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Gesetz: Ermittler erhalten mehr Rechte im Kampf gegen Kindesmissbrauch

Gesetz

Ermittler erhalten mehr Rechte im Kampf gegen Kindesmissbrauch

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    Im Kampf gegen Kindesmissbrauch bekommen die Ermittler nun mehr Rechte.
    Im Kampf gegen Kindesmissbrauch bekommen die Ermittler nun mehr Rechte. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Das Phänomen ist nicht neu: Als sich Ermittler des hessischen Landeskriminalamts vor sieben Jahren auf einem hauptsächlich von Kindern benutzten sozialen Netzwerk auf zwei Accounts als jeweils zwölfjährige Mädchen ausgaben, waren sie geschockt: Binnen neun Tagen wurden sie von nicht weniger als 400 Erwachsenen kontaktiert, die sie binnen kürzester Zeit mit sexuell eindeutigen Bemerkungen bedrängten Solange die Ermittler die Verdächtigen nicht eindeutig – etwa beim Besitz von Kinderpornografie – überführen konnten, waren sie in diesen Fällen aber bislang machtlos.

    Der stellvertretende Unionsvorsitzende Thorsten Frei kämpft seit Jahren dafür, dass die Gesetze verschärft werden. Denn das Beispiel aus Hessen zeige, dass die Fälle sexueller Belästigung und Erpressung im Netz kein Randphänomen seien, sondern dass die Bedrohung zunehme.  Mehr als jedes siebte Kind unter 14 Jahren sei Umfragen zufolge bereits Opfer sexueller Belästigung im Netz geworden, betonte Frei am Freitag im Bundestag.

    Die Täter sind in scheinbar harmlosen Chaträumen für Kinder unterwegs. Sie erschleichen sich das Vertrauen kleiner Mädchen und Jungen. Oft posieren die Täter als Kinder und vertrauen ihren Opfern falsche Geschichten angeblichen Selbsthasses an, um Mitleid zu erwecken – mit dem Ziel, Kinder oder Jugendliche zu sexuell eindeutigen Fotos und Videos zu überreden. Oft ist das nur der Anfang einer Erpressung zu noch mehr Bildern, die drastischer und pornografischer werden, wie eine Studie des amerikanischen FBI nachzeichnet. Die Täter drohen meist, bereits erhaltene Nacktbilder im Netz zu veröffentlichen oder auch direkt mit Gewalt. Andere versuchen, mit Geld und Spieleguthaben zu locken.

    „Videospiele und Online-Chats sind Jagdgründe für sexuelle Raubtiere“

    Die Folgen sind für die Opfer dramatisch. Die FBI-Studie ging zahlreichen bekannt gewordenen Fällen sexuellen Missbrauchs im Netz nach und kam zum Ergebnis, dass es in mehr als einem Viertel zu Selbstmordversuchen oder Selbstmorden der Opfer kam. Andere drohten ihr Leben lang an den Folgen der Verbrechen zu leiden.

    „Videospiele und Online-Chats sind Jagdgründe für sexuelle Raubtiere“, schrieb jüngst die New York Times. Die Zeitung stellt mit ihren Recherchen seit langem die Online-Spieleindustrie und Social-Media-Plattformen an den Pranger, sie täten zu wenig gegen den digitalen Missbrauch und den Austausch von Kinderpornografie in Privat-Chats. Inzwischen hat Microsoft, zu dessen Konzern die Spielekonsole Xbox und das beliebte Onlinespiel Minecraft gehört, angekündigt, mit einer eigenen Erkennungssoftware gegen die Verbrecher vorzugehen.

    In Deutschland soll nun die Polizei deutlich mehr Befugnisse im Kampf gegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch im Internet bekommen, wie der Bundestag am Freitag beschlossen hat. Wichtigste juristische Neuerung ist, dass bereits der Versuch strafbar wird. Damit hätten in dem Fall in Hessen die Fahnder gegen jeden Verdächtigen ermitteln und ein Verfahren einleiten können. Schließlich handelten die Täter in der „schrecklichen Absicht, das Vertrauen eines Kindes für eine spätere Missbrauchstat zu gewinnen“, sagte SPD-Justizministerin Christine Lambrecht.

    Mit künstlichen Missbrauchsvideos in Internet-Foren einschleichen

    Auch in Tauschbörsen, wo Videos von Missbrauchsszenen zu tausenden geteilt werden, bekommen Ermittler neue Möglichkeiten. „Ein Forum für kinderpornografisches Material im Darknet kann man sich wie ein Gebäude vorstellen, an dessen Eingang Sie als Eintrittskarte ein kinderpornografisches Foto oder einen Film vorzeigen müssen“, sagte der Freiburger Kriminalpolizeichef Peter Egetemaier kürzlich bei einer Expertenanhörung im Bundestag. Dies ist verdeckten Ermittlern der Polizei aber verboten. Künftig sollen sie sich in Ausnahmefällen mit künstlichen Missbrauchsvideos in die Foren einschleichen dürfen.

    „Diese computergenerierten Bilder sehen echten Bildern täuschend ähnlich, zeigen aber niemals echte Kinder“, betonte Lambrecht. Sie dürfen nur dann genutzt werden, wenn sich die Taten nicht anders aufklären lassen und ein Gericht zustimmt. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) will zudem Anbieter von Internetseiten, Spielen oder Apps dazu verpflichten, Vorkehrungen zu treffen, dass Kinder nicht mehr angechattet werden können, und dass Verdachtsfälle gemeldet werden. (mit dpa)

    Lesen Sie dazu auch: Cybergrooming: Auch virtueller Missbrauch ist Missbrauch

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