Amerikanische Spione betreiben offenbar eine gigantische Überwachung von Internet und Telekommunikation. Das müssen Sie über den großen Lauschangriff wissen:
Werden meine Telefonate mitgehört?
In Deutschland können nach dem Gesetz zur Beschränkung des Post- und Fernmeldegeheimnisses Telefonate abgehört werden, wenn ein entsprechender Beschluss eines Richters vorliegt. Dabei geht es in der Regel um schwere Straftaten oder um Friedens- und Hochverrat. Das Ausmaß der Aktivitäten ausländischer Geheimdienste in Deutschland ist nach den jüngsten Enthüllungen größer als bislang angenommen. „Wenn die Berichterstattung stimmt, wird heutzutage mehr überwacht als zu Zeiten des Kalten Krieges“, sagte der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar, im Gespräch mit unserer Zeitung. Der US-Auslandsgeheimdienst NSA sammelt routinemäßig sogenannte Metadaten zu Telefonverbindungen in den USA und ins Ausland – Ort, Nummer, Zeitpunkt und Dauer des Anrufs, nicht aber dessen Inhalt.
Werden meine Mails mitgelesen?
Das Überwachungsprogramm Prism
Prism ist ein streng geheimes Programm zur Überwachung und Auswertung von elektronischen Medien und Daten.
Geleitet wird Prism seit 2007 von der amerikanischen National Security Agency (NSA).
Prism ermöglicht angeblich den Zugriff auf die Internet-Kommunikation und die bei großen Konzernen gespeicherten Daten von Firmen und Privatpersonen.
Aufgedeckt wurde die Überwachung durch Edward Snowden, einen Techniker, der