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Gesundheit: Der endlose Kampf gegen Hygiene-Mängel

Gesundheit

Der endlose Kampf gegen Hygiene-Mängel

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    Immer wieder werden in deutschen Kliniken Hygiene-Mängel festgestellt. Zwischen 10.000 und 40.000 Patienten sterben jährlich an Infektionen.
    Immer wieder werden in deutschen Kliniken Hygiene-Mängel festgestellt. Zwischen 10.000 und 40.000 Patienten sterben jährlich an Infektionen. Foto: Stephanie Pilick, Symbolbild

    Es sind immer wieder einzelne Fälle, die die Debatte um mangelnde Krankenhaus-Hygiene anheizen. Zuletzt sorgten Berichte über desaströse Zustände an der Mannheimer Uniklinik für Schlagzeilen: Dort sollen Haare, Knochensplitter, jede Menge Keime und sogar eine tote Fliege an vermeintlich sterilen Instrumenten gefunden worden sein. Die Staatsanwaltschaft ordnete Durchsuchungen in der Klinik an, eine Expertenkommission ermittelt. Doch das Problem ist nicht neu: Je nach Quelle sterben zwischen 10 000 und 40 000 Patienten jährlich an Infektionen, die sie sich in deutschen Krankenhäusern zugezogen haben. Die Große Koalition will nun mit einer Verschärfung des Gesetzes zum Infektionsschutz gegensteuern.

    "Kultur des Verharmlosens" in Deutschland

    Als Initiator des Vorstoßes gilt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der schon seit Jahren strengere Regeln verlangt. „Wir haben nach wie vor eine Kultur des Verharmlosens, der Vertuschung und des Ignorierens – und daran sind schon viele Patienten gestorben“, beklagt der Mediziner und Bundestagsabgeordnete in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Dass Deutschland schon seit vielen Jahren ins Hintertreffen geraten ist, was die Hygiene in Kliniken betrifft, ist bekannt. Mehrere Verschärfungen der Bestimmungen brachten zwar punktuelle Verbesserungen, aber keine grundlegende Wende.

    Lauterbach sieht nun jedoch eine große Chance, gemeinsam mit der Union und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) endlich effektiv gegenzusteuern. Und zwar nicht zuletzt deswegen, weil die FDP nicht mehr an der Regierung beteiligt sei. Lauterbach, der einige Jahre Mitglied der

    Was muss sich nun ändern? Lauterbach will eine erneute Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes. Hier die Kernpunkte: Kliniken ab einer bestimmten Größe werden verpflichtet, einen Hygienearzt einzustellen. Mehr und besser ausgebildetes Pflegepersonal soll in die Lage versetzt werden, die nötigen Hygienemaßnahmen im Krankenhaus-Alltag anzuwenden.

    Zeitdruck in den Krankenhäusern wirkt Hygiene entgegen

    Tatsächlich lauern die Gefahren meist weniger in den Operationssälen als in den Patientenzimmern. Insofern war der Skandal in der Uniklinik Mannheim atypisch. Denn Experten verweisen darauf, dass der Kontakt zwischen dem Pflegepersonal und den Patienten ohne vorheriges und anschließendes Desinfizieren der Hände fatale Auswirkungen haben kann. So wandern Krankheiten von Patient zu Patient. Oft reicht eine Türklinke, auf der sich Keime angesiedelt haben, um eine Infektion auszulösen. Der allgegenwärtige Zeitdruck steht der Hygiene entgegen. „Wir haben sehr viele Ärzte in den Kliniken, aber an Pflegepersonal mangelt es“, sagt Lauterbach in der WAZ.

    Bleibt der dritte Punkt: eine effektivere Kontrolle. In der Vergangenheit gab es immer wieder Berichte, dass Klinik-Leitungen angekündigte Kontrolleure mit manipulierten Akten ausgebremst haben sollen. Lauterbach fordert eine Bestrafung solcher Fälschungen, bei denen es sich jedoch seiner Ansicht nach um Einzelfälle handelt. Ob die Kontrollen in Zukunft unangekündigt erfolgen sollen, lässt er allerdings offen. Gleiches gilt für die Frage, wer die Kosten, die eine entsprechende Gesetzesnovelle nach sich ziehen dürfte, tragen soll.

    Genau das moniert allerdings der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft: „Die Verschärfung von Kontrollen und das Einfordern von mehr Hygienepersonal ist kein Lösungsbeitrag, wenn Herr Lauterbach nicht die 100-prozentige Finanzierung des Personals und der erforderlichen investiven Ausstattung sicherstellt“, sagte Georg Baum auf Anfrage unserer Zeitung. „Nur fordern – und Fördern verweigern – ist nicht glaubwürdig.“

    Ebenfalls noch nicht geklärt ist, inwieweit sich die Union tatsächlich die Forderungen Lauterbachs zu eigen macht. „Was davon auf Bundesebene machbar ist, unterstützen wir“, sagte gestern Jens Spahn, Chef der Arbeitsgruppe Gesundheit in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Infektionsschutz brauche offenbar „politischen Druck“. Das klingt wenig konkret – eher nach gebremstem Schaum.

    Wer sich an die Redeschlachten erinnert, die sich Lauterbach als Oppositionspolitiker auch mit Gesundheitsexperten der Union geliefert hat, dürfte von der zurückhaltenden Reaktion kaum überrascht sein.

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