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Hintergrund: Merkel besucht Obama

Hintergrund

Merkel besucht Obama

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    Berlin Schöne Bilder von trauter Eintracht und ungetrübter Harmonie sind garantiert. Der äußere Rahmen jedenfalls könnte perfekter nicht sein. Wenn US-Präsident Barack Obama am morgigen Dienstag Bundeskanzlerin Angela Merkel im Weißen Haus empfängt und sie im Rahmen eines festlichen Staatsbanketts mit der Freiheitsmedaille ehrt, der höchsten amerikanischen Auszeichnung, werden beide in warmen Worten das deutsch-amerikanische Verhältnis rühmen und das Hohelied auf die tiefe Freundschaft und die enge Partnerschaft singen.

    In der Tat gehört auch 20 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges die transatlantische Partnerschaft zu den Grundpfeilern deutscher Außenpolitik. Auf der Arbeitsebene sind die Beziehungen zwischen den Regierungen in Washington und Berlin stabil, vertrauensvoll und belastbar, nach der gemeinsam erreichten Überwindung der Spaltung Europas schweißt nun der Kampf gegen den internationalen Terrorismus zusammen. In Afghanistan kämpfen deutsche und amerikanische Soldaten Seite an Seite gegen die Taliban. Obama und Merkel schätzen einander persönlich, beide eint ein nüchterner Regierungsstil, der weniger auf pathetische Gesten denn auf pragmatische Ergebnisse setzt.

    Ausdruck dieser Normalität ist allerdings auch, dass weder Berlin für Washington noch Washington für Berlin eine wichtige Rolle spielt. Auch das ist eine Folge der Überwindung des Kalten Krieges. Deutschland ist nicht mehr der Frontstaat, in dem sich die hochgerüsteten Militärblöcke Auge in Auge gegenüberstehen, Europa ist nicht mehr Schauplatz der Weltpolitik, sondern an den Rand gerückt, andere Regionen, allen voran China, Indien und Pakistan, Arabien und der Maghreb sowie der Nahe und Mittlere Osten, stehen im Zentrum.

    Problematisch wird es allerdings, wenn diese Normalität im deutsch-amerikanischen Verhältnis durch deutsche Sonderwege auf die Probe gestellt wird. Ausgerechnet Angela Merkel und ihr Außenminister Guido Westerwelle, die einst das rot-grüne Nein zum Irak-Krieg, die gegen Washington gerichtete Achse Berlin-Paris-Moskau heftig kritisiert und einen engen Schulterschluss mit den USA versprochen haben, irritieren ihre Partner diesseits wie jenseits des Atlantiks mit Alleingängen. So hat Deutschland im Weltsicherheitsrat der vom Westen gewünschten Libyen-Resolution seine Unterstützung verweigert – genauso wie Russland und China. Sowohl im deutsch-französischen wie im deutsch-amerikanischen Verhältnis ist nicht nur als Folge dieses Verhaltens viel Sand im Getriebe.

    Die USA wünschen stärkeres Engagement in Libyen

    Obama wird Merkel in Washington um ein stärkeres deutsches Engagement in Libyen bitten. Er freue sich auf die Diskussion mit der Kanzlerin, „wie wir gemeinsam noch mehr tun können, um effektiver auf die Veränderungen in der Region zu reagieren, inklusive Libyen“, sagte Obama der Berliner Zeitung Tagesspiegel. Als Vorbild für den Wandel in der arabischen Welt nannte er die Wende 1989 in der früheren DDR und in Europa. „1989 hat Deutschland den Weg zur Freiheit für die Länder des früheren Warschauer Pakts geebnet. Zwei Jahrzehnte später dient es als Beweis, dass Demokratie diejenigen belohnt, die zu harter Arbeit und zu Opfern bereit sind.“

    Merkels Washington-Besuch bietet die Gelegenheit, die Zweifel an den deutschen Sonderwegen auszuräumen und die Bundesrepublik, immerhin die mit Abstand stärkste Wirtschaftsmacht Europas, als politischen Akteur wieder stärker ins Spiel zu bringen.

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