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Infektionsschutzgesetz: So will die FDP die Corona-Notbremse in Karlsruhe kippen

Infektionsschutzgesetz

So will die FDP die Corona-Notbremse in Karlsruhe kippen

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    Die bundesweite Corona-Notbremse hat auch Auswirkungen auf den stationären Einzelhandel.
    Die bundesweite Corona-Notbremse hat auch Auswirkungen auf den stationären Einzelhandel. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Widersprechen nächtliche Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen zur Pandemiebekämpfung dem Grundgesetz? Ja, so ist die FDP im Bundestag überzeugt und hat deshalb Verfassungsklage gegen die Corona-Notbremse eingereicht.

    Am Dienstagmorgen lieferte ein Bote die Unterlagen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ab, wenige Stunden später begründete der liberale Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann in Berlin den Schritt. Nächtliche Ausgangsbeschränkungen, die im Rahmen des geänderten Infektionsschutzgesetzes seit Samstag bundesweit in allen Regionen mit hohen Corona-Ansteckungswerten gelten, stellten einen „tiefen Grundrechtseingriff“ dar. Sie könnten deshalb nicht allein auf „nackten Inzidenzzahlen“ beruhen, sagte Buschmann.

    Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion.
    Marco Buschmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion. Foto: Christophe Gateau/dpa

    Der Automatismus der Notbremse stößt der FDP sauer auf

    Die „Notbremse“ greift in allen Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die Zahl der neuen Corona-Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen über 100 liegt. Aktuell trifft das fast im gesamten Bundesgebiet zu. Die Notbremse sieht Maßnahmen wie die nächtliche Ausgangssperre zwischen 22 Uhr und 5 Uhr, aber auch strenge Kontaktbeschränkungen sowie Schließungen von Geschäften und Einrichtungen vor. Steigt die so genannte Sieben-Tage-Inzidenz auf 165, müssen die Schulen den Präsenzunterricht beenden.

    Der FDP geht dieses Prinzip wie zahlreichen weiteren Klägern – darunter die Gesellschaft für Freiheitsrechte und einzelne Politiker von SPD, Grünen und Linken – zu weit. Der starre Automatismus sei verfassungswidrig, sagte Buschmann. Es werde dabei völlig außer acht gelassen, ob die Inzidenzwerte auf einzelne, klar eingrenzbare Corona-Ausbrüche, so genannte Cluster zurückgehen, oder aber ein diffuses Infektionsgeschehen vorliegt.

    Die Corona-Notbremse mit verbindlichen Regeln für den Kampf gegen die dritte Welle der Pandemie in ganz Deutschland sorgt für Ärger.
    Die Corona-Notbremse mit verbindlichen Regeln für den Kampf gegen die dritte Welle der Pandemie in ganz Deutschland sorgt für Ärger. Foto: Patrick Pleul

    Einstweiligen Rechtsschutz gegen die Notbremse beantragt

    Die Notbremsen-Maßnahmen gelten zunächst bis Ende Juni, doch bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vergehen oft Jahre. So lange will die FDP aber keinesfalls warten und vermeiden, dass ein Urteil erst dann vorliegt, wenn die Pandemie – hoffentlich – längst Geschichte ist. Die Bundestagsfraktion hat deshalb neben ihrer Verfassungsklage auch einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Das bedeutet, dass das oberste Gericht rasch eine vorläufige Entscheidung treffen müsste. Wenn es denn die Klagen – am Montag waren bereits 65 eingegangen – überhaupt annimmt. Ein Sprecher des Gerichts ließ nämlich offen, ob sich die Kläger nicht zunächst durch die Instanzen klagen müssen.

    Die FDP ist sich indes sicher, dass das Bundesverfassungsgericht zuständig ist und durch ihren Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz verspricht sie sich laut Buschmann eine rasche Klärung. Es seien nicht die Bürger, die begründen müssten, warum sie ihre Freiheitsrechte wahrnehmen wollten. Vielmehr sei es der Staat, der begründen müsse, warum er diese Rechte einschränken wolle, so Buschmann.

    Er glaube zudem, dass die von der Bundesregierung nach der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz angekündigten Erleichterungen für geimpfte Personen die Verfassungsklagen nicht überflüssig machen. Jegliche Erleichterungen seien zu begrüßen, die grundsätzlichen rechtlichen Fragen erledigten sich dadurch auf keinen Fall.

    Kritik an Einschränkungen für Geimpfte

    Die Bundesregierung will nun bis kommende Woche eine Rechtsverordnung auf den Weg bringen, die Erleichterungen für Geimpfte und Genesene regelt. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) müssen dann Bundestag und Bundesrat über den Vorschlag abstimmen. Er rechnet mit einer endgültigen Entscheidung bis Ende Mai. In ihrer Verfassungsklage wendet sich die FDP auch dagegen, dass die Infektionsschutzmaßnahmen für vollständig Geimpfte zunächst weiter gelten sollen, obwohl von diesen laut Robert Koch-Institut kaum eine Ansteckungsgefahr ausgeht. Fraktionsvize Stephan Thomae kritisierte, es sei nicht einzusehen, das etwa doppelt geimpfte Altenheimbewohner keine normalen Kontakte haben dürften.

    Für FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sind die nächtlichen Ausgangssperren nicht nur „unverhältnismäßig und verfassungswidrig“, sondern in ihrer Wirkung sogar schädlich. Er verwies auf Untersuchungen, laut denen die Sperren die Bewegungen bei Tage sogar erhöhten – und damit ihr Ziel verfehlten.

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