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Große Koalition: Italien hat eine neue Regierung

Große Koalition

Italien hat eine neue Regierung

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    Der Mann mit dem Glöckchen ist am Ziel: Enrico Letta gelang es am Wochenende, eine Große Koalition zu schmieden. Auch die Partei von Ex-Ministerpräsident Mario Monti (rechts) ist mit von der Partie. Er leitete zuletzt ein Kabinett aus parteilosen Fachleuten.
    Der Mann mit dem Glöckchen ist am Ziel: Enrico Letta gelang es am Wochenende, eine Große Koalition zu schmieden. Auch die Partei von Ex-Ministerpräsident Mario Monti (rechts) ist mit von der Partie. Er leitete zuletzt ein Kabinett aus parteilosen Fachleuten. Foto: Ettore Ferrari, dpa

    Enrico Letta hat es geschafft. Der mit der Regierungsneubildung beauftragte sozialdemokratische PD-Politiker hat 62 Tage nach den Wahlen und nach zahlreichen politischen Schwierigkeiten am Wochenende sein erstes Kabinett vorgestellt. Es ist eine Große Koalition mit 21 Ministern, darunter sieben Frauen, etliche jüngere Politiker und Experten. Das Durchschnittsalter liegt bei 53 Jahren – ungewöhnlich jung für Italien. Allerdings sind nur elf von ihnen auch Parlamentarier.

    Die großen Parteien wie der knappe Wahlsieger PD und Berlusconis Haus der Freiheit sind vertreten. Auch die Partei des Ex-Ministerpräsidenten Mario Monti ist mit von der Partie. Doch die Veteranen selbst kamen nicht ins Kabinett. Das Ende im lange erfolglosen Gerangel um eine Regierung in Italien kam erst, als Staatspräsident Giorgio Napolitano sich überraschend zur Wiederwahl gestellt hatte.

    Sonntags durfte der altehrwürdige Staatspräsidentenpalast Quirinale in Rom besichtigt werden. Gestern wurde aus diesem allwöchentlichen Termin für die Öffentlichkeit am Vormittag zu einem kleinen Bürgerfest. Während die Besucher Schlange standen, trafen sich die Kabinettsmitglieder zur Vereidigung im Festsalon. Viele kamen zu Fuß zu den Feierlichkeiten. Einige, die mit dem Zug angereist waren, erreichten den Palast im letzten Moment. Wartende klatschten, als Regierungschef Enrico Letta vorfuhr. Er brauchte von seiner Wohnung im populären

    Frühere EU-Präsidentin Bonino wird Außenministerin

    Im Saal wechselten die neuen Minister erste Worte. Etliche kannten sich bisher überhaupt nicht. Emma Bonino fällt auf zwischen den vorwiegend dunkel gekleideten Versammelten mit ihrer frechen roten Jacke. Die 65-jährige frühere EU-Kommissarin, kämpferische Bürgerrechtlerin und viel gereiste Politikerin der Radikalen Partei ist seit gestern Außenministerin. Sie spricht sieben Sprachen, auch Arabisch. Angelino Alfano, 42, rechte Hand von Berlusconi, wurde Vizepremier und neuer Innenminister. In früheren Regierungen war er bereits Justizminister. Dieses Amt ist jetzt der Monti-Anhängerin Anna Maria Cancellieri, 69, zugefallen. Das bedeutende Wirtschaftsamt erhielt mit Fabrizio Saccomanni ein allseits geschätzter Finanzexperte. Der 70-Jährige ist Generaldirektor der Bankitalia. Ministerin für Landwirtschaft wurde die 37-jährige Nunzia De Girolamo von der Berlusconi-Partei. Cécile Kyenge, 48, zuständig für Integration, ist Italiens erste farbige Ministerin. Die Augenärztin und Mutter von zwei Kindern wurde im Kongo geboren. Die PD-Politikerin Josefa Idem, 48, Olympiasiegerin im Kanufahren, im deutschen Goch geboren, wurde durch die Ehe mit ihrem Trainer 1992 Italienerin. Sie geht als Sportministerin ins Kabinett.

    Zwei Carabinieri und eine schwangere Frau angeschossen

    Doch dann überschlugen sich die Ereignisse: Während die Minister den Eid sprachen, fielen vor dem Regierungssitz Palazzo Chigi wenige hundert Meter entfernt Schüsse. Zwei dort Wache haltende Carabinieri und eine schwangere Passantin werden verletzt. Nach ersten Angaben handelte es sich bei dem gleich festgenommenen Schützen um einen angeblich psychisch gestörten Süditaliener. Zusammenhänge mit der Einsetzung der neuen Regierung wurden bisher nicht ermittelt.

    Doch die vorgesehene kleine Feier nach der Vereidigung im Staatspräsidentenpalast wurde dennoch abgesagt. Napolitano eilte sofort in sein Büro, die Minister begaben sich in ihre Ministerbüros – gleich am Mittag wurde die erste Regierungssitzung einberufen. Die Zeit drängt, denn schon am heutigen Montag will Enrico Letta sein Programm im Parlament vorstellen. Dringende Wirtschaftsmaßnahmen und die Änderung des Wahlgesetzes gehören dazu. Letzteres war der Hauptgrund, warum das politische Votum vom Februar in Italien keine klaren Mehrheiten gebracht hatte. Beppe Grillo, dessen Fünf-Sterne-Bewegung 25 Prozent erreicht hatte, kündigte bereits eine harte Opposition an. Die neue Koalition sei „Gruppensex in bester Bunga-Bunga-Tradition“, erklärte der Komiker.

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