Der Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn fordert eine Reform der Ausrüstungsbeschaffung, um den großen Nachholbedarf der Truppe zu decken. „Wir müssen uns Dinge, die handelsüblich zu kaufen sind, schneller und unkomplizierter beschaffen und nicht für jeden Bergstiefel, jede Uniformjacke und jedes Päckchen Verbandsmaterial gleich eine große Ausschreibung starten“, sagte Zorn unserer Redaktion. „Außerdem sollten wir nicht jeden Hubschrauber und jedes Kampfflugzeug neu entwickeln, sondern uns auch bei Großprojekten häufiger für Modelle entscheiden, die in befreundeten Ländern wie Kanada oder den USA bereits eine Zulassung haben“, betonte er. „So sparen wir wertvolle Zeit bei der Ausrüstung der Truppe.“
Generalinspekteur Eberhard Zorn: "Haben uns kaputtgespart"
Die Bundeswehr leide an einem großen Nachholbedarf, die Ausrüstung flächendeckend zu modernisieren und Lager mit ausreichend Ersatzteilen anzulegen. „Hier haben wir uns in den vergangenen 20 Jahren regelrecht kaputtgespart“, kritisierte der Generalinspekteur. Am Geld liege es aber nun nicht mehr, da der Etat der Bundeswehr in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sei. „Diese PS müssen wir nun aber auch auf die Straße bringen“, betonte Zorn. „Wir haben das erkannt, aber wir sind da noch nicht schnell genug.“
Entspannt hat sich nach den Worten des Generalinspekteurs dagegen die Personalsituation: „Wir haben steigende Bewerberzahlen. Bei Offizieren und Feldwebeln können wir uns aus vier Bewerbern einen aussuchen.“ Für die heutigen Verhältnisse am Arbeitsmarkt sei das ein sehr guter Wert. „Und der formale Bildungsstand der Bewerber ist durch die Bank hoch“, fügte Zorn hinzu.
Jobs bei der Bundeswehr sind heute attraktiver als noch vor Jahren
Zudem habe sich die Bundeswehr erfolgreich bemüht, attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen und auf den lokalen Arbeitsmarkt vor Ort zu setzen: „Vor allem für Bewerber aus der IT-Branche sind wir heute deutlich attraktiver als noch vor einigen Jahren“, sagte der General. „Teilweise haben wir dort schon 90 Prozent der Stellen besetzt. Bis vor zwei Jahren waren wir hier noch richtig schlecht, da hatten wir Besetzungsquoten um die 40 Prozent.“
Zugleich betonte der Generalinspekteur, dass die Bundeswehr bei Erfüllung der politischen Voraussetzungen auch für einen Auslandseinsatz in Libyen voll in der Lage sei: „Wenn im Rahmen eines solchen Einsatzes von uns etwas gefordert wird, dann werden wir das prüfen – und erst anschließend können wir auch etwas anbieten. Wir haben die Schlüsselfähigkeiten, die dafür erforderlich sind.“
Zuerst sei jedoch die Politik und Diplomatie am Zug: „Ehe wir solche Fragen diskutieren, muss sich der Waffenstillstand erst einmal etablieren“, betonte der Generalinspekteur. „Erst dann können wir die Bandbreite der militärischen Möglichkeiten betrachten. Sie reicht von der Ausbildung über die Luftraumüberwachung bis Truppen am Boden und hier wiederum vom Arzt bis zu den Spezialkräften.“
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