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Giftanschlag: Die Spuren im Fall Nawalny deuten auf Nervengift

Giftanschlag

Die Spuren im Fall Nawalny deuten auf Nervengift

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    Mannschaftswagen der Berliner Polizei stehen vor der Charite. Hier wird der russische Oppositionelle Nawalny behandelt.
    Mannschaftswagen der Berliner Polizei stehen vor der Charite. Hier wird der russische Oppositionelle Nawalny behandelt. Foto: Kay Nietfeld

    Die Indizien weisen bei der mysteriösen Vergiftung des Kremlkritikers Alexej immer mehr auf einen Mordanschlag. Obwohl Russland die Verlegung des prominentesten Widersachers von Präsident Wladimir Putin nach Deutschland in die Länge gezogen hatte, gelang den Ärzten der Berliner Charité nun offenbar der Nachweis einer Vergiftung des im Koma liegenden 44-Jährigen. „Die klinischen Befunde weisen auf eine Intoxikation durch eine Substanz aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer hin“, hieß es in einer knappen Mitteilung der Charité.

    Fall Alexej Nawalny: Unter die Giftkategorie fallen auch Kampfstoffe

    Die Wirkung des Giftstoffes, sei mehrfach und in unabhängigen Laboren nachgewiesen, auch wenn die konkrete Substanz noch nicht bekannt sei. Unter die sogenannten Cholinesterase-Hemmer fallen nicht nur Schlangengifte und Alzheimer-Medikamente, sondern auch chemische Kampfstoffe – wie das extrem tödliche Giftgas Sarin und das sowjetische Nervengift Nowitschok, das geringsten Mengen Hautkontakt zum Tod führen kann.

    Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny wurde offensichtlich mit einer Substanz vergiftet, die ähnlich in Chemiewaffen wirkt.
    Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny wurde offensichtlich mit einer Substanz vergiftet, die ähnlich in Chemiewaffen wirkt. Foto: Pavel Golovkin, dpa-Archiv

    Nowitschok wurde bei dem Mordanschalg auf den russischen Ex-Agent Sergei Skripal in der englischen Stadt Salisbury eingesetzt. Skripal und seine Tochter überlebten knapp. Eine 44-jährige Britin, die zufällig mit dem als Parfümflasche getarnten Giftbehälter in Kontakt kam, starb.

    Nawalnys Zustand sei ernst, aber es bestehe keine akute Lebensgefahr, so die Klinik. Der Kremlkritker werde mit dem Gegengift Atropin behandelt. Der Ausgang der Erkrankung und Spätfolgen sei offen. Der prominente russische Oppositionelle liegt seit Donnerstag im Koma. Nawalny hatte bei einer Reise in Sibirien in einem Flugzeug unter Schmerzen das Bewusstsein verloren. Zudem wurde bekannt, dass er bei dem Aufenthalt in Sibirien von Sicherheitskräften beschattet worden sein soll.

    Bundesregierung geht offiziell von Anschlag aus

    Auch die Bundesregierung geht nun offiziell von einem Anschlag auf Nawalny aus, wie aus einer gemeinsamen Erklärung von CDU-Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Außenminister Heiko Maas hervorgeht: „Angesichts der herausgehobenen Rolle von Herrn Nawalny in der politischen Opposition in Russland sind die dortigen Behörden nun dringlich aufgerufen, diese Tat bis ins Letzte aufzuklären - und das in voller Transparenz.“

    Solidar-Demonstration in Khabarovsk. Auf dem Plakat, das der Teilnehmer hochhält, steht: «Nawalny wurde vergiftet, wir wissen, wer schuld ist, Alexej du musst leben.».
    Solidar-Demonstration in Khabarovsk. Auf dem Plakat, das der Teilnehmer hochhält, steht: «Nawalny wurde vergiftet, wir wissen, wer schuld ist, Alexej du musst leben.». Foto: Igor Volkov/AP/dpa

    Die Verantwortlichen „müssen ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden“, fordern die Regierungsspitzen. „Wir hoffen, dass Herr Nawalny wieder ganz genesen kann. Unsere guten Wünsche gelten auch seiner Familie, die eine schwere Prüfung durchmacht“, schrieben Merkel und Maas. Der Name von Russlands Präsident Wladimir Putin wird in der Erklärung nicht erwähnt.

    Kremlkritiker Nawalny steht unter Schutz von BKA-Beamten

    In der Klinik wird Nawalny von BKA-Beamten streng bewacht. „Schließlich handelt es sich um einen Patienten, auf den mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Giftanschlag verübt worden ist“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert schon vor Bekanntwerden der Charité-Ergebnisse. (mit dpa)

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