Die Corona-Pandemie, der Gasstreit mit der Türkei, das Chaos im Flüchtlingslager Moria:Kyriakos Mitsotakis kämpft an vielen Fronten. 14 Monate nach seiner Wahl zum griechischen Ministerpräsidenten hat er hervorragende Umfrageergebnisse. Auch im Ausland genießt er hohes Ansehen.
„Es war gewiss nicht, was ich bei meinem Amtsantritt erwartet habe“ sagt Mitsotakis. Vor allem eines habe er lernen müssen: mit mehreren Krisen gleichzeitig umzugehen. Mitsotakis kommt aus einer alten Polit-Dynastie. Sein Vater Konstantinos war Premierminister, seine Schwester Außenministerin. Die Linie der Familie reicht zurück bis zum liberalen Eleftherios Venizelos, der das Land zwischen 1910 und 1933 insgesamt 15 Jahre regierte. Dennoch ist Mitsotakis kein Repräsentant der alten Elite.
Corona wird zu einer von mehreren Krisen für Kyriakos Mitsotakis
Als der dreifache Vater im Juli 2019 antrat, versprach er seinem Land den wirtschaftlichen Neustart nach fast zehn Jahren Rezession. Aber dann kam es knüppeldick: Erst belagerten Ende Februar zehntausende Migranten die türkisch-griechische Grenze, dann kam Corona. Mit ihrem anfangs erfolgreichen Epidemie-Management erntete die Regierung Mitsotakis zwar international viel Anerkennung, aber inzwischen steigen die Zahlen wieder. Griechenlands Wirtschaft könnte in diesem Jahr um neun Prozent einbrechen, das wäre der tiefste Absturz seit dem Krisenjahr 2011.
Gleichzeitig droht ein bewaffneter Konflikt mit der Türkei, die im Mittelmeer den Griechen ihre Bodenschätze streitig macht. Und nun wird mit dem Brand in Moria auch die Flüchtlingskrise wieder virulent. Kein europäischer Regierungschef muss derzeit mit so vielen Herausforderungen umgehen wie Mitsotakis.
Hartes Auftreten macht den Premierminister in Griechenland populär
Die Mehrheit der Griechen gibt ihm für sein Krisenmanagement gute Noten. Den Vorsprung zum Linksbündnis Syriza hat seine konservative Nea Dimokratia seit der letzten Wahl von acht auf über 20 Prozent ausgebaut. Auch im direkten Vergleich mit Oppositionschef Alexis Tsipras steht Mitsotakis, gut da. Anders als sein Vorgänger, der nach anfänglichem Widerstand vor den internationalen Geldgebern kapitulierte und alle Sparauflagen bis zur Selbstaufgabe umsetzte, tritt Mitsotakis in der EU nicht unterwürfig auf. Er kann ein unbequemer Partner sein – zum Beispiel, wenn der 52-Jährige jetzt im Streit mit der Türkei nachdrücklich die Solidarität der Union einfordert.
Die soziale Sprengkraft des Migrationsthemas hat Mitsotakis lange unterschätzt. Bei seinem Amtsantritt löste er sogar das Ministerium für Migration auf und verteilte dessen Kompetenzen auf andere Ressorts. Das funktionierte nicht, und wenige Monate später etablierte Mitsotakis das Ministerium wieder. Dennoch wurde die Regierung von der Revolte und den Brandstiftungen im Lager Moria kalt erwischt. In Wirtschaftskreisen genießt der Harvard-Absolvent und frühere Investmentbanker dafür hohes Ansehen. Wenn jemand internationale Investoren gewinnen kann, dann ist es er.
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