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Hintergrund: Experte zum Absturz der Sozialdemokraten: Die SPD hat keine populäre Figur

Hintergrund

Experte zum Absturz der Sozialdemokraten: Die SPD hat keine populäre Figur

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    Luft raus? Für die Sozialdemokraten gibt es seit vielen Jahren nur eine Richtung: Es geht abwärts.
    Luft raus? Für die Sozialdemokraten gibt es seit vielen Jahren nur eine Richtung: Es geht abwärts. Foto: Matthias Hiekel, dpa (Symbol)

    Umzüge sind immer anstrengend. Verbessert man sich, hilft die Vorfreude auf das neue Heim, die Strapazen wegzulächeln. Wird das künftige Domizil bescheidener, überwiegt Melancholie. Und es gibt

    François Hollande sah man die Last des Amtes oft an.
    François Hollande sah man die Last des Amtes oft an. Foto: De Luca, dpa

    Links des Rheins beobachtet die deutsche SPD seit Jahren fassungslos den ungebremsten Fall der Schwester und Brüder in Frankreich. Wie konnte es so weit kommen? Schließlich stellte die PS mit François Hollande bis 2017 noch den Präsidenten der Republik. Für Uwe Jun, Politikwissenschaftler an der Universität Trier, haben die fünf Jahre, die Hollande als Präsident regierte, viel mit dem Absturz der PS zu tun: „In

    Die traurige Bilanz: Ausgerechnet unter einem Sozialisten hatte sich die ohnehin schon tiefe Spaltung im Lande zu einem Graben vertieft. Nicht zuletzt in den fünf Jahren, in denen die PS regierte, entwickelte sich die Wut, die sich ab November 2018 in den Gelbwesten-Protesten entlud. Auch in Frankreich zeigte sich: Wütende Bürger, die sich benachteiligt und abgehängt fühlen, wählen heute viel eher Rechts- oder Linkspopulisten als Sozialdemokraten oder moderate Sozialisten.

    Die Franzosen sind sehr unzufrieden mit ihrer Volkswirtschaft

    Für direkt vergleichbar hält Jun die Situation in Frankreich und Deutschland nicht. Die Franzosen seien sehr unzufrieden mit der Schwäche ihrer Volkswirtschaft. „Das ist in

    Verständlich, dass die schlingernde Partei Ausschau hält nach befreundeten Parteien in Europa, die Akzente setzen und vor allem: Wahlen gewinnen. So wie die spanische PSOE. Mit dem Partei- und Regierungschef Pedro Sánchez an der Spitze beweist sie, dass die Sozialdemokratie heutzutage noch erfolgreich sein kann.

    Sanchez ist durch zwei Wahlsiege gestärkt

    Erst gewann der 47 Jahre alte Sánchez Ende April die nationale Parlamentswahl und verteidigte sein Regierungsamt. Einen Monat später triumphierte Spaniens charismatischer Premier erneut – dieses Mal in der Europawahl, bei der er mit 33 Prozent weit vor allen anderen spanischen Parteien lag. Dank seines

    Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez strahlt Zuversicht aus.
    Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez strahlt Zuversicht aus. Foto: Laurent, dpa

    Ein Coup, den ihm vor gar nicht langer Zeit nicht viele zugetraut hätten. Noch im Herbst 2016 schien seine politische Karriere am Ende zu sein, als er nach innerparteilichen Attacken und einer Abstimmungsniederlage als PSOE-Generalsekretär zurücktrat. Doch er kam wieder. Als Ministerpräsident einer Minderheitsregierung zeigte Sánchez sein Talent, über Parteigrenzen hinweg den Dialog zu suchen und Allianzen zu schmieden.

    In Frankreich wurde den Sozialisten ihre Zeit an der Regierung zum Verhängnis, in Spanien – davon ist der Politikwissenschaftler Jun überzeugt – kam ihnen zugute, dass sie viele Jahre eben nicht den Ministerpräsidenten stellten: „Ein Vorteil für die spanischen Sozialisten ist, dass sie dort lange in der Opposition saßen. In dieser Zeit ging es der Volkswirtschaft sehr schlecht.“ Heute leide die konservative Volkspartei (PP) darunter, dass sie lange regierte und in einige Skandale verwickelt war.

    Was kann die SPD von der spanischen PSOE lernen?

    Was kann die SPD von der spanischen PSOE lernen? Uwe Jun ist eher skeptisch: „Die SPD kann in ihrer Situation eigentlich nicht allzu viel Erkenntnis aus dem Erfolg von Sánchez und den Sozialisten ziehen.“ Vielleicht aber solle sie genau beobachten, „wie Sánchez sehr pragmatisch Politik macht und sich bemüht, seine Partei für ein breiteres Themenspektrum zu öffnen“.

    Das Problem bleibt aber: Die SPD hat derzeit keinen Pedro Sánchez. „Die SPD verfügt seit Gerhard Schröder nicht mehr über eine solche Figur“, sagt Jun. Doch ohne einen Politiker, der über Parteigrenzen hinweg populär ist, ist es für jede Partei schwer, neue Wählerschichten zu begeistern – das zeigt sich in vielen EU-Mitgliedsländern. Insbesondere für eine SPD, der die traditionellen Anhänger wie Arbeiter und Angestellte Stück für Stück weggebrochen sind.

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