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"Gelbwesten"-Protest: Nach den Krawallen: Frankreich wartet auf Macrons Antwort

"Gelbwesten"-Protest

Nach den Krawallen: Frankreich wartet auf Macrons Antwort

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    Nach den neuerlichen Protesten der "Gelbwesten" in ganz Frankreich ist Präsident Macron seinem Volk noch eine Antwort schuldig. Bisher meldete sich nur Premierminister Édouard Philippe zu Wort.
    Nach den neuerlichen Protesten der "Gelbwesten" in ganz Frankreich ist Präsident Macron seinem Volk noch eine Antwort schuldig. Bisher meldete sich nur Premierminister Édouard Philippe zu Wort. Foto: Claude Paris, AP/dpa

    Nach erneuten "Gelbwesten"-Protesten mit Krawallen in mehreren Städten sucht Frankreich nach einem Ausweg aus der Krise. Mit Spannung wartet das Land auf eine Reaktion von Präsident Emmanuel Macron. Der 40-Jährige hielt sich bisher mit Äußerungen zu den Demonstrationen auffällig zurück. Premierminister Édouard Philippe rief das Land am Samstagabend zu Dialogbereitschaft auf - und kündigte Antworten Macrons an.

    Der Staatschef steht nach den andauernden Protesten der "Gelbwesten" massiv unter Druck. Seine Mitte-Regierung legte als Zugeständnis bereits die geplante Steuererhöhung für Benzin und Diesel auf Eis. Die Wut der Protestbewegung hatte sich einst an diesem Vorhaben entzündet - mittlerweile reichen die Forderungen viel weiter: von mehr Steuergerechtigkeit über mehr Kaufkraft bis hin zum Rücktritt Macrons. 

    Am Samstag eskalierten die Demonstrationen in Paris und anderen französischen Städten erneut. Barrikaden und Autos brannten in der Hauptstadt, die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Protestierenden zurückzudrängen. Es war bereits das vierte Wochenende in Folge, an dem die Bewegung der "Gelben Westen" in Frankreich massiv auf die Straße ging. In

    Rund 125.000 Menschen beteiligten sich in Frankreich an Protesten der Gelbwesten

    Am Nachmittag spitzte sich die Lage jedoch zu. Wieder brannten Autos, Geschäfte wurden angegriffen, Demonstranten versuchten, Barrikaden zu errichten. Auch in Belgien und den Niederlanden gingen Menschen in Warnwesten auf die Straße.

    In Frankreich nahmen die Proteste jedoch wieder das größte Ausmaß an. Landesweit hätten sich bis zum Abend rund 125.000 Menschen an den Protesten beteiligt, sagte Frankreichs Innenminister Christophe Castaner bei einer Pressekonferenz. Davon seien 10.000 in der Hauptstadt Paris gezählt worden. Im ganzen Land habe es knapp 1400 Festnahmen gegeben, mehr als 970 Menschen seien in Gewahrsam genommen worden. 118 Demonstranten und 17 Sicherheitskräfte seien verletzt worden. Es ist das vierte Wochenende in Folge, an dem die Bewegung der "Gelben Westen" in Frankreich massiv auf die Straße geht.

    Dieses Mal griff die Polizei schon vor Beginn der Proteste in Paris durch: Bereits am Morgen wurden mehrere Hundert Menschen festgenommen. Grund sei in den meisten Fällen gewesen, dass die Menschen sich einer Gruppe angeschlossen hätten, die "Gewalt gegen Personen oder die Zerstörung von Gegenständen" vorbereitet habe, hieß es bei der

    Sicherheitskräfte änderten ihre Strategie

    Bis zum frühen Abend stieg die Zahl der Festnahmen in Paris demnach auf mindestens 738 - deutlich mehr als am gesamten vergangenen Samstag. Mehr als 550 Menschen kamen in der Stadt in Gewahrsam. 55 wurden verletzt, darunter drei Einsatzkräfte.

    Die Gelbwesten machen dicht: Stau auf der spanischen Seite der französisch-spanischen Grenze in Biriatou.
    Die Gelbwesten machen dicht: Stau auf der spanischen Seite der französisch-spanischen Grenze in Biriatou. Foto: Bob Edme, AP/BC/dpa

    Ab Mittag kam es in Paris vermehrt zu Spannungen und Zusammenstößen mit der Polizei. Vielerorts lagen Rauch und Tränengas-Dunst über den Straßen. Demonstranten rissen auf dem Prachtboulevard der Champs-Élysées Holzbretter herunter, die Schaufenster von Geschäften schützen sollten, wie der Sender BFMTV berichtete. Einzelne Läden wurden demnach geplündert. Im Zentrum der Stadt gingen wieder Autos in Flammen auf. Vereinzelt setzte die Polizei in der Innenstadt Wasserwerfer ein, um Demonstranten zurückzudrängen, die versuchten, Barrikaden zu errichten. 

    Premierminister Édouard Philippe sprach von einem "außergewöhnlichen" Sicherheitskonzept. In der Hauptstadt waren am Samstag nach früheren Angaben des Premiers 8000 Polizisten und andere Ordnungskräfte im Einsatz. Die Polizei kontrollierte Taschen und Rucksäcke von Passanten und war mit Pferdestaffeln unterwegs. Auch gepanzerte Fahrzeuge der Gendarmerie waren erstmals im Zuge der "Gelbwesten"-Proteste im Einsatz. 

    Der Innenminister habe die Sicherheitskräfte angewiesen, nach den Krawallen der Vorwoche ihre Strategie anzupassen, sagte eine Sprecherin der Polizei im Sender France Inter. "Die Idee für uns ist wirklich, die friedlichen Demonstranten (...) von anderen, möglicherweise feindseligeren Demonstranten, Plünderern und Randalierern zu trennen." 

    Ausschreitungen in Städten in ganz Frankreich

    Bereits am vergangenen Wochenende war es in Paris und anderen Städten zu Krawallen gekommen. Geschäfte wurden geplündert, der Triumphbogen wurde stark beschädigt. Die Regierung legte wegen der Proteste der "Gelbwesten" die geplante Steuererhöhung für Benzin und Diesel bereits auf Eis. Die Wut der Protestbewegung hatte sich einst an diesem Vorhaben entzündet - mittlerweile reichen die Forderungen viel weiter: von mehr Steuergerechtigkeit über mehr Kaufkraft bis hin zum Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron. 

    Zusammenstoß mit der Staatsmacht: Demonstranten rennen in Paris durch einen dichten Tränengasnebel.
    Zusammenstoß mit der Staatsmacht: Demonstranten rennen in Paris durch einen dichten Tränengasnebel. Foto: Rafael Yaghobzadeh, AP/dpa

    Im Zentrum der Hauptstadt blieben am Samstag zahlreiche Metrostationen auf Geheiß der Polizei geschlossen - die Bahnen hielten nicht an, sondern fuhren durch. Etliche Geschäfte im Zentrum der Stadt öffneten mitten in der Vorweihnachtszeit nicht für ihre Kunden - darunter auch berühmte Kaufhäuser wie die Galeries Lafayette. 

    Auch viele Sehenswürdigkeiten in Paris blieben geschlossen, darunter zahlreiche Museen und das Wahrzeichen der Stadt, der Eiffelturm. Am Morgen war es dort menschenleer - Touristen standen nicht wie üblich Schlange. Die Stimmung in der Innenstadt war angespannt - Hubschrauber kreisten über dem Zentrum. Teilweise irrten Touristen umher, die nicht mitbekommen hatten, dass die großen Kaufhäuser geschlossen haben. 

    In zahlreichen anderen Städten Frankreichs demonstrierten ebenfalls "Gelbe Westen". In Städten wie Lyon, Bordeaux, Toulouse und Marseille kam es Berichten zufolge zu Ausschreitungen. In

    Brüssel ist Schauplatz kleinerer Ausschreitungen

    Wieder wurden mehrere Autobahnen im Land bei dem Protest blockiert. Die Polizei kontrollierte bis zum frühen Nachmittag nach eigenen Angaben mehr als 5000 Menschen auf den großen Verkehrsachsen und an Mautstellen.

    In Brüssel im Nachbarland Belgien wurden bei "Gelbwesten"-Protesten nach Angaben der Polizei rund 400 Menschen festgenommen. Vor allem im Europaviertel der Hauptstadt kam es zu Zusammenstößen von Demonstranten mit der Polizei. Insgesamt hätten sich rund 1000 Menschen an den Protesten beteiligt, sagte eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur. 

    Schlagstockeinsatz bei den Protesten der "Gelbwesten" in Paris: 8000 Polizisten und andere Ordnungskräfte waren im Einsatz.
    Schlagstockeinsatz bei den Protesten der "Gelbwesten" in Paris: 8000 Polizisten und andere Ordnungskräfte waren im Einsatz. Foto: Thibault Camus, AP/dpa

    Rund 500 Menschen seien bis vor die EU-Gebäude in der Innenstadt gezogen, die von der Polizei abgeriegelt worden seien, berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Einem kleinen Teil der Gruppe sei es gelungen, die Barrikade zu durchbrechen. Dabei seien Flaschen und ein Wegweiser auf Polizisten geworfen worden. Diese hätten mit Tränengas reagiert. 

    Zeitgleich besetzten mehrere Hundert "Gelbwesten" einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt im Brüsseler Europaviertel. Die Polizei ging mit Wasserwerfern gegen die Straßenbesetzer vor. In kleinerem Umfang gab es auch in den Niederlanden Protestaktionen. (dpa)

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