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Großbritannien: Labour-Partei: Der Sieg des Spalters Jeremy Corbyn

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Labour-Partei: Der Sieg des Spalters Jeremy Corbyn

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    Jeremy Corbyn hat die Wahl zum Labour-Chef klar gewonnen. Seine Anhänger sind begeistert. Aber das halbe Labour-Kabinett hat umgehend seine Posten aufgegeben.
    Jeremy Corbyn hat die Wahl zum Labour-Chef klar gewonnen. Seine Anhänger sind begeistert. Aber das halbe Labour-Kabinett hat umgehend seine Posten aufgegeben. Foto: Andy Rain, (dpa)

    Die britische Labour-Partei hat nun einen neuen Vorsitzenden: Jeremy Corbyn. Nach dessen Wahl legten zahlreiche Parteimitglieder ihr Amt nieder.

    Der „Bürgerkrieg“ bei Labour, wie ihn Medien nannten, brach nur Minuten nach der sensationellen Verkündung aus. Der Sozialist Jeremy Corbyn wurde zum neuen Chef der britischen Arbeiterpartei gekürt – und fast die Hälfte seines Schattenkabinetts meuterte. Dabei hatte der 66-Jährige, der seit drei Jahrzehnten als radikaler Hinterbänkler im Parlament sitzt, mit 59,5 Prozent der Stimmen einen überwältigenden Sieg eingefahren. Und sich überraschend klar gegen drei Mitbewerber durchgesetzt, deren Programme sich kaum vom bisherigen Labour-Weg unterschieden. Die Neuwahl war notwendig geworden, weil der bisherige Chef Ed Miliband nach der desaströsen Niederlage bei der Parlamentswahl im Mai zurückgetreten war.

    Partei steht fundamentaler Wandel bevor

    Der Partei steht jetzt ein fundamentaler Wandel bevor. Corbyn gehört zu den energischsten Kritikern der Sparpolitik der konservativen Regierung, er fordert höhere Steuern für Reiche und den Austritt aus der Nato, eine Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und die Abschaffung der britischen Atomwaffen. Seine Pläne sind ein Albtraum für jene Parteikollegen, die den wirtschaftsfreundlichen New-Labour-Kurs des Ex-Premiers Tony Blair unterstützen.

    Auch die Konservativen geiferten sofort, Labour sei nun „ein ernsthaftes Risiko für die Sicherheit unserer Nation, unserer Wirtschaft und unserer Familien“. Konservative Medien zeigten sich gestern fast schadenfroh: „Rot und beerdigt“, hieß es bei der Mail on Sunday, der Sunday Express schrieb „Bye Bye Labour“ und der Sunday Telegraph titelte „Der Tod von New Labour“.

    Corbyns größte politische Herausforderung wurde denn auch sofort nach Verkündung des Abstimmungsergebnisses offenbar: Noch während er seine Antrittsrede hielt, legte mit Jamie Reed der erste Minister im Schattenkabinett sein Amt nieder, zahlreiche Kollegen folgten am Wochenende seinem Beispiel. Die Partei ist tief gespalten. Viele werden dem radikalen Klassenkämpfer die Gefolgschaft verweigern. Oder sind zumindest auf Konfrontationskurs.

    Zahlreiche Parteimitglieder legten nach Corbyns Wahl ihr Amt nieder

    Das weiß auch Corbyn. Dementsprechend versöhnlich trat er am Samstag auf. Die Partei werde vereint und absolut entschlossen für eine bessere und gerechtere Gesellschaft kämpfen, versprach der Mann mit dem weißen Vollbart und den unumstößlichen Prinzipien. Um eine starke Opposition zu bilden, braucht er eine Partei, die zusammenhält und einen Konsens findet.

    Von seinen Fans wird Corbyn gefeiert wie ein Superstar. Er spricht sie an, wenn er etwa gegen Banken und die Finanzelite wettert. Die Kluft zwischen Arm und Reich klafft im Königreich wie in kaum einer anderen Industrienation auseinander, der Aufschwung kommt nur bei wenigen an. Und Corbyn tritt als Gegenmodell zu seinen von PR-Profis herausgeputzten Politikkollegen in Westminster auf. Er wirkt authentischer und man nimmt ihm ab, was er sagt.

    Das verfängt bei der Basis, die noch immer unter Blairs Entscheidung zum Irak-Krieg leidet. Der unbeliebte Ex-Premier führte die Schlammschlacht gegen Corbyn an und warnte vor einer „Vernichtung der Partei“. Viele Mitglieder fürchten, Labour könne die Fehler der 80er Jahre wiederholen, als das Land in Klassenkämpfen und Misswirtschaft versank.

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