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Immobilien-Markt: Wie der Staat sozialen Wohnbau unnötig teuer macht

Immobilien-Markt

Wie der Staat sozialen Wohnbau unnötig teuer macht

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    Baustelle der Augsburger Wohnbaugruppe WBG.
    Baustelle der Augsburger Wohnbaugruppe WBG. Foto: Silvio Wyszengrad, (Symbolbild, Archiv)

    Für 238 Millionen Euro laufen derzeit bei der Stadt Augsburg und ihrer Wohnbaugruppe große Neubauprojekte. Namen wie „Reesepark“ und „Sheridanpark“ verraten, dass sie auf ehemaligen US-Kasernen entstehen. Gut 550 sozial gefördert und nach Willen der Stadt dauerhaft bezahlbare Mietwohnungen, sollen in den kommenden Jahren bezugsfertig sein - teilweise als neues Quartier mit Supermarkt, Café und Drogeriemarkt.

    Angesichts der dreistelligen Millionensummen wirkt der Beitrag eines neuen Bundesprogramms zur verbilligten Abgabe von Bundesgrundstücken wie ein Scherflein zu dem Projekt: 166.268 Euro billiger überließ die „Bima“ - kurz für Bundesanstalt für Immobilienaufgaben - ein kleines Grundstück am einstigen „Vehicle Park“ der Stadt und damit immerhin kostenlos.

    Der Bund besitzt fast 26.000 ungenutzte Grundstücke

    Quer verteilt über die Republik besitzt der Bund fast 26.000 ungenutzte Grundstücke. Wie in Augsburg oft Überbleibsel des Kalten Krieges in Form aufgegebener Militärstandorte der Alliierten oder später der Bundeswehr. Bis 2015 verkauft die Bima bundeseigene Wohnungen und Grundstücke zum Höchstpreis.

    „Wir sind es, abgesehen von der gesetzlichen Verpflichtung, auch den Steuerzahlern schuldig, möglichst hohe Einnahmen für den Bundeshaushalt zu erzielen“, sagte zu dieser Zeit der damalige Bima-Vorstandssprecher Jürgen Gehb. Kommunale Wohnbaugesellschaften wurden von finanzkräftigen Investoren überboten oder stiegen gar nicht erst ins Bieterrennen ein.

    Spekulantenvorwürfe gegen Bundes-Immobilien-Gesellschaft

    Bis zu einer halbe Milliarde Euro erlöste die Behörde pro Jahr. Zugleich erhöhte die Bima kräftig die Mieten in ihren eigenen Wohnanlagen und erklärte, es sei nicht ihre Aufgabe, dass der Steuerzahler billige Mieten subventioniere. „Der Staat als Spekulant“, lauteten damals Zeitungsüberschriften, als die die Behörde 1700 Mietwohnungen in Berlin meistbietend verkaufen wollte.

    Nach parteiübergreifenden Protesten und der zunehmenden Krise am Wohnungsmarkt kam es 2015 unter der damaligen SPD-Bauministerin Barbara Hendricks offiziell zum Kurswechsel: Die Bima konnte nun verbilligt alle Grundstücke an Kommunen abgeben, insbesondere für sozialen Wohnbau. Seit 2018 soll der Kaufpreis einer Fläche um 25.000 Euro pro geplanter Sozialwohnung verbilligt werden, teilweise werden Grundstück damit zum Preis von null Euro unentgeltlich von der Bima - wie im Augsburger Fall - abgegeben.

    Zigtausend mehr Sozialwohnungen fallen weg als neu gebaut werden

    Der Bedarf an günstigem Wohnraum wächst: Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt in Deutschland jedes Jahr um mehr als 40.000 Mietwohnungen, weil deutlich mehr aus der Sozialbindung fallen, als gebaut werden. Gab in der alten Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung noch knapp vier Millionen Sozialwohnungen in Deutschland, droht die Zahl in wenigen Jahren unter die Millionen-Marke zu fallen.

    Doch wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervorgeht, wird die sogenannte „Verbilligungs-Richtlinie“ beim Verkauf von bundeseigenen Grundstücken nur in Ausnahmefällen angewendet. Die Bima habe von 2015 bis Mitte Februar 2021 rund 1800 Liegenschaften an Länder, Kommunen oder deren Wohnbaugesellschaften veräußert, heißt es dort. „In 344 Fällen wurde eine Verbilligung gewährt. Dies entspricht einem Anteil von rund 19 Prozent.“

    FDP spricht von einem Skandal

    Der bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und bayerische Liberalen-Vorsitzende Daniel Föst hält diese Zahlen für eine Bankrotterklärung: „Es ist ein Skandal, dass der Bund nur eins von fünf Grundstücken vergünstigt an die Kommunen abgibt“, sagt Föst, der die Anfrage gestellt hat. „Das Bauland ist einer der größten Flaschenhälse beim Wohnungsbau, aber der Bund rückt seine Grundstücke nur widerwillig und unter hoher Belastung für die Kommunen heraus“, kritisiert er. „Je teurer das Bauland, desto teurer sind am Ende auch die Mieten.“

    Bayerns FDP-Chef Daniel Föst spricht von Skandal.
    Bayerns FDP-Chef Daniel Föst spricht von Skandal. Foto: Lino Mirgeler, dpa

    Der FDP-Politiker kritisiert insbesondere den Bundesfinanzminister, zu dessen Ressort die Bima gehört: „Olaf Scholz fordert als SPD-Kanzlerkandidat einen Mietenstopp, während er als Finanzminister mit seiner restriktiven Verkaufspolitik die Mieten treibt“, sagt Föst. „Der Bund muss viel mehr und viel schneller seine Grundstücke verbilligt zur Verfügung stellen, damit in den Kommunen neuer und günstiger Wohnraum entstehen kann.“

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