Vor dem Bundesparteitag der AfD steigt die Nervosität: In der Partei, aber auch in der Stadt Köln, die sich nicht so richtig auf ihre Gastgeberrolle freuen mag. Schließlich befürchtet die Polizei Ausschreitungen bei den diversen Gegendemonstrationen. Handgreiflich dürften die Grabenkämpfe in der AfD nicht ausgetragen werden, aber die Brisanz ist erheblich. Dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass es der Parteitagsregie gelingt, zumindest nach außen das Bild einer heillos zerstrittenen Truppe zu vermeiden. Schon heißt es, dass die Frage, welche Person oder welche Personen die AfD nach der Absage von Frauke Petry in den Wahlkampf führen, vertagt werden könnte.
Hartnäckig halten sich in diesen Tagen Gerüchte, dass der Burgfrieden, von dem zuletzt immer wieder die Rede war, nur bis zur Bundestagswahl gilt. Danach, so die These, sei die nächste Spaltung der Rechtspopulisten nicht mehr abzuwenden.
Ganz konkrete Anzeichen dafür sieht das Rechercheteam Correctiv. Danach könnte es folgendes Szenario geben: Frauke Petry und Marcus Pretzell wollen in Köln eine Richtungsentscheidung erzwingen – gegen das nationalkonservative Lager um Björn Höcke und Alexander Gauland. Sollte dies nicht gelingen, gebe es Überlegungen, nach der Bundestagswahl die Partei zu spalten. Ein Parteifunktionär aus dem engen Umfeld von Frauke Petry und Marcus Pretzell sagte gegenüber Correctiv, dass das AfD-Paar zu der Überzeugung gelangt sei, auf Dauer mit Gauland und Höcke nicht gemeinsam in der Partei sein zu können. Deshalb wolle man jetzt noch gute Miene zum bösen Spiel machen und die Wahlen in NRW und auf Bundesebene abwarten. Tatsächlich wird eine mögliche Spaltung bereits auch unter den Petry-Gegnern diskutiert. Arvid Samtleben, AfD-Mitglied aus Sachsen, postete vor einer Woche auf Facebook: „Bereitet Petry den Abgang vor? Seit einigen Stunden macht das Gerücht die Runde: Petry will eine zweite Fraktion in Berlin gründen.“
Völlig unklar bleibt, ob nach dem Verzicht der AfD-Chefin überhaupt über Spitzenkandidaten für den heraufziehenden Bundestagswahlkampf gesprochen wird. Während sich der Berliner AfD-Landeschef Georg Pazderski am Donnerstag in der ARD dafür aussprach, ganz ohne Spitzenkandidaten Wahlkampf zu machen, forderte Sachsen-Anhalts Landeschef André Poggenburg ein Festhalten daran. Pazderski sagte, „die Frage, die sich stellt, ist, braucht die Partei überhaupt einen Spitzenkandidaten oder ein Spitzenteam“. Außerdem warnte er davor, beim Parteitag eine Diskussion über die Grundsatzstrategie der AfD auszutragen. Diese Debatte müsse sicherlich geführt werden, am Wochenende sollten aber die Weichen für die Bundestagswahl gestellt werden.
Pazderski sprach sich dafür aus, die AfD stärker in die politische Mitte zu rücken und koalitionsfähig zu machen. Ziel müsse es sein, dass die AfD eine Volkspartei werde, die für breite Bevölkerungsschichten wählbar sei.
Die Polizei hat vor dem AfD-Bundesparteitag in Köln vor einer Eskalation der Gewalt aus dem linksextremen Spektrum gewarnt. „Wir machen uns große Sorgen“, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies am Donnerstag. Mehr als 4000 Beamte sollen am Wochenende für Sicherheit sorgen. Mathies sprach von aktuellen Aufrufen der linksextremen Szene zur Verhinderung des AfD-Parteitages. Es sei mit mehreren tausend Linksextremen zu rechnen. Der Polizeipräsident zitierte Aufrufe, in denen von „Feuer statt Konfetti“ und einer „Hölle von Köln“ die Rede ist. (ska, dpa)