Tages-Anzeiger (Schweiz): Der eigentliche Skandal ist, dass die Behörden den braunen Tätern nicht auf die Spur kamen. Über mehrere Jahre hinweg wurden acht Türken und ein Grieche erschossen - jeweils am helllichten Tag, jeweils mit der gleichen Waffe. Und niemand kam auf die Idee, die Killer in der rechten Ecke zu suchen. Da haben nicht nur ein paar Verfassungsschützer und Polizisten versagt, da war die ganze deutsche Gesellschaft auf einem Auge blind. (...) Deutschland muss sich überlegen, ob der Erfolg von Sarrazin und der lange Misserfolg der Ermittler bei den Dönermorden nicht in einem Zusammenhang stehen. Dazu braucht es mehr Ehrlichkeit - gegenüber den Fremden, gegenüber sich selber. Politisch korrekte Floskeln helfen nicht weiter.
Der Standard (Österreich): Jetzt wieder ein Verbotsverfahren anzugehen wäre der falsche Weg. Es ist in Deutschland unvergessen, warum der erste Versuch im Jahr 2003 scheiterte. Parteiübergreifend, quasi als Koalition der Guten, hatten damals Bundesregierung, Bundestag sowie Bundestag den Antrag gemeinsam gestellt - und dabei übersehen: Die NPD war bis in den Bundesvorstand hinein mit V-Leuten des Verfassungsschutzes unterwandert. Belastungsmaterial konnte nicht verwendet werden, weil der Verdacht bestand, dass V-Leute selbst es angefertigt hatten. Eine solche Blamage darf sich nicht wiederholen. Bevor über ein neues Verbotsverfahren nachgedacht wird, muss zuerst einmal geklärt werden, wo der Verfassungsschutz im Umgang mit Rechtsextremen versagt.
"Die Presse" (Österreich):Die "Döner"-Mordserie ist nicht nur eine neue Qualität des Rechtsterrorismus - sie hat auch das Zeug zur veritablen Staatsaffäre. Kanzlerin Angela Merkel hat Aufklärung gefordert - und die Justiz täte gut daran, diese tatsächlich rasch und gründlich zu leisten. Vor allem, was den Verfassungsschutz betrifft, der eine - gelinde gesagt - beunruhigende Rolle zu spielen scheint. Diejenigen, die Extremismus beobachten sollten, haben offenbar weggeschaut. Anders ist nicht zu erklären, dass eine Neonazi-Truppe Ende der 1990er-Jahre einfach abtauchen konnte - obwohl sie doch nach einem missglückten Anschlag bereits unter Beobachtung stand. Dass selbst Thüringens Innenminister Jörg Geibert am Wochenende sagte, dass damals "nicht alles optimal gelaufen" sei, lässt Schlimmeres befürchten als pure Schlamperei.
Salzburger Nachrichten: Nur weil etwas verboten wird, ist es nicht weg. So würde auch fremdenfeindliches Denken nicht verschwinden, wäre in Deutschland die Nationaldemokratische Partei (NPD) verboten, so wie es CDU und SPD am Montag einstimmig forderten. Wobei gar nicht gesagt ist, dass ein Verbot juristisch durchgehen würde. Ein Versuch scheiterte bereits im Jahr 2003. Bestenfalls würde also die Partei verschwinden, das Gedankengut wäre noch da. Und die Menschen, die ihm folgen, wären noch da. Vielleicht würde die NPD um jene Mitglieder schrumpfen, die sich nicht kriminalisieren lassen wollen. Den großen Rest würde das wahrscheinlich wenig kümmern. Anhänger der dann eben illegalen Bewegung würden im Untergrund weitermachen - und der Staat wüsste noch weniger als jetzt, was sie ausbrüten. Im schlimmsten Fall wieder Mord.
Jyllands-Posten (Dänemark): Deutschland ist wieder von seiner Vergangenheit eingeholt worden. In keinem Land weckt es so große Bestürzung, wenn sich zeigt, dass Gewalt einen rechtsextremen Ursprung hat. Wirkt sie dann auch noch so wohlorganisiert, dass man von regelrechtem Terror sprechen kann, (....), steht die deutsche Öffentlichkeit unter kollektivem Schock. Das gereicht dem Land zur Ehre. Es zeigt die Stärke der deutschen Demokratie. Und beispielhafte Konsequenz bei der Umsetzung des Vorsatzes, jeden Anlauf zu einer rechtsradikalen Entfaltung im Keim zu ersticken. (...) Deutschland hat mit seiner schwierigen Geschichte zweifellos eine besondere Verantwortung. Deren Ausfüllung erwartet eine kritische Umwelt, aber bestimmt auch die Deutschen selbst.
Politiken (Dänemark): Diese Verbrechen sind nur durch reinen Zufall aufgeklärt worden. (...) Die deutsche Polizei musste erkennen, dass Gewohnheitsdenken die Sicht auf das Offensichtliche versperrt hatte, nämlich dass die Morde ihr Motiv in Hass auf Zuwanderer hatten. Es hab kein kriminelles, sondern ein politisches Motiv. Der Geheimdienst, der die Verfassung schützen soll, hätte viel früher alarmiert sein müssen. (...) Wir sind blind geworden für das unbegrenzte Gewaltpotenzial, das den Rechtsradikalismus kennzeichnet. "Dönermorde"? Nein, das waren sie nicht. Es waren deutsche Morde. Der Wald ist vor lauter Bäumen schwer zu sehen.
De Volkskrant (Niederlande): Extra peinlich ist es für die Sicherheitsdienste, dass man das Trio bereits in den 90er Jahren im Auge hatte. Sie waren damals Mitglieder einer rechtsextremen Gruppierung in Jena, die - wohlgemerkt - durch einen Informanten des Sicherheitsdienstes im Bundesland Thüringen gegründet worden war.(...) Eine mögliche Erklärung ist, dass die Sicherheitsdienste auf Bundesebene und in den Ländern aneinander vorbei gearbeitet haben. Jedenfalls hatten die Mitglieder des "Nationalsozialistischen Untergrunds" keine hohe Meinung von den Diensten, die sie mit dem dämlichen Inspektor Clouseau aus den Rosaroter-Panther-Filmen verglichen. In der Politik wird nun der Einsatz von V-Leuten in rechtsextremen Kreisen kritisch hinterfragt.
24 Tschassa (Bulgarien): Keiner kann es fassen. Wie ist es möglich? Das ist ja rechtsextremistischer Terror. Organisiert und blutig. Mit realen Opfern, zwischen denen die Polizei mehr als ein Jahrzehnt lang keinen Zusammenhang sieht. Die Eurokrise, die seit Monaten die Nachrichten im Lande dominiert, ist vergessen. Die Deutschen sind erschüttert. Rechtsextremisten töten und verletzen Dutzende Ausländer! (.) Gerade in Deutschland! Der braune Terror ist der Alptraum der Deutschen. Die Wunden des Hitler-Regimes und der durch ihn angezettelte Weltkrieg sind noch immer recht frisch. Ihre Scham vor dem Völkermord an Roma und Juden ist noch nicht vorbei.