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Hintergrund: Spicers windiger Hitler-Vergleich

Hintergrund

Spicers windiger Hitler-Vergleich

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    Indisponiert oder generell überfordert. Der Sprecher des US-Präsidenten, Sean Spicer, setzt sich mit einem Hitler-Vergleich in die Nesseln.
    Indisponiert oder generell überfordert. Der Sprecher des US-Präsidenten, Sean Spicer, setzt sich mit einem Hitler-Vergleich in die Nesseln. Foto: Saul Loeb, afp

    Sean Spicer sorgt im Presseraum des Weißen Hauses des Öfteren für Stirnrunzeln und irritierte Blicke unter den Journalisten. Aber diesmal hat der Sprecher von US-Präsident Donald Trump noch einmal einen draufgesetzt. Um klarzumachen, warum Russland endlich die Unterstützung für den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad einstellen müsse, bemüht Spicer einen Vergleich zur Nazizeit. Er sagt, nicht einmal eine so verabscheuungswürdige Person wie Adolf Hitler sei so tief gesunken, Chemiewaffen einzusetzen.

    Es ist ein Satz, der suggeriert, Assad sei schlimmer als der Diktator, weil er Giftgas gegen das eigene Volk eingesetzt habe. Vergleiche mit der Nazizeit sind immer heikel. Spicer hätte wissen können, dass er sich damit auf sehr dünnes Eis begibt. Mit dem Satz offenbart er aber zugleich eine große Portion Unkenntnis, lässt er doch historische Fakten außer acht. Es sind die Journalisten, die Spicer an die Gaskammern der Nazis erinnern müssen. Daran, dass Hitler Millionen Menschen umbringen ließ – Juden, Sinti und Roma, psychisch Kranke und andere –, auch mit Giftgas. Noch während der Pressekonferenz gibt eine Reporterin Spicer die Gelegenheit, den Vergleich zu erklären. Er ist bemüht, die Worte geradezurücken, es gelingt ihm nicht. Er gerät ins Straucheln. Er sagt, Hitler habe Giftgas nicht auf dieselbe Art eingesetzt wie Assad. Als ein anderer Reporter daraufhin ruft, Hitler habe Juden vergast, schiebt er schnell hinterher: „Er hat es in die Holocaust-Zentren gebracht, das ist mir klar. Aber was ich zum Ausdruck bringen will, ist die Art, wie Assad es eingesetzt hat, indem er in die Städte geht und es über den Stadtzentren abwirft.“

    Auch mit dem Begriff „Holocaust-Zentren“ erntet er ungläubige Blicke im Presseraum. Es wird deutlich, dass er die Konzentrationslager meint, aber der Ausdruck ist kein Synonym dafür. Das richtige Wort ist ihm offensichtlich nicht eingefallen. Es ist nicht ganz klar, was Spicer überhaupt zu dem Vergleich bewegt hat. Hat er keine Ahnung von Hitlers Gräueltaten in den Konzentrations- und Vernichtungslagern? Oder hat er sie im Eifer schlicht vergessen?

    Der 45-Jährige hat in den vergangenen Monaten schon oft eine unglückliche Figur gemacht. Bei seinem ersten Auftritt log er in fünf Minuten nachweislich fünf Mal. Immer wieder tappte er ins Fettnäpfchen. Mal sprach er über einen Terroranschlag in Atlanta, den es gar nicht gab. Mal bezeichnete er Nigel Farage als Staatschef. Spicer wirkt manchmal so, als stünde er bei den Pressekonferenzen im Weißen Haus unter sehr großem Druck. Seine Auftritte sind oft hektisch, die ganze Körpersprache strahlt Nervosität aus. Der Mund steht nicht still, die Augen springen von rechts nach links. Er fängt Sätze an, ohne sie zu Ende zu bringen, verliert sich in seinen Ausführungen.

    Der CNN-Journalist Wolf Blitzer will am Dienstagabend von Spicer wissen, ob er denn nicht gewusst habe, dass die deutschen Nationalsozialisten Juden und andere Menschen in Gaskammern umgebracht haben. Blitzers Eltern überlebten den Holocaust, seine Großeltern wurden von den Nazis ermordet. Spicer sagt, er habe natürlich davon gewusst. Sein Vergleich sei ein Fehler gewesen. Er entschuldigt sich. Aber in Washington machen da schon längst Rücktrittsforderungen die Runde. (afp)

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