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Hintergrund: Donald Trump setzt Frieden mit Nordkorea aufs Spiel

Hintergrund

Donald Trump setzt Frieden mit Nordkorea aufs Spiel

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    Trump sagte den seit Wochen geplanten amerikanisch- nordkoreanische Gipfel ab. Sämtliche Hoffnungen auf eine Entspannung auf der koreanischen Halbinsel sind damit geplatzt.
    Trump sagte den seit Wochen geplanten amerikanisch- nordkoreanische Gipfel ab. Sämtliche Hoffnungen auf eine Entspannung auf der koreanischen Halbinsel sind damit geplatzt. Foto: Evan Vucci/Wong Maye-E/AP, dpa

    Es sollte ein historisches Ereignis werden. Sogar Gedenkmünzen mit den Konterfeis von „Präsident Donald J. Trump“ und dem „Obersten Führer Kim Jong Un“ waren schon geprägt. Der Regierungschef im Weißen Haus träumte vom Friedensnobelpreis. Doch am Donnerstagmorgen um 9.40 Uhr amerikanischer Zeit vollzog Donald Trump die überraschende Kehrtwende.

    Nicht auf seinem Lieblingsmedium Twitter, sondern ganz förmlich auf einem Briefbogen mit goldenem Siegel, adressiert an „Seine Exzellenz“ in Pjöngjang, bedankte er sich zunächst für Zeit, Geduld und Mühe, die der nordkoreanische Machthaber für das geplante Gipfeltreffen am 12. Juni in Singapur aufgewandt habe. Doch leider, so Trump, halte er es zu diesem Zeitpunkt für unangemessen, die Begegnung stattfinden zu lassen. Aus den jüngsten Stellungnahmen des kommunistischen Regimes habe er nämlich „enormen Ärger und offene Feindschaft“ herausgelesen.

    Trumps Absage sorgte für Verwunderung in Washington

    Für Trumps Verhältnisse ist der Brief betont höflich verfasst. Ausdrücklich lobt er Kim für die Freilassung von drei amerikanischen Gefangenen und äußert seine Hoffnung, dass es irgendwann doch noch zu dem Treffen kommt: „Wenn Sie Ihre Meinung ändern, rufen Sie mich bitte an oder schreiben mir.“

    Doch ganz verkneifen kann sich der Polterer aus dem Weißen Haus einen Rückfall in frühere Attacken gegen den „kleinen Raketenmann“ Kim nicht: „Sie reden über Ihre nukleare Bewaffnung“, drohte er kaum verhohlen, „aber unsere ist so massiv und so mächtig, dass ich zu Gott bete, dass sie nie angewendet werden muss.“ Das klang schon wieder fast wie der apokalyptische Hinweis auf „Feuer und Zorn“, mit dem Trumps undiplomatische Nordkorea-Offensive im vergangenen Jahr begonnen hatte.

    In Washington herrschte zunächst Rätselraten über Trumps Motive. Immerhin hatte Nordkorea kurz zuvor sein einziges nukleares Testgelände zerstört. Der US-Sender CBS berichtete am Donnerstag, einer seiner Korrespondenten sei vor Ort Zeuge von mehreren Explosionen geworden. Die Schließung des in einer Bergregion liegenden Testkomplexes wurde als Bekundung des guten Willens gewertet.

    Donald Trump will nicht als Verlierer dastehen

    Trumps Hinweis auf angebliche Feindseligkeiten scheint sich auf einen Kommentar des nordkoreanischen Vize-Außenministers Choe Son Hui zu US-Vizekanzler Mike Pence zu beziehen. Weil Pence (wie zuvor schon Sicherheitsberater John Bolton) in einem Fernsehinterview Anfang der Woche gedroht hatte, Nordkorea könne enden wie Libyen, hatte der Nordkoreaner den Amerikaner als „politischen Dummkopf“ bezeichnet.

    Doch dürfte das nur der äußere Anlass für Trumps Rückzieher gewesen sein. Tatsächlich hatte er mit der Überhöhung des Gipfeltreffens nicht nur einen enormen Erwartungshorizont aufgebaut, sondern auch einen wichtigen Trumpf aus der Hand gegeben – die Anerkennung Kims als Verhandlungspartner auf Augenhöhe.

    Die geschickte Politik von Südkoreas Präsident Moon Jae In (rechts) machte es erst möglich, dass sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (links) zu Gesprächen bereit erklärt hatte.
    Die geschickte Politik von Südkoreas Präsident Moon Jae In (rechts) machte es erst möglich, dass sich Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (links) zu Gesprächen bereit erklärt hatte. Foto: Korea Summit Press Pool/AP, dpa

    Gleichzeitig war in den vergangenen Tagen jedoch immer deutlicher geworden, dass sich Trump mit seiner Maximalforderung nach der kompletten Atomwaffenfreiheit der gesamten koreanischen Halbinsel kaum durchsetzen können werde. Anders als der Iran besitzt Nordkorea bereits nukleare Waffen, und das Regime in Pjöngjang betrachtet sie als seine politische Lebensversicherung.

    So könnte es sein, dass Trump lieber rechtzeitig die Reißleine zog, bevor er in Singapur als Verlierer dagestanden hätte. In seinem Buch „Die Kunst der Verhandlung“ hatte der selbst ernannte große Deal-Macher schon vor vielen Jahren geschrieben: „Du musst den Zeitpunkt kennen, wenn du den Verhandlungstisch verlässt.“

    Experten zweifeln an weiteren Verhandlungen

    Doch der Rückzieher gilt als erhebliche Gefahr für den Frieden auf der nordkoreanischen Halbinsel. Die Absage demütigt Kim und bedeutet einen Gesichtsverlust. Der Hauptgrund dafür, dass er sich überhaupt zu Gesprächen bereit erklärt hat, lag in der geschickten Politik des südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In.

    Er sorgte dafür, dass Kim die Hand ausstrecken konnte, ohne eine Zurückweisung fürchten zu müssen. Dies ist ein entscheidender Punkt für Kim: Sein Bild im In- und Ausland und die Anerkennung, die er als vermeintlich wichtiger Staatenlenker erhält. Doch nun ist Kim klar düpiert.

    Bei Experten überwiegen nun die Zweifel, ob es noch gelingen kann, Nordkorea auf den Pfad der Verhandlungen zurückzuführen. Viele Monate der Annäherung seien entwertet worden, sagt der amerikanische Abrüstungsexperte Daryl Kimball. „Eine heftige Reaktion ist wahrscheinlich“, erwartet er neue Raketentests.

    Der US-Experte sieht die Schuld für das Scheitern bei Trumps Beratern. „Die jüngsten Äußerungen Nordkoreas haben ihre Vorbehalte gegen die Bombenüberflüge zum Ausdruck gebracht“, sagt Kimball. „Das Weiße Haus hat sie übel fehlinterpretiert.“

    Nordkorea immerhin signalisierte nach der Absage Gesprächsbereitschaft. "Wir wollen die USA wissen lassen, dass wir die Absicht haben, uns mit den

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