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Hintergrund: Die Aussichten für Syrien und Afghanistan sind bitter

Hintergrund

Die Aussichten für Syrien und Afghanistan sind bitter

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    Ein US-Soldat blickt von Syrien aus auf die türkische Grenze. Die Kurden fürchten eine türkische Offensive, wenn die amerikanischen Truppen die Region tatsächlich verlassen haben.
    Ein US-Soldat blickt von Syrien aus auf die türkische Grenze. Die Kurden fürchten eine türkische Offensive, wenn die amerikanischen Truppen die Region tatsächlich verlassen haben. Foto: Susannah George, dpa

    Die Wut ist groß. Demonstranten zeigen provokativ die Fotos getöteter kurdischer Kämpfer. Hunderte haben sich wenige Stunde nach Bekanntgabe des Rückzuges amerikanischer Truppen aus Syrien vor einem US-Militärstützpunkt in der Nähe der nordsyrischen Stadt Kobane versammelt. Auf Transparenten fordern sie den „Respekt“ der USA für ihre Gefallenen, die in den Schlachten an der Seite der US-Streitkräfte gegen den Islamischen Staat starben. Die Kundgebung war ein Zeichen der Verzweiflung: Dass sie den Abzug der Amerikaner mit der Aktion aufhalten können, erwarten die Kurden nicht.

    Der Beschluss von US-Präsident Donald Trump könnte im vorwiegend kurdisch besiedelten Norden Syriens neue Konflikte auslösen. In den vergangenen Jahren hatten die syrische Kurdenpartei PYD und ihr militärischer Arm YPG ihre Partnerschaft mit den Amerikanern zum Ausbau der eigenen Macht in der Gegend genutzt, die sie Rojava nennen. So entstanden Schulen, Lokalverwaltungen und andere Einrichtungen, die dem Zugriff der syrischen Zentralregierung in Damaskus entzogen sind.

    Die Kurdengruppen, die mit der Terrororganisation PKK eng verbunden sind, preisen ihr System der Selbstverwaltung als Modell eines harmonischen Zusammenlebens verschiedener Volksgruppen. Dagegen klagen einige Vertreter von Minderheiten wie Arabern, Turkmenen und Christen in der Gegend über Druck durch die PYD und Zwangsrekrutierungen für die YPG. Solange die Amerikaner in Rojava stationiert waren, hatte das keine Auswirkungen.

    „Bisher war Amerika hier, und niemand hatte Angst“, sagte der 35-jährige syrische Kurde Bengin Seydo der Nachrichtenagentur Reuters. Die YPG half den USA im Kampf gegen den Islamischen Staat und erhielt dafür freie Hand bei der Neuordnung von Rojava.

    Rückzug der USA verändert die Lage in Syrien

    Mit Trumps Entscheidung verändert sich die Lage schlagartig. Nach dem Abzug der Amerikaner droht der Einmarsch der Türkei, die die YPG als Terrororganisation sieht. Ankara hat die Entsendung von bis zu 2400 Soldaten und protürkischen Milizionären ins Einflussgebiet der YPG angekündigt. Der Angriff soll die Kurdenmiliz von der türkischen Grenze aus rund 20 Kilometer tief auf syrisches Gebiet zurückdrängen.

    Nach Trumps Beschluss will die Türkei „eine Weile“ mit dem Angriff warten, sagte Erdogan am Freitag: „Aber das ist natürlich keine Frist ohne Ende.“ Erdogans Plan zielt darauf, das Autonomiegebiet der Kurden östlich des Euphrat zu zerschlagen. Noch kurz vor Trumps Rückzugsbefehl waren laut Medienberichten amerikanische Versorgungsgüter für die Kurdenkämpfer in Syrien angekommen. Danach halfen die amerikanischen Soldaten den kurdischen Milizionären in den vergangenen Tagen auch dabei, Panzergräben auszuheben, um den erwarteten türkischen Angriff zu stoppen.

    Afghanistan ist auf die Luftwaffe der USA angewiesen

    Auch in Afghanistan scheint sich die Präsenz der USA dem Ende zuzuneigen. Trump will in den kommenden Wochen die Hälfte der 14.000 in Wall Street Journalunter Berufung auf Regierungskreise. Trumps Entscheidung erwischte die afghanische Regierung in Kabul kalt.

    Der Sprecher von Afghanistans Präsident Ashraf Ghani versicherte zwar, dass die Trump’sche Blitz-Entscheidung keinen Einfluss auf die Sicherheitslage in Afghanistan haben werde. Doch wenn die Taliban ganze Städte überrennen, wie es in Ghasni und Kundus bereits geschah, war die afghanische Armee stets auf den Einsatz der US-Luftwaffe angewiesen, um das Zentrum wieder zurückzuerobern. Ihre Unterstützung gilt als entscheidend, da die afghanische Armee nicht in der Lage ist, Lufteinsätze zu fliegen.

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