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Gesundheit: Pflegebedürftige müssen immer mehr selbst zahlen

Gesundheit

Pflegebedürftige müssen immer mehr selbst zahlen

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    Im Alter zwischen 70 und 75 Jahren gilt jeder zwanzigste Deutsche pflegebedürftig, im Alter über 80 ist es mehr als jeder fünfte. Um die meisten Betroffenen kümmern sich Familienangehörige unter hohen Belastungen.
    Im Alter zwischen 70 und 75 Jahren gilt jeder zwanzigste Deutsche pflegebedürftig, im Alter über 80 ist es mehr als jeder fünfte. Um die meisten Betroffenen kümmern sich Familienangehörige unter hohen Belastungen. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa-Archiv

    Pflege wird für Betroffene immer teurer und die hohen Kosten kann nicht jeder tragen – an den Leistungen der Pflegeversicherung ändert sich jedoch wenig. Das geht aus dem Pflegereport 2013 der Krankenkasse Barmer GEK hervor, der am Mittwoch vorgestellt wurde. Demnach lag der monatliche Eigenanteil, der von den Pflegebedürftigen insgesamt geleistet werden musste, in der stationären Pflege bei Pflegestufe I 2011 im Durchschnitt bei 1380 Euro. Bei Pflegestufe III waren es 1802 Euro. Zum Vergleich: 2009 waren es je 1351 und 1791 Euro. Zehn Jahre davor, 1999, waren es noch 1039 und 1451 Euro.

    Eigenanteile im stationären Bereich und Pflegesatz gestiegen

    Die Eigenanteile machen im stationären Bereich mehr als die Hälfte der Gesamtkosten aus. Das Problem sei, dass die Leistungen real immer weniger wert seien, sagte der Autor des Pflegereports, Professor Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen. Gestiegen ist auch der Eigenanteil am Pflegesatz, also den Ausgaben ohne die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen wie Umbauten. Rothgang sprach sich deshalb für eine jährliche Anpassung der Versicherungsleistungen aus. Sein Co-Autor Rolf Müller sagte, dass sich eine Vielzahl der Pflegebedürftigen die Pflegekosten nicht leisten könne: Rund 30 Prozent der Heimbewohner empfingen Sozialhilfe.

    VdK-Präsidentin warnt vor einem Kollaps des Systems

    Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, forderte im Gespräch mit unserer Zeitung eine „Generalüberholung des Pflegeversicherungsgesetzes“. Es dürfe nicht bei nur kleinen Verbesserungen bleiben. Der neue Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) müsse schleunigst die längst überfällige „große Pflegereform“ in Angriff nehmen. „Nur aufgrund des hohen Engagements der Angehörigen Pflegebedürftiger ist die Situation noch nicht eskaliert“, sagte sie. Ein Weiterwurschteln im bisherigen System werde zum Kollaps führen.

    Mascher kündigte an, der VdK prüfe eine Verfassungsbeschwerde, um die Situation Pflegebedürftiger zu verbessern und eine menschenwürdige Pflege zu gewährleisten. Damit übte der mit 1,6 Millionen Mitgliedern größte Sozialverband Deutschlands bereits am Mittwoch Druck auf die schwarz-rote Bundesregierung aus, die erst seit Dienstag im Amt ist. Der VdK begründete eine mögliche Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht mit der Doktorarbeit einer Regensburger Juristin. Diese sieht wegen „der offenkundigen Missstände“ in Pflegeheimen die Grundrechte der Pflegebedürftigen verletzt. Der Staat missachte durch seine bisherige Untätigkeit seine Schutzpflichten.

    Die SPD-Pflegeexpertin Hilde Mattheis aus dem Wahlkreis Ulm sagte dazu unserer Zeitung: „Die Herausforderungen in der Pflege müssen politisch und nicht juristisch gelöst werden.“ Im Koalitionsvertrag sei eine umfassende Pflegereform vereinbart. Diese müsse so rasch wie möglich umgesetzt werden.

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