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Hintergrund: Ankara verärgert über Kurden-Demonstration

Hintergrund

Ankara verärgert über Kurden-Demonstration

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    Bei der Demonstration in Frankfurt wurde auch das Konterfei des Chefs der ebenfalls verbotenen PKK, Abdullah Öcalan, gezeigt.
    Bei der Demonstration in Frankfurt wurde auch das Konterfei des Chefs der ebenfalls verbotenen PKK, Abdullah Öcalan, gezeigt. Foto: Boris Roessler, dpa

    Im Verhältnis zwischen Ankara und Berlin liegen die Nerven schon längere Zeit blank. Das zeigte sich erneut am Wochenende. Große Aufregung bei der türkischen Regierung löste eine Kurden-Demonstration in Frankfurt aus: Präsidentensprecher Kalin verurteilte die

    Der Sprecher von Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan sprach von einem „Skandal“, weil viele Demonstranten verbotene Kennzeichen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mit sich geführt hatten. Etwa 30000 Menschen hatten am Samstag in Frankfurt friedlich für „Demokratie in der Türkei“ und „Freiheit für Kurdistan“ demonstriert. Die Teilnehmer riefen auch zu einem „Nein“ bei dem Referendum am 16. April zur Ausweitung von Erdogans Machtbefugnissen auf. Laut Polizei waren zahlreiche Fahnen und Plakate mit Abbildungen verbotener Symbole sowie Bilder des Chefs der ebenfalls verbotenen

    Gleichzeitig sorgen zurzeit fast täglich geplante oder tatsächliche Auftritte von Vertretern der Partei Erdogans für Aufregung. Nun hat der Konflikt am Samstag auch unsere Region erreicht. Und das ging ohne lange Vorwarnzeit: Das türkische Generalkonsulat in München benachrichtigte die dortige Einsatzzentrale der Polizei. Die Beamten teilten die Neuigkeit den Kollegen im Kemptener Polizeipräsidium mit. Und die wiederum setzten am Samstagvormittag die örtliche Polizei in Günzburg in Kenntnis: Wenige Stunden später werde in der 20000-Einwohner-Stadt Mustafa Yeneroglu eintreffen. Der türkische Parlamentarier gehört der Regierungspartei AKP an und gilt als Erdogans „Sprachrohr“. Dort warb er dann am frühen Abend für die in knapp einem Monat in der Türkei stattfindende Volksabstimmung.

    Allerdings fand das Gespräch hinter verschlossenen Türen statt – in einem Haus in der Bahnhofstraße. Ein türkischer Unternehmer aus Günzburg hatte den Politiker eingeladen – und noch etwa weitere 50 Personen, die den Ausführungen des Erdogan-Mannes lauschten. Was im Einzelnen gesagt wurde, wissen nur die Teilnehmer. Wie die Sicherheitskräfte vor Ort präsent waren, verriet Günzburgs Polizeichef Stefan Müller, der wegen der Veranstaltung außerplanmäßig seinen Dienst verrichtete, nicht. Das seien polizeitaktische Maßnahmen, hieß es.

    Ein Gefährdungspotenzial durch diese „Veranstaltung in geschlossenen Räumen“ sah der Dienststellenleiter eigenen Angaben zufolge nicht. Dennoch sei die Zusammenkunft von gewissem öffentlichem Interesse. Daher habe die Polizei die Teilnehmerzahl und die tatsächliche Art des Treffens überprüft und auch, ob gesetzliche Bestimmungen eingehalten worden seien. Nach Informationen unserer Zeitung diskutierten verschiedene Behördenvertreter in einer „Vorbesprechung“, ob der Yeneroglu-Auftritt untersagt werden könne. Offenbar gab es keine Handhabe oder keinen Anlass für ein Verbot. Nach der Ansprache in Günzburg reiste der Politiker nach Neu-Ulm weiter, wo er sich ebenfalls vor einem geladenen Kreis für das Referendum aussprach, das die Machtbefugnis Erdogans ausweiten soll.

    Der 41-jährige Yeneroglu kam mit seinen Eltern als Kleinkind nach Deutschland. Er studierte Jura in Köln und Izmir. Bis vor zwei Jahren war er Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs, die nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz ein antidemokratisches Staatsverständnis hat. Yeneroglu ist Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament. (mit afp)

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