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Hintergrund: Der Krieg gegen die IS hat eine neue Dimension

Hintergrund

Der Krieg gegen die IS hat eine neue Dimension

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    US-Präsident Obama setzt auf militärische Gewalt ohne Bodentruppen.
    US-Präsident Obama setzt auf militärische Gewalt ohne Bodentruppen. Foto: Saul Loeb

    Wann ist ein Krieg gerecht – oder zumindest gerechtfertigt? Die militärische Bekämpfung der sunnitischen Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) jedenfalls erscheint zwingend notwendig. Die selbst ernannten Gotteskrieger quälen, ermorden und versklaven in den Territorien, die sie im Irak und in Syrien erobert haben, alle Menschen, die sich ihnen und ihren extremen Glaubenslehren nicht unterwerfen. Zu stoppen sind die grausamen Verbrecher nur durch militärische Gewalt.

    Obama sagt dem IS den Krieg an

    US-Präsident Barack Obama, der angetreten war, die Vereinigten Staaten aus kriegerischen Konflikten herauszuführen, hat nach langem Zögern dem IS nun den Kampf bis zu dessen Vernichtung angesagt. Seit gut einem Monat unterstützen die USA bereits mit Luftschlägen die am Boden gegen den IS kämpfenden Kurden und Iraker. Aber erst jetzt hat der Präsident das Ziel definiert und damit dem Konflikt eine neue Dimension gegeben. Der IS soll überall bekämpft werden, auch im Bürgerkriegsland Syrien. Obama hat wohl einen Krieg begonnen, der über seine Amtszeit (bis 2017) hinausreichen wird. Und der die unerwünschte Nebenwirkung haben könnte, das Assad-Regime in Damaskus am Leben zu halten.

    Einsatz wird erwartet

    Das ist die Organisation IS

    IS ist eine islamistische Organisation. Sie hat das Ziel, einen Islamischen Staat zu errichten. Dieses Kalifat soll die Länder Syrien und Irak, aber auch den Libanon, Israel und Jordanien miteinander vereinen.

    IS steht für Islamischer Staat. Gebräuchlich ist auch die Abkürzung ISIL, das steht für Islamischer Staat im Irak und in der Levante oder ISIS für Islamischer Staat im Irak und in Syrien.

    Ihr Ziel verfolgen die Anhänger der Organisation mit militärischen Mitteln und brutalster Gewalt, darunter Bombenattentate, Folter, und Hinrichtungen von Zivilisten.

    IS kämpft an vielen Fronten. Die Terrorgruppe geht bewaffnet gegen die Regierungen in Syrien und im Irak vor, führt Krieg gegen schiitische Gläubige und vermeintliche sunnitische Kollaborateure.

    Die IS hat ihre Wurzeln in der Widerstandsbewegung gegen die Besetzung des Iraks nach dem Irakkrieg 2003.

    Die Gruppe profitierte 2013 vom Machtkampf der von Schiiten dominierten Regierung in Bagdad mit Sunniten und beherrscht inzwischen weite Teile des Iraks.

    Im syrischen Bürgerkrieg hat Isis vor allem im Nordosten des Landes die Kontrolle erlangt. Dort griff die Gruppe kurdische Städte an und massakrierten Zivilisten.

    In den besetzten Gebieten verordnen die Dschihadisten der Bevölkerung strenge Regeln. So sollen Frauen die Häuser nur noch verlassen, wenn es unbedingt notwendig ist. Alkohol und Rauchen ist verboten, ebenso Veranstaltungen und freie Presse.

    Im April 2014 sagte sich IS von Al-Kaida los. Deren Führung habe sich von den Grundsätzen des "Heiligen Krieges" entfernt, hieß es.

    Wie viele Menschen sich IS angeschlossen haben, ist unklar. Schätzungen sprechen von bis zu 15.000 Kämpfern.

    Anführer der Bewegung ist seit Mai 2010 Abu Bakr al-Baghdadi. Die USA führt ihn als einen der meistgesuchten Terroristen der Welt.

    IS wirbt im Internet aktiv um Kämpfer aus Europa. «Isis macht eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit», sagte der EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove. Die Islamisten hätten sogar Kameras auf ihre Kalaschnikows geschraubt, um ihre Operationen in Echtzeit im Internet zu übertragen.

    Finanziert wurde IS zu Beginn von saudischen und katarischen Gönnern. Mittlerweile hat die Organisation mit mafiösen Methoden eigene Einnahmequellen erzeugt, etwa mit dem Schmuggel von Öl.

    Meinungsumfragen zeigen, dass viele US-Bürger angesichts der Gräueltaten an Christen und Jesiden sowie der enthaupteten US-Journalisten den konsequenten Einsatz sogar erwarten. Dennoch muss es dem Friedensnobelpreisträger Obama schwergefallen sein, über seinen Schatten zu springen. Der Oberkommandierende betont daher, dass sich die USA „in keinen neuen Bodenkrieg“ hineinziehen ließen. Und dass alles „ganz anders“ sei als bei den Kriegen im Irak und in Afghanistan, die sein Vorgänger George W. Bush begann. Aber auch Obama muss klar sein, dass er nicht weiß, wie lange das Engagement dauern wird, und ob am Ende nicht doch Kampftruppen am Boden eingreifen werden.

    Internationale Koalition mit arabischen Staaten

    Verständlicherweise wollen die USA die Last nicht alleine schultern, und sie wollen auch nicht den fatalen Eindruck erwecken, als kämpfe „der Westen“ gegen „den Islam“. An einer internationalen Koalition sollen sich daher unbedingt auch arabische Staaten beteiligen. Saudi-Arabien scheint zur Unterstützung bereit. Das wäre besonders hilfreich, handelt es sich dabei doch um einen sunnitischen Staat, auf dessen Boden sich zudem die heiligsten Stätten des Islam befinden.

    Besonders forsch hat sich Frankreichs Präsident François Hollande an die Seite Obamas gestellt. Er plant sogar, mit Luftschlägen in den Krieg einzugreifen. Der unpopuläre Staatschef will offenbar nicht hinter seinem Vorgänger Nicolas Sarkozy zurückstehen, der 2011 einen maßgeblichen Anteil am Nato-Einsatz in Libyen hatte.

    Deutschland mit vorsichtigem Engagement

    Deutschland hält sich diesmal nicht wie im Fall Libyen heraus, dosiert sein Engagement aber vorsichtig. Einstweilen plant die Bundesregierung nur Waffenlieferungen an die kurdischen Truppen, die im Kampf mit dem IS stehen. Trotz aller Reden über eine neue deutsche Außenpolitik wird – erfreulicherweise – weiter Wert darauf gelegt, dass Auslandsmissionen deutscher Soldaten durch ein UN-Mandat abgedeckt sein sollten.

    Obama hat gar nicht erst versucht, Rückendeckung vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu erhalten. Er fürchtet wohl, dass ihn Russlands Präsident Wladimir Putin dort mit einem Veto auflaufen lässt. Das fehlende UN-Mandat ist aber mehr als ein Schönheitsfehler. Ohne UN-Votum ist es doch wieder so wie 2003 beim US-Einmarsch in den Irak. Der Kampf gegen die Mörderbande IS hätte die Unterstützung der Weltgemeinschaft verdient gehabt.

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