Wurde ein SPD-Politiker von einer Afrika-Reise von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller ausgeladen, weil der seine Ehefrau mitnahm? Dieser Vorwurf bildet den Kern eines kritischen Berichts der Bild am Sonntag über angebliche Luxus-Dienstreisen des CSU-Politikers.
Doch der angeblich ausgeladene SPD-Mann weist diese Darstellung nun als unzutreffend zurück. Und im politischen Berlin wird heftig über die möglichen Hintergründe der Attacke auf Müller spekuliert. Manche fragen sich: Soll damit womöglich das von Müller geplante, von Teilen der Wirtschaft aber abgelehnte Lieferkettengesetz torpediert werden?
Müller: Zusatzkosten für Reise mit Ehefrau wurden privat bezahlt
Gegenüber unserer Redaktion hatte Müller klargestellt, dass alle Kosten für die Ministern grundsätzlich erlaubte Mitnahme des Ehepartners vollständig privat bezahlt worden seien. Doch in dem Bild-Bericht hieß es, durch die Mitnahme der Ehefrau Müllers im Regierungsflieger sei für Fachpolitiker anderer Fraktionen kein Platz mehr gewesen.
So sei der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sascha Raabe, bei einer Afrikareise im Februar 2020 kurzfristig wieder ausgeladen worden. Angeblicher Grund: Wegen Müllers Ehefrau sei die Regierungsmaschine belegt gewesen. Raabe aber widerspricht „Ich war im Februar 2020 weder zu einer Afrikareise eingeladen noch hatte ich für diesen Monat angefragt an irgendeiner Dienstreise teilzunehmen.“
Tatsächlich habe er sich für eine Teilnahme an einer gemeinsamen Reise Müllers mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Dezember 2019 nach Äthiopien interessiert. Damals habe allerdings kurzfristig auf ein kleineres Flugzeug umgestiegen werden müssen, sodass eine Mitnahme Raabes nicht möglich gewesen sei. „Für mich war das nachvollziehbar und ich habe mich in keiner Weise ausgeladen gefühlt“, sagt Raabe.
SPD-Politiker Raabe lobt Entwicklungsminister für Lieferkettengesetz
Laut Entwicklungsministerium war auch die Ehefrau des Ministers nicht in Äthiopien mit dabei. Wohl aber die SPD-Politikerin Bärbel Kofler als Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung. Raabe weiter: „Wichtig war für mich, dass Hubertus Heil und Gerd Müller gemeinsam vor Ort waren und wichtige Erkenntnisse für das Lieferkettengesetz gewonnen haben.“ Statt also Müller zu kritisieren, wie es in dem Bild-Bericht heißt, lobt SPD-Mann Raabe diesen sogar: „Ich freue mich sehr, dass beide Minister sich so engagiert für das Lieferkettengesetz einsetzen.“
Wenn in Berliner Polit-Kreisen über die möglichen Motive hinter den „Maßlos-Vorwürfen“ gegen Müller spekuliert wird, spielt dieses Gesetzesvorhaben eine zentrale Rolle. Müller und die SPD wollen, dass Unternehmen künftig auch verantwortlich sein sollen, wenn internationale Zulieferer Menschenrechte missachten. Manche Unternehmer lehnen diesen Plan vehement ab.
Ex-CDU-Generalsekretär: Einladungen liegen im Ermessen der Minister
So schreibt Ex-CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz auf Twitter, er finde es „durchsichtig“, dass Bild ausgerechnet den Minister attackiert, der sich für ein Lieferkettengesetz starkmacht. Dass Müller bisweilen von seiner Frau begleitet werde, sei erlaubt und die Kosten dafür würden hundertprozentig privat getragen. Abgeordnete hätten zudem selbst die Möglichkeit, Dienstreisen in diese Länder zu unternehmen. Es liege im Ermessen der Minister, ob und wann sie Abgeordnete einladen, sie auf Ministerreisen zu begleiten.
Dass Müller nun ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt wegen der Reisebegleitung durch seine Frau, aus der er nie einen Hehl machte, unter Beschuss gerät, könnte aber noch einen anderen Grund haben. Der Allgäuer hatte kürzlich angekündigt, dass er im kommenden Jahr nicht mehr für den Bundestag kandidiert.
Die Bundesregierung nominierte ihn erst vor wenigen Tagen als deutschen Kandidaten für die Leitung der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO). Eine Aussicht, die durchaus Neider oder Konkurrenten auf den Plan rufen könnte, wird in Regierungskreisen spekuliert. Dass ausgerechnet Müller, dessen großes Thema die gerechte Globalisierung ist, sich künftig federführend mit der weltweiten Industriepolitik beschäftigen soll, könnte nicht allen gefallen, heißt es.
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