Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Heftige Unwetter: Stürmischer Klimawandel vor der Haustür

Heftige Unwetter

Stürmischer Klimawandel vor der Haustür

    • |
    Die Erde: Der Klimawandel ist allenfalls zu bremsen, sagen Experten. Und die Veränderungen werden auch vor der Haustür, in unserer Region, zu spüren sein.
    Die Erde: Der Klimawandel ist allenfalls zu bremsen, sagen Experten. Und die Veränderungen werden auch vor der Haustür, in unserer Region, zu spüren sein.

    Klima-Forscher gehen davon aus, dass auch Bayern überdurchschnittlich von einem Anstieg der Temperaturen betroffen sein wird. Die Experten erwarten häufiger Hochwasser und heftigere Unwetter.

    Das klingt nicht schlecht: In 40 Jahren soll es in Dillingen an der Donau 68 Sommertage pro Jahr geben, während derzeit nur an 39 Tagen das Thermometer über 25 Grad klettert. Selbst das über 800 Meter hoch gelegene Oberstdorf darf sich bis 2050 auf 47 statt bisher 28 Sommertage freuen.

    An acht Tagen im Jahr soll es zu Füßen des Nebelhorns sogar mehr als 30 Grad heiß werden - bisher ist das im Durchschnitt nur dreimal der Fall. Und in Augsburg sollen sich die extrem heißen Tage sogar von sechs auf zwölf verdoppeln.

    Doch diese Aussagen aus der Kliwa-Studie ("Klimaveränderung und Wasserwirtschaft"), die unter anderem von der Staatsregierung in Auftrag gegeben wurde, spiegeln nur die eine, die angenehme Seite wider. Die Forscher bringen die Klimaentwicklung in Süddeutschland insgesamt auf diesen Nenner: "Trockene Sommer - feuchte Winter". Beide Entwicklungen führen aber dazu, dass die Hochwassergefahr steigt, auch die Tendenz zur sommerlichen Dürre trägt ihren Teil dazu bei.

    Was sich wie ein Widerspruch anhört, hängt in Wahrheit eng zusammen. Denn ausgetrocknete Böden können kaum Wasser speichern, bei Starkregen entstehen in kurzer Zeit verheerende Fluten. Damit gehört eine Gefahr, die heute zum Beispiel aus dem Mittelmeerraum bekannt ist, auch zur Klimazukunft Süddeutschlands.

    Die bayerische Staatsregierung hat daraus bereits Konsequenzen gezogen, die Geld kosten: Sie erhöhte den Ausbaustandard im Hochwasserschutz um einen "Klimafaktor" von 15 Prozent.

    Einen Vorgeschmack auf gefährliche Hochwasser hat Bayern bereits erlebt: Auf die Pfingstflut 1999, bei der fünf Menschen starben und alleine in Augsburg mehr als 1000 Gebäude beschädigt wurden, folgten 2002 und 2005 weitere dramatische Überflutungen im Freistaat. "Die Jahrhundertereignisse kommen immer schneller und werden immer umfangreicher", stellte dazu der Klimaforscher Prof. Wolfgang Seiler fest.

    Vom Anstieg der Temperaturen ist Bayern besonders stark betroffen. Während diese bundesweit seit Beginn der Industrialisierung um durchschnittlich knapp 0,8 Grad zunahmen, waren es in Süddeutschland bereits 1,2 Grad. Eine Besonderheit Südbayerns ist laut der Kliwa-Studie, dass die Erwärmung bis 2050 im Winter (circa plus 2 Grad) stärker ausfallen wird als im Sommer (plus 1,4 Grad).

    Da in der kälteren Jahreszeit aber gleichzeitig die Niederschläge zunehmen, wird laut den Abschätzungen der Forscher künftig von Dezember bis Februar mehr Regen, aber weniger Schnee fallen. Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts für Meteorologie könnten die Temperaturen im Alpenraum bis zum Ende des Jahrhunderts sogar um vier Grad ansteigen.

    Dann fiele nur noch ein Sechstel des Niederschlags als Schnee - derzeit ist es ein Drittel. Bei einer Erwärmung von vier Grad wäre die Zugspitze das einzige Skigebiet in Bayern, das noch als "schneesicher" (mindestens 100 Tage mit mehr als 30 Zentimetern Schnee) gelten darf, ergab eine OECD-Untersuchung.

    Doch so paradox es klingt: Selbst diese Prognosen können für die Zukunft eine Schneekatastrophe nicht ausschließen, wie sie sich Anfang 2006 in Bayern ereignete. 15 Menschen starben beim Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall, in Ostbayern türmte sich der Schnee drei Meter hoch auf den Dächern, es gab weitere Todesfälle und Schäden von rund 100 Millionen Euro.

    Der Geowissenschaftler Ulrich Strasser von der Ludwig-Maximilians-Universität München hält solche Katastrophen künftig sogar für noch wahrscheinlicher. Seine Erklärung: Im wärmeren Klima wird es weiterhin Frosttage geben, und die künftig zahlreicheren Extermniederschläge können dann eben auch als Schnee fallen.

    Dies ist übrigens auch der Grund, warum der Freistaat in den kommenden Jahrzehnten nach Ansicht von Klimaforscher Seiler kein lupenreines Mittelmeer-Klima bekommen wird: Immer wieder auftretende Kälteeinbrüche werden verhindern, dass am Ammerseeufer die Palmen wachsen.

    Die Kyrill-Schadensbilanz: 2,4 Milliarden Euro

    Einig sind sich die Forscher, dass durch den Klimawandel die Zukunft stürmischer wird; Bayern sei davon genauso betroffen wie ganz Deutschland. Die Klimamodelle ließen zwar nicht unbedingt mehr Stürme erwarten, aber diese dürften heftiger ausfallen, konkretisiert der Naturgefahren-Analyst Andreas Reiner von der Deutschen Rückversicherung.

    Der vorerst letzte Beleg für diese These: Im Januar 2007 fegte "Kyrill" über ganz Europa hinweg. Alleine in Deutschland beschädigte dieser Sturm 1,7 Millionen Häuser, knickte 500 Strommasten um und legte den Bahn- und Flugverkehr lahm. Die Höhe der versicherten Schäden in der Bundesrepublik betrug 2,4 Milliarden Euro.

    Doch so immens diese materiellen Verluste auch waren - der Meteorologe Jörg Kachelmann sieht es noch als einen Glücksfall an, dass "Kyrill" nicht so hohe Windgeschwindigkeiten erreichte wie "Lothar" im Dezember 1999. Kachelmann: "Sollte eines Tages ein ,Lothar' von den Ausmaßen des ,Kyrill' auftreten, wären die Schäden unabsehbar." Winfried Züfle

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden