Noch vor der Verbreitung der offiziellen Todesnachricht habe Kim Jong Un seinen ersten Befehl an die mächtigen Streitkräfte des atomar gerüsteten Landes erteilt. Das berichteten südkoreanische Medien am Mittwoch unter Berufung auf Regierungskreise in Seoul. Die US-Regierung lehnt eine offizielle Beileidsbezeugung zum Ableben des kommunistischen Diktators ab.
Nach Berichten aus Seoul hat der noch vom Vater zum Vier-Sterne-General ernannte Kim Jong Un angeordnet, dass alle militärischen Einheiten die laufenden Wintermanöver verlassen und in die Stützpunkte zurückkehren. In den Medien wird auch spekuliert, dass Kim Jong Uns Tante Kim Kyong Hui, die jüngere Schwester des Verstorbenen, und ihr Mann Jang Song Thaek innerhalb der Partei an Einfluss gewinnen.
Bei der organisierten Massentrauer in Pjöngjang pilgerten weiter Millionen von Nordkoreanern zu Plätzen, auf denen Traueraltäre und Porträts mit dem Samstag gestorbenen Kim Jong Il aufgestellt worden waren. Das Staatsbegräbnis für Kim soll am 28. Dezember sein. Südkorea will keine eigene Beileidsdelegation entsenden.
Südkoreas Regierung erlaubte ihren Bürgern aber, private Beileidsbekundungen an das abgeschottete Nachbarland zu schicken. Nach südkoreanischem Gesetz müssen alle Kontakte mit dem Nachbarstaat genehmigt werden. Seit ihrem Bruderkrieg von 1950 bis 1953 befinden sich beide Staaten völkerrechtlich weiter im Kriegszustand, da immer noch kein Friedensvertrag geschlossen wurde.
Der Befehl Kim Jong Uns sei ein konkretes Beispiel dafür, dass er die Kontrolle über die Volksarmee ausübe, zitierte die nationale Nachrichtenagentur Yonhap einen Informanten in Seoul. Bisher sei der Geheimdienst davon ausgegangen, dass der keine 30 Jahre alte Kim noch nicht die volle Kontrolle über das Militär habe. Kim Jong Il war auch Oberbefehlshaber der 1,2 Millionen Mann starken Armee.
Alle Einheiten wurden auf Anweisung Kim Jong Uns aufgerufen, den Tod von Kim zu betrauern, berichtete der südkoreanische Rundfunksender KBS. Die nordkoreanischen Staatsmedien verwendeten zudem erstmals die Bezeichnung "angesehener Kim Jong Un". Mit dieser Bezeichnung werde die Legitimität der Machtnachfolge betont.
Kim Jong Il war nach offiziellen Angaben am Samstag im Alter von 69 Jahren an einem Herzinfarkt gestorben. Die Nachricht wurde aber erst am Montag veröffentlicht. Seinen drittältesten Sohn hatte der Diktator zuletzt auf die Nachfolge schrittweise vorbereitet.
Nach Angaben von Regierungsbeamten in Seoul wurden seit dem Tod Kims keine ungewöhnlichen Aktivitäten der Armee in Nordkorea festgestellt. Allerdings habe Nordkorea die Sicherheitsmaßnahmen an der ohnehin schwer bewachten innerkoreanischen Grenze verstärkt, um möglicherweise verstärkte Fluchtversuche zu verhindern. (dpa)