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Große Koalition: Sterbehilfe-Gesetz: Eine Frage auf Leben und Tod

Große Koalition

Sterbehilfe-Gesetz: Eine Frage auf Leben und Tod

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    Sterbehilfe-Gesetz: Eine Frage auf Leben und Tod
    Sterbehilfe-Gesetz: Eine Frage auf Leben und Tod

     Wenn der Krebs nicht mehr zu stoppen ist oder eine unheilbare Nervenkrankheit ihnen das Atmen schier unmöglich macht, sehnen sich viele Patienten nach einem schnellen, selbstbestimmten Tod. Mehr als zwei Drittel der Deutschen möchten nach einer Umfrage des Forsa-Institutes im Falle einer schweren Krankheit die Möglichkeit haben, ihrem Leben mit fremder Hilfe ein Ende zu setzen. Ob die von der Koalition versprochene Regelung zur Sterbehilfe tatsächlich so weit geht, ist jedoch fraglich. Bisher geben im Bundestag die Gegner einer Liberalisierung den Ton an.

    Wolfgang Bosbach hat selbst Krebs und ein schwaches Herz obendrein – für eine Lösung nach Schweizer Vorbild aber ist der Innenexperte der CDU nicht zu haben. Dort ist die Sterbehilfe erlaubt, so lange Organisationen wie Dignitas oder Exit keine eigennützigen, also kommerziellen Ziele verfolgen. Bosbach sieht das gleichwohl skeptisch: Solche Vereine, warnt er in einem Interview der Deutschen Presseagentur, „erwecken leider nicht selten den Eindruck, dass ihre Arbeit nötig sei, weil in Deutschland ein menschenwürdiges Sterben ohne ihre Unterstützung kaum möglich sei.“ Mit einer besseren Palliativmedizin und einem dichten Netz an Hospizen dagegen, argumentiert er, würde sich das schnell ändern. Dann kämen viele Schwerkranke gar nicht erst auf die Idee, zum Sterben in die Schweiz zu fahren. Auch deshalb sammelt Bosbach in seinem Wahlkreis im Bergischen Land regelmäßig Geld für zwei Hospize.

    Das Töten auf Verlangen ist verboten

    Bisher gibt es in Deutschland noch kein Gesetz, das die Sterbehilfe bei unheilbaren Krankheiten regelt. Wer einem Todkranken Gift oder ein tödliches Medikament besorgt, macht sich nach der geltenden Rechtslage noch nicht strafbar, wer es ihm auch verabreicht schon. Das Töten auf Verlangen, wie es juristisch korrekt heißt, ist verboten, die Beihilfe zum Suizid nicht.

    Ein Gesetzentwurf der damaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), nach dem Angehörige und enge Freunde als Sterbehelfer in jedem Fall straffrei geblieben wären, war in der letzten Legislaturperiode am Widerstand der Union gescheitert. Damit gibt es in der EU nach wie vor nur drei Länder, die die aktive Sterbehilfe erlauben: Belgien, die Niederlande und Luxemburg. In Frankreich und Großbritannien wird im Moment allerdings ebenfalls über eine Lockerung diskutiert.

    Bei diesem Gesetz wird der Fraktionszwang wohl aufgehoben

    Wie immer, wenn es um Fragen von Leben und Tod geht, um eine Gewissensentscheidung also, wollen Union und SPD auch in den Abstimmungen über das geplante Sterbehilfe-Gesetz den Fraktionszwang aufheben. Welche Modelle am Ende zur Wahl stehen werden, ein strenges und ein weniger strenges womöglich, ist noch unklar. Bisher hat sich erst das Lager der Gegner formiert, angeführt vom neuen Gesundheitsminister Gröhe (CDU), der davon ausgeht, dass noch in diesem Jahr eine Entscheidung fällt, und am liebsten jede Form der organisierten Sterbehilfe verbieten würde, auch die mit medizinischer Hilfe. Ein Arzt habe die Aufgabe, Leben zu schützen, sagt Gröhe. „Daran möchte ich unbedingt festhalten.“ Auch der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering, der sich vor sieben Jahren vorübergehend aus der Politik zurückgezogen hatte, um seine krebskranke Frau auf der letzten Etappe ihres Lebens zu pflegen, ist strikt gegen das Töten auf Verlangen nach dem Motto „mein Tod gehört mir“.

    Mit abstimmen kann Müntefering nicht mehr – der 74-Jährige ist aus dem Bundestag ausgeschieden. In seiner Partei allerdings argumentieren bei Weitem nicht alle Genossen so kategorisch wie er. Martin Burkert zum Beispiel, der Chef der bayerischen SPD-Landesgruppe, kann sich vorstellen, für ein Gesetz zu stimmen, das die Sterbehilfe in engem Rahmen unter der Beteiligung eines Arztes erlaubt: „Darüber muss man reden.“ Eine organisierte Form wie in der Schweiz, möglicherweise sogar mit kommerziellem Hintergrund, „geht aber auch mir zu weit“. Wie bei der Organspende, der Präimplantationsdiagnostik oder der Patientenverfügung handle es sich auch bei der Sterbehilfe um eine „hochsensible Frage“, sagt Burkert, der trotz Gröhes Vorstoß nicht an eine schnelle Entscheidung glaubt. Unter den Abgeordneten sei über das Thema bisher noch nicht groß gesprochen worden, geschweige denn ein Gesetzentwurf in Sicht. „Das wird noch dauern.“

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