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Gewalttat in Hanau: Elf Tote in Hanau: Das steht bislang über die Tat fest

Gewalttat in Hanau

Elf Tote in Hanau: Das steht bislang über die Tat fest

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    Im Zusammenhang mit einer Schießerei in Hanau gab es in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag insgesamt elf Tote, unter ihnen der mutmaßliche Täter und seine Mutter.
    Im Zusammenhang mit einer Schießerei in Hanau gab es in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag insgesamt elf Tote, unter ihnen der mutmaßliche Täter und seine Mutter. Foto: Boris Rössler, dpa

    Ein Deutscher erschießt neun Menschen und wohl auch seine Mutter - der Anschlag von Hanau hat Deutschland erschüttert. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) spricht von einem rassistisch motivierten Terroranschlag. Was bisher über die Tat bekannt ist - und welche Fragen noch offen sind.

    Terror in Hanau: Das ist über den Tathergang bekannt

    - An verschiedenen Orten wurden am Mittwochabend und in der Nacht zum Donnerstag im hessischen Hanau zehn Menschen erschossen und mehrere Menschen verletzt.

    - Die ersten Schüsse fielen den Ermittlern zufolge gegen 22.00 Uhr in der Hanauer Innenstadt, in einem Lokal am Heumarkt und in einer Bar in unmittelbarer Nähe. Auch in einer Seitenstraße liegen vor einem Imbiss Patronenhülsen - noch ist unklar, in welchem Zusammenhang sie mit der Gewalttat stehen.

    - Zeugen sehen nach den Schüssen ein dunkles Fahrzeug wegfahren.

    - Auch im rund zwei Kilometer entfernten Stadtteil Kesselstadt fielen Schüsse. Die Tatorte: ein Auto und in einem Café-Kiosk am Kurt-Schumacher-Platz. Dorthin soll der mutmaßliche Täter nach der ersten Gewalttat mit dem Auto gefahren sein.

    - Stunden später entdeckte die Polizei die Leiche des mutmaßlichen Todesschützen in seiner Wohnung, ebenfalls im Stadtteil Kesselstadt. Dort fanden die Ermittler auch die Leiche seiner 72-jährigen Mutter. Neben dem mutmaßliche Täter befand sich eine Waffe, insgesamt wurden zwei Waffen sichergestellt. Der Vater war zu dem Zeitpunkt ebenfalls in der Wohnung. Dieser war Behörden in der Vergangenheit unter anderem aufgefallen, weil er Beschwerden erhoben hatte. Er hat nach Angaben des Generalbundesanwalts aber Zeugenstatus und ist kein Beschuldigter.

    - Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass der mutmaßliche Täter erst seine Mutter und dann sich umgebracht hat. Beide wurden nach Angaben des Generalbundesanwalts "offensichtlich erschossen". 

    - Durch Zeugenaussagen und Aufnahmen von Überwachungskameras kamen die Ermittler dem Mann auf die Spur. Mit Hilfe des identifizierten Autos konnte die Polizei den Wohnort des mutmaßlichen Täters ausfindig machen. 

    Rechtsradikal, psychisch auffällig: Das wissen wir über den Täter

    - Bei dem Mann handelt es sich um den 43-jährigen Tobias R. aus Hanau. Nach bisherigen Erkenntnissen soll er allein gehandelt haben.

    - Der Mann war seit 2012 im Schützenverein Diana Bergen-Enkheim als Schütze aktiv, wie der Deutsche Schützenverein bestätigte. 

    - Seit 2013 durfte er Waffen besitzen, die erste wurde nach Angaben der zuständigen Behörde 2014 auf die Waffenbesitzkarte eingetragen. Zuletzt seien insgesamt zwei Waffen dort eingetragen gewesen, 2019 wurde die Erlaubnis für Tobias R. von der Kreisbehörde überprüft - ohne Auffälligkeiten.

    - Laut dem Verein selbst war Tobias R. ein "eher ruhiger Typ", der in keiner Weise auffällig geworden sei. Nachbarinnen beschreiben ihn als "ganz unauffälligen jungen Mann". Er habe zudem einen "bisschen verstockten Eindruck gemacht" und sei sehr schüchtern gewesen. Der "Spiegel" zitierte einen früheren Mitarbeiter der Firma, für die Tobias R. gearbeitet hatte, mit den Worten: "Die AfD war ihm nicht radikal genug." Demnach soll er "unglaublich ehrgeizig" und ein Wettkampftyp gewesen sein.

