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Günther Jauch: Björn Höcke, der seltsame AfD-Mann mit der Fahne

Günther Jauch

Björn Höcke, der seltsame AfD-Mann mit der Fahne

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    Sonntag in der ARD: Björn Höcke gestikuliert, Heiko Maas wendet sich ab, Günther Jauch ist verblüfft und Anja Reschke schweigt lieber (von links).
    Sonntag in der ARD: Björn Höcke gestikuliert, Heiko Maas wendet sich ab, Günther Jauch ist verblüfft und Anja Reschke schweigt lieber (von links). Foto: Screenshot ARD

    Sollte es in der AfD noch Leute geben, die ihre Partei nicht am äußersten dumpf-rechtspopulistischen Rand verorten, dann müssen sie am Sonntagabend die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Der Auftritt ihres Mitstreiters Björn Höcke bei Günther Jauch war jedenfalls derart bizarr, das man sich als Zuschauer nur schwer zwischen Mitleid, Wut und Erheiterung entscheiden konnte. Mit einer Mischung aus Vorurteilen, frei erfundenen Behauptungen und putziger Deutschtümelei redete sich der thüringische AfD-Fraktionschef um Kopf und Kragen. An der Seite dieses unfreiwillig komischen Herrn lief sogar der sonst eher farblose Justizminister Heiko Maas zu beachtlicher Form auf.

    Björn Höcke war genau der richtige Gast

    Das Thema der Sendung hieß „Pöbeln, hetzen, drohen – wird der Hass gesellschaftsfähig?“ Insofern war Höcke genau der richtige Gast. Bei Demos in Erfurt schwadroniert er gerne über die „wenigen deutschen Kinder in Berlin“, die nur noch „Kanaksprach“ reden. Er ruft: „Erfurt ist schön deutsch und schön deutsch soll Erfurt bleiben.“ Oder er brüllt, vom johlenden Publikum enthusiasmiert: „Thüringer, Deutsche! 3000 Jahre Europa! 1000 Jahre Deutschland!“ Dass Adolf Hitler mal vom tausendjährigen Reich sprach? Zufall. Ganz bestimmt.

    Damit sich jeder selbst ein Bild machen kann, zeigt Jauch Ausschnitte aus Höckes Reden. Dann fragt er: „Herr Maas, was wir da gerade gesehen haben...“ Da fällt ihm der SPD-Politiker schon ins Wort und vervollständigt den Satz selbst: „... ist widerlich.“ Den lautstarken Applaus quittiert Höcke mit einem verkniffenen Lächeln und schweigt. Womöglich ist er noch zu ergriffen von sich selbst. Minuten zuvor hatte er ein Deutschlandfähnchen aus der Sakkotasche gezogen, von der „tiefen Liebe“ zu seinem Land gesprochen und das schwarz-rot-goldene Stück Stoff über seine rechte Stuhllehne gehängt. Damit wolle er den Zuschauern beweisen, „dass die AfD die Stimme des Volkes spricht – gegen eine verrückt gewordene Altparteienpolitik.“

    Nichts Konstruktives von Björn Höcke bei Günther Jauch

    Björn Höcke spricht am 7. Oktober in Erfurt auf einer Demonstration gegen die Asylpolitik. Die rechtskonservative AfD hatte zur Demonstration aufgerufen.
    Björn Höcke spricht am 7. Oktober in Erfurt auf einer Demonstration gegen die Asylpolitik. Die rechtskonservative AfD hatte zur Demonstration aufgerufen. Foto: Martin Schutt, dpa

    Konstruktives ist von Höcke nicht zu hören. Dafür korrigiert er seine Aussage, dass „die Angsträume für blonde Frauen größer werden“ – selbstverständlich hätten auch brünette und rothaarige Angsträume, stellt er nun klar. Als er zum wiederholten Male behauptet „Dieses Volk hat Angst“, platzt der Journalistin Anja Reschke, die ebenfalls in der Runde sitzt, der Kragen. Selbst 10.000 Demonstranten in Erfurt seien noch lange nicht „das Volk“.

    Zur Einordnung: Die Sorgen gibt es natürlich, in Umfragen kommt die „Wir sind das Volk“-AfD trotzdem nur auf knapp sieben Prozent. Das kümmert Höcke wenig. Warum soll man sich mit Fakten herumschlagen, wenn es viel einfacher geht: Auch auf die Frage, warum es ausgerechnet in ostdeutschen Ländern mit dem bundesweit kleinsten Ausländeranteil die größten Ressentiments gegen Flüchtlinge gibt, hat er eine erstaunliche Antwort: Viele Thüringer und Sachsen arbeiteten doch unter der Woche in „westlichen Ballungszentren“, sagt er und fügt hinzu: „Viele sind in Sorge über die Zustände in diesen Großstädten, in Dortmund, in Essen, in Frankfurt, in Mannheim. Und sie wollen diese Zustände eben nicht in Dresden und in Erfurt haben“. Klingt ein bisschen wie früher die Warnungen der DDR-Führung vor dem bösen Westen, wo alle Bürger kriminell und drogenabhängig seien. Ganz abgesehen davon, dass Arbeitsmarktexperten bisher nichts von einer Berufspendlerwelle zwischen Dresden und Essen (548 Kilometer, einfach) bekannt war.

    Egal, der Mann mit der Fahne lässt sich nicht beirren. Als er am Ende auch noch Jauch mit nebulösen Vorwürfen konfrontiert und der Moderator mit Verständnisproblemen kämpft, spricht Maas das treffende Schlusswort: „Is’ egal, lassen sie ihn“, sagt er zu Jauch und winkt ab. Wenn es nur so einfach wäre.

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