Zunächst konnten weder das Krankenhaus noch die Behörden in Bayern, Berlin oder in den Niederlanden den Tod bestätigen. Nach gesicherten Informationen unserer Zeitung starb Faber jedoch am Donnerstag an einem Nierenversagen.
Jahrelanges Ringen um Auslieferung und Strafvollzug
Jahrzehntelang lebte der holländische SS-Mann und mutmaßliche Kriegsverbrecher Faber unbehelligt in Ingolstadt. Er wirkte wie der nette Rentner von nebenan und verhielt sich auch so. Aber dieser alte Mann war ein mehrfacher Mörder. Im Januar 2012 wollte die Staatsanwaltschaft Ingolstadt dann überraschend einen Europäischen Haftbefehl gegen ihn vollstrecken, es lief ein Verfahren gegen Faber, das die Vollstreckung einer 1947 in Holland verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes beinhaltete. Dieses Verfahren und damit auch das jahrelange Ringen zwischen Deutschland und Holland wegen der Auslieferung Fabers hat mit dessen Tod nun ein Ende gefunden.
Langer Streit um lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes
Klaas Carel Faber: Dieser Name stand auf der Liste des Simon-Wiesenthal-Zentrums. Der ehemalige SS-Mann wurde seit Jahren aus dem Ausland als einer der meistgesuchten Naziverbrecher verfolgt. Lange hielt die deutsche Justiz ihre schützende Hand über ihn. Doch im Januar diesen Jahres dann die überraschende Wende, als die Staatsanwaltschaft Ingolstadt einen Europäischen Haftbefehl wegen Mordes gegen ihn vollstrecken wollte. Der gebürtige Holländer, der in seiner Heimat wegen Beteiligung an der Erschießung von insgesamt 22 Juden, Kommunisten und Widerstandskämpfern zunächst zum Tode verurteilt wurde, war auch immer wieder eine politische Reizfigur. Viele Anläufe der holländischen Regierung, ihn der gerechten Strafe zuzuführen, sind aber gescheitert.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft Ingolstadt auf Strafvollzug im Januar kam nach dem jahrzehntelangen Ringen wie aus heiterem Himmel. Faber sollte seine später von einem holländischen Berufungsgericht in „lebenslänglich“ umgewandelte Strafe absitzen. Informationen, wie es zu diesem scheinbaren Gesinnungswandel kam, gab der Leitende Oberstaatsanwalt Helmut Walter damals nicht. Er sprach von neuen Grundlagen, hielt sich ansonsten aber bedeckt. Ingolstadts Justiz wird wegen des Falles seit Jahren von den Medien in Holland und Israel heftig attackiert.
Faber wurde als Mitglied der Waffen-SS automatisch deutscher Staatsbürger
Entstanden sein könnten die neuen Grundlagen für eine rechtliche Neubeurteilung damals durch die Ablehnung eines Antrages der holländischen Justiz auf Strafvollzug. Dieses Ersuchen erreichte die Bundesrepublik im Herbst 2010, wurde aber abgelehnt. Und spätestens da sah es so aus, dass die Akte Klaas Carel Faber für immer geschlossen wird, denn der Fall war damit „juristisch tot“, wie es damals ein Justizsprecher formulierte. Trotzdem erließ Holland einen europäischen Haftbefehl gegen Faber und stellte einen Auslieferungsantrag, der jedoch ebenfalls abgelehnt wurde.
Die gesetzliche Grundlage dafür schuf 1943 Adolf Hitler per „Führer-Erlass“. Demnach wurde allen nichtdeutschen Mitgliedern der Waffen-SS automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft zuerkannt. Dieser sogenannte „Führer-Erlass“ ist 1953 vom Bundesgerichtshof überprüft und als geltendes Recht bestätigt worden. Deshalb konnte Deutschland Faber nie ausliefern.
Bruder wurde hingerichtet
Im Juni 1947 wurde Klaas Carel Faber mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Piet in seiner Heimat vor ein Sondergericht gestellt, beide wurden zum Tod verurteilt und der Bruder später auch hingerichtet. Bereits im Januar 1948 kam es in Holland zur Berufungsverhandlung für Klaas Carel Faber und die Todesstrafe wurde in lebenslange Haft umgewandelt. Die Rettung brachte wohl das letzte Gnadengesuch, das der Bruder vor seiner Hinrichtung formuliert hat. Darin beteuert Piet Faber, sein Bruder habe nicht bei allen Erschießungskommandos selbst geschossen. Klaas Carel Faber gestand in der Berufung immerhin die aktive Beteiligung an der Erschießung von sechs Menschen im Konzentrationslager Westerbork ein.
Während einer Filmvorführung gelang ihm die Flucht
Er kam ins Gefängnis und trat die Strafe an. Doch am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1952 gelang ihm und fünf anderen Häftlingen während einer Filmvorführung die Flucht. Faber schlug sich nach Deutschland durch und hielt sich zunächst im Ruhrgebiet auf, von den Niederlanden stets verfolgt. Alle juristischen Bemühungen scheiterten. Aber der politische Druck wurde größer: Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat ihre bayerische Kollegin Beate Merk zuletzt mehrfach aufgefordert, die Verfolgung Fabers im Sinne der Holländer in die Wege zu leiten. Da dürfte der Schlüssel liegen, der diesem Fall eine entscheidende Wende gab. Harald Jung/AZ/dpa