    - Die Ermittler gehen davon aus, dass Tobias R. psychisch krank war. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Holger Münch, sprach von einer offensichtlich "schweren psychotischen Krankheit". 

    - Tobias R. soll zuvor nicht im Visier der Ermittler gewesen sein.

    - Über den Werdegang des Täters gibt es keine offiziellen Angaben. Über sich selbst schrieb der Täter auf seiner Homepage, er habe eine Banklehre absolviert und BWL in Bayreuth studiert. Die Universität in Bayreuth bestätigte, dass Tobias R. dort von September 2000 bis März 2007 Student war. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat er zeitweilig in Oberfranken und in Oberbayern gewohnt. "Zuletzt hat er sich wohl 2018 im südbayerischen Raum aufgehalten."

    Wer sind die Opfer der Terror-Attacke?

    - Tot ist die 72 Jahre alte Mutter des mutmaßlichen Täters

    - Die anderen neun Todesopfer sind zwischen 21 und 44 Jahre alt, wie Generalbundesanwalt Peter Frank mitteilte.

    - Diese Opfer hätten alle einen Migrationshintergrund gehabt.

    - Sechs Menschen seien verletzt worden, eine Person davon schwer.

    Das ist über das Motiv des Täters von Hanau bekannt

    - Die Ermittler gehen von einem rechtsradikalen und rassistischen Hintergrund der Tat aus. Hinweise auf der Homepage des Täters wiesen darauf hin. Frank sprach von einem "zutiefst rassistischen Weltbild".

     - Wenige Tage vor dem Verbrechen hatte der mutmaßliche Täter ein Video mit Verschwörungstheorien bei Youtube veröffentlicht. Darin sagt der Mann etwa, in den USA existierten unterirdische Militäreinrichtungen, in denen Kinder misshandelt und getötet würden.

    - Der Mann behauptet in dem Video, Deutschland werde von einem Geheimdienst gesteuert. Außerdem äußert er sich negativ über Migranten aus arabischen Ländern und der Türkei.

    - Auch auf der Homepage des mutmaßlichen Täters wurde ein Schreiben mit den Verschwörungstheorien veröffentlicht. Zuletzt bearbeitet wurde es am 22. Januar. Er spricht darin laut Frank davon, dass Angehörige bestimmter Volksgruppen vernichtet werden müssten. 

    - Im November 2019 hat die Bundesanwaltschaft eine Strafanzeige von Tobias R. erhalten, die sich gegen eine unbekannte Organisation richtet. Teile davon finden sich Frank zufolge in dem manifestartigen Schreiben auf der Homepage wieder. Tobias R. vermutete darin, dass es eine große Organisation gebe, die sich in Gehirne der Menschen einklinke und so das Weltgeschehen steuert. Ermittlungen wurden wegen der Strafanzeige nicht eingeleitet.

    Was wir über den Terror in Hanau noch nicht wissen

    - Unbekannt ist, wie der Tatablauf genau war und wie lange die Tat gedauert hat. Nicht bekannt ist auch, wo sich der 43-Jährige vor der Tat aufgehalten hat. Mit Hilfe von Spuren in der Wohnung wollen Ermittler klären, was sich dort genau abgespielt hat.

    - Die Ermittler machen bislang auch keine genauen Angaben dazu, wie viele Menschen an welchem Tatort starben - abgesehen von der Wohnung, in der die beiden Leichen gefunden wurden.

    - Auch die Identität der Getöteten und Verletzten wurde zunächst nicht öffentlich gemacht. Die Obduktion der Opfer läuft. 

    - Unklar ist, ob der mutmaßliche Täter Mitwisser oder Unterstützer für seinen Anschlag hatte, möglicherweise auch im Ausland. Dazu laufen die Ermittlungen. Erkenntnisse gibt es bisher nicht.

    - Auch das Verhältnis zur erschossenen Mutter und zu dem Vater, der überlebt hat, ist ungeklärt.

    (Lesen Sie dazu: Wie Politiker auf den mutmaßlichen Anschlag in Hanau reagieren). (AZ, dpa)

    Alle Infos zur aktuellen Entwicklung in Hanau finden Sie in unserem Live-Blog.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Wie wir auf rechten Terror antworten müssen

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