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Hintergrund: Wie die SPD mit ihren Spitzenpolitikern umgeht

Hintergrund

Wie die SPD mit ihren Spitzenpolitikern umgeht

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    Johannes Kahrs hört ganz auf. Der SPD-Finanzexperte kehrt der Politik den Rücken.
    Johannes Kahrs hört ganz auf. Der SPD-Finanzexperte kehrt der Politik den Rücken. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Wenn der Bundestag an diesem Donnerstag wie geplant die Berliner SPD-Politikerin Eva Högl, 51, zu seiner neuen Wehrbeauftragten wählt, ist das alles andere als eine ganz normale Personalie. Sondern der Schlussakkord einer bizarren Sinfonie aus Ränken, Intrigen und Postenschachern in einer strauchelnden Partei.

    Das Recht, das Amt des parlamentarischen Kontrolleurs der Truppe zu besetzen, hatte die SPD der Union in den Koalitionsverhandlungen im Rahmen einer „Nebenabsprache“ abgerungen. Verbunden ist der Posten mit einem repräsentativen Dienstsitz in der Berliner Dorotheenstraße, einem beachtlichen Stab von Mitarbeitern und einer Besoldung auf der Stufe eines Staatssekretärs. Vor allem aber gilt: Der Wehrbeauftragte amtiert in der Regel für mindestens fünf Jahre – auch wenn die Regierung zwischenzeitlich wechselt. Offenbar macht gerade dieser Umstand angesichts des seit Monaten anhaltenden Umfragetiefs der Sozialdemokratie den Reiz des Postens aus.

    Bartels hatte sich über die Parteigrenzen hinaus Respekt erworben

    Amtsinhaber ist mit Hans-Peter Bartels bereits ein SPD-Mann, der sich in den vergangenen fünf Jahren über die Parteigrenzen hinaus großen Respekt erworben hat. In der Truppe ist der 58-Jährige beliebt, pochte er gegenüber dem Verteidigungsministerium doch beständig auf die Beseitigung der gravierenden Ausrüstungsmängel der Bundeswehr. Bartels hätte allzu gern weitergemacht.

    Hans-Peter Bartels (SPD) muss seine Hoffnungen auf eine zweite Amtszeit als Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages begraben.
    Hans-Peter Bartels (SPD) muss seine Hoffnungen auf eine zweite Amtszeit als Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages begraben. Foto: Gregor Fischer, dpa

    Doch schon vor Monaten hatte ein mächtiger Genosse ein Auge auf das begehrte Amt geworfen und dem Vernehmen nach damit begonnen, generalstabsmäßig die Übernahme zu vorzubereiten. Johannes Kahrs, 56, hatte sich als der einflussreiche Chef-Haushälter der Partei einen Namen gemacht. Er galt als Strippenzieher nicht nur der Hamburger SPD. Legendär sind in der Hansestadt die Projekte, die nur durch Mittel, die Kahrs geschickt in seine Heimat leitete, möglich wurden. Auch die norddeutschen Werften haben Kahrs viel zu verdanken. Ein bestimmter Typ von Korvetten der Bundesmarine, deren Anschaffung Kahrs im Haushaltsausschuss mit durchsetzte, trägt den Spitznamen „Kahrs-Klasse“. Zudem schien Kahrs als Sprachrohr des Seeheimer Kreises, des Zusammenschlusses der konservativ-pragmatischen SPD-Bundestagsabgeordneten, im Postenpoker in einer guten Verhandlungsposition zu sein.

    Kahrs hatte ein sicheres Amt für die kommenden fünf Jahre vor Augen

    Auch wenn Kahrs seinen Hamburger Wahlkreis seit 1998 stets direkt gewann, die Aussicht auf ein sicheres Amt für die kommenden fünf Jahre schien offenbar zu verlockend. So kam es, dass sich der amtierende Wehrbeauftragte Bartels vor einigen Monaten wunderte, dass sich im Haushaltsplan für sein Haus, bisher mit 55 Planstellen ausgestattet, vier zusätzliche, hochrangige Planstellen fanden. Seltsam nur, dass Bartels diese gar nicht beantragt hatte. Vieles deutete darauf hin, dass Kahrs in seiner alten Funktion als Chef-Haushälter die Voraussetzungen schaffen wollte, um ein Quartett enger Gefolgsleute ins angestrebte neue Amt mitzunehmen. Nicht zuletzt deshalb geriet Kahrs zunehmend in die Kritik. Und zwar nicht nur parteiintern, sondern auch beim Koalitionspartner Union. SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich musste erkennen, dass er für Kahrs wohl keine Mehrheit im Bundestag finden würde und machte den Ambitionen des Hamburgers schließlich ein Ende. Enttäuscht legte Johannes Kahrs am Dienstag mit einem Paukenschlag alle seine politischen Ämter mit sofortiger Wirkung nieder.

    Eva Högl (SPD) hat beste Chancen ihren Parteikollegen Hans-Peter Bartels zu beerben.
    Eva Högl (SPD) hat beste Chancen ihren Parteikollegen Hans-Peter Bartels zu beerben. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Aus dem unappetitlichen innerparteilichen Machtkampf ging aber auch der viel gelobte Amtsinhaber Hans-Peter Bartels als Verlierer hervor. Eine zweite Amtsperiode, die es bisher nur für einen Wehrbeauftragten gab – den SPD-Mann Karl Wilhelm Berkhahn von 1975 bis 1985 – bleibt ihm verwehrt.

    Eva Högl wurde zu Beginn der Legislaturperiode als Justizministerin gehandelt

    Lachende Dritte ist Eva Högl aus Berlin, die als brillante Juristin gilt und eigentlich schon zu Beginn der Legislaturperiode als heiße Kandidatin für das Amt der Bundesjustizministerin gehandelt worden war. Doch damals wurde mit Franziska Giffey eine andere Berlinerin Familienministerin.

    Zwei SPD-Kabinettsmitglieder aus der Hauptstadt – das hätte den Länder-Proporz dann doch zu sehr verletzt. So wurde zunächst Katharina Barley Justizministerin, als sie ins Europaparlament wechselte, kam Högl wieder nicht zum Zug. Das Justizressort übernahm schließlich Christine Lambrecht. Högl, so heißt es in der Fraktion, hatte zwar bisher kaum Berührungspunkte zur Verteidigungspolitik, aber dafür bei der Parteispitze etwas gut – so geht der begehrte „Versorgungsposten“ an sie.

    Lesen Sie dazu auch den Leitartikel: Keine klare Führung: Die SPD wird ihre Seuche nicht los

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