Die Angehörigen Gaddafis wollen gegen die Nato vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag ziehen. Grund sei die Verwicklung des Militärbündnisses in den Tod Gaddafis, sagte der französische Anwalt der Familie, Marcel Ceccaldi, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP in Paris. Der Angriff der NATO auf den Konvoi des fliehenden Gaddafi habe direkt zu dessen Tod geführt. Die "absichtliche Tötung" sei nach den Statuten des Strafgerichtshofs ein Kriegsverbrechen, hob er hervor. Wann die Klage genau eingereicht werden solle, konnte der Anwalt noch nicht sagen.
Rätseln über die Todesumstände von Gaddafi
Dem wiederspricht ein UN-Diplomat des Nationalen Übergangsrats. Eine vorläufige Untersuchung habe keinen Hinweis darauf ergeben, dass Gaddafi nach seiner Gefangennahme erschossen wurde. Libyens stellvertretender UN-Botschafter Ibrahim Dabbashi sagte am Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat, vorliegenden Informationen zufolge sei Gaddafi bei Schusswechseln zwischen seinen Anhängern und denen des Nationalen Übergangsrats in Sirte verwundet worden. Er blutete demnach am Unterleib und am Kopf und starb bei seiner Ankunft im Krankenhaus in Misrata. Keiner der "Revolutionäre" habe nach Gaddafis Gefangennahme auf ihn gefeuert.
Bei dem Treffen des Sicherheitsrats zu Libyen ging es um Fragen der Menschenrechte und um Zweifel an der Version des Übergangsrats über Gaddafis Tod. Andere Berichte und Videoaufnahmen deuten auf einen Lynchmord nach seiner Gefangennahme hin. Als Reaktion auf internationale Forderungen nach einer Untersuchung der genauen Todesumstände richtete die neue libysche Führung eine entsprechende Kommission ein. Deren Ergebnisse würden nach Abschluss ihrer Arbeit veröffentlicht, sagte Dabbashi. Sollten die Rechte Gaddafis oder anderer verletzt worden sein, würden die Verantwortlichen bestraft.
Gaddafi war nach Angaben des libyschen Übergangsrats in der Nacht zu Dienstag an einem geheimen Ort bestattet worden. Er war am vergangenen Donnerstag nach einem NATO-Luftangriff in seiner Geburtsstadt Sirte getötet worden. afp/AZ