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Gipfel: Zeit für eine Wende

Gipfel

Zeit für eine Wende

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    Die Kühltürme des Kernkraftwerks Gundremmingen (Kreis Günzburg): Ab dem Jahr 2021 soll hier kein Strom mehr produziert werden. An die Stelle der Atomkraft sollen erneuerbare Energien treten.
    Die Kühltürme des Kernkraftwerks Gundremmingen (Kreis Günzburg): Ab dem Jahr 2021 soll hier kein Strom mehr produziert werden. An die Stelle der Atomkraft sollen erneuerbare Energien treten. Foto: Bernhard Weizenegger

    Berlin Von wegen 100 Tage Schonfrist für einen Neuling in einem politischen Amt. Peter Altmaier, der neue Bundesumweltminister, erhielt gerade einmal einen Tag Zeit, um sich in die komplexe Materie seines Amtes und die gewaltigen Herausforderungen, die mit der Energiewende verbunden sind, einzuarbeiten. Genau 25 Stunden, nachdem er aus den Händen von Bundespräsident Joachim Gauck seine Ernennungsurkunde erhalten hatte, ging es für Altmaier gestern bei einem Gipfel der Bundesregierung mit den 16 Ministerpräsidenten im Kanzleramt bereits um das große Ganze: Wie kann nach dem vor einem Jahr beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie der Dreiklang aus Versorgungssicherheit, Stabilität der Netze und Bezahlbarkeit der Energie gesichert werden?

    Die Gemengelage könnte dabei unübersichtlicher und verworrener kaum sein, ziehen sich doch die Fronten quer durch die Lager und mitten durch die Parteien. Schon im Bundeskabinett sind drei Minister mit der Umsetzung der Energiewende beauftragt, die unterschiedliche, teilweise sogar kontroverse Interessen verfolgen. Während im CDU-geführten Umweltministerium der Ausbau der erneuerbaren Energien Vorrang hat, plädiert FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler lautstark für den Bau neuer konventioneller Kraftwerke und eine Begrenzung der Ökostrom-Förderung. Dagegen hofft CSU-Bauminister Peter Ramsauer auf mehr Geld für die Gebäudesanierung.

    Alles andere als einen monolithischer Block stellen auch die 16 Ministerpräsidenten dar, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Die Nord- und Ostsee-Anrainer drängen auf eine stärkere Förderung der Windkraftanlagen auf hoher See und die schnelle Verlegung der fehlenden Leitungen, Niedersachsen pocht auf eine Klärung der Endlagerfrage, die wirtschaftlich starken Südländer verlangen einen Ausbau der Netze und den Bau von Gaskraftwerken. So preschte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer, der schon seit längerem Fortschritte bei der Umsetzung der Energiewende anmahnt, vor dem Gipfel mit seiner Ankündigung eines bayerischen Alleingangs und einer Rückkehr zu einem eigenen staatlichen Energieversorger nach dem Vorbild des früheren „Bayernwerk“ vor.

    Und der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, der Sozialdemokrat Erwin Sellering, forderte die Bundesregierung auf, den Ausbau der Netze aus eigener Tasche zu bezahlen. Der Netzausbau sei Sache des Bundes, nicht der Länder. Dagegen appellierte Wirtschaftsminister Philipp Rösler an die Länder, beim Netzausbau stärker zu kooperieren. „Es ist nicht hilfreich, wenn 16 einzelne Länder eigene, oft auf Eigenversorgung basierende Konzepte vorlegen.“

    Angesichts dieser Ausgangslage blieb der Energiegipfel im Kanzleramt ohne konkrete Ergebnisse. Bund und Länder tauschten vor allem ihre Standpunkte aus, ohne sich näherzukommen. „Die Energiewende ist eine große Aufgabe, man kann sagen, eine Herkulesaufgabe, der wir uns verpflichtet fühlen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel hinterher.

    Künftig soll es halbjährliche Treffen geben, um die erzielten Fortschritte wie die noch nicht erledigten Aufgaben zu identifizieren. Noch vor der Sommerpause soll eine bundesweite Netzplanung vorgelegt werden, die dann bis Jahresende verabschiedet werden könnte. „Wir wollen den Erfolg“, sagte die Bundeskanzlerin. Eindringlich appellierte sie an die Länder, im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat ihren Widerstand gegen Steuervergünstigungen für energetische Gebäudesanierung und die Kürzung der Solarförderung aufzugeben. „Die Zeit drängt.“ Optimismus verbreitete der neue Umweltminister Peter Altmaier. Er sehe die Chance auf einen nationalen Konsens. Der scheidende Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Peter Harry Carstensen (CDU), mahnte, die Energiewende dürfe „nicht am Föderalismus scheitern“.

    Parallel dazu erhöhten auch die Wirtschaft und die Umweltverbände den Druck auf den Bund und die Länder. Aber auch deren Interessen liegen weit auseinander. Während die Solarbranche hofft, dass die vom Bundestag beschlossene, vom Bundesrat aber abgelehnte Kürzung der Solarförderung rückgängig gemacht wird, drängen die Betreiber von Windparks auf eine stärkere Berücksichtigung ihrer Belange.

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