitze Deutschland steht, und einen Südblock, als dessen Wortführer sich Frankreich versteht. Belastet dies das deutsch-französische Verhältnis?

    Link: Dieser Riss wäre dann eine Belastung, wenn wir allen anderen unsere Position aufdrücken wollten. Das ist nicht unser Ansatz. Wir haben vielmehr ein großes Interesse daran, dass die Länder des Südens es schaffen, ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern, um wirtschaftlich nachhaltig erfolgreich sein zu können. Und da sehe ich mit großem Respekt, dass es die neue französische Regierung geschafft hat, ein sehr ambitioniertes Spar- und Wachstumspaket auf den Weg zu bringen. Das gilt auch für Spanien. Der Anfang ist gemacht.

    Ist das besondere deutsch-französische Verhältnis eine Brücke, die den Graben zwischen dem Nordblock und dem Südblock überwindet?

    Link: Das ist ein treffendes Bild. Ich erlebe immer wieder, dass die anderen Mitgliedsstaaten der EU von Deutschland und Frankreich erwarten, sich zu verständigen. Um Fortschritte und Kompromisse wird dann zwischen unseren Ländern hart gerungen. Wenn aber eine Einigung zwischen uns gefunden ist, so ist dieser Kompromiss dann oft Vorbild für eine europäische Einigung.

    Leidet Frankreich darunter, dass Deutschland so erfolgreich ist, wirtschaftlich erfolgreicher als Frankreich?

    Link: Nein, Frankreich leidet nicht, im Gegenteil, es interessiert sich geradezu brennend dafür, warum Deutschland so gut durch die Krise gekommen ist und welche Reformen wir angepackt haben. Wir wollen aber Frankreich nicht belehren, sondern uns gemeinsam fragen, wie wir die Wettbewerbsfähigkeit eines jeden Landes der Euro-Zone erhöhen können.

    Kann Deutschland umgekehrt etwas von Frankreich lernen?

    Link: Selbstverständlich. Es gibt Bereiche, wo Frankreich uns weit voraus ist, zum Beispiel bei der Demografie oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

    Ist im deutsch-französischen Verhältnis nach 50 Jahren zu viel Routine und zu wenig Herz im Spiel?

    Link: Das Verhältnis zu Frankreich ist mir eine tief empfundene Herzensangelegenheit. Zum Glück ist es aber auch Routine, weil es normal geworden ist, dass wir uns mit Frankreich so gut verstehen.

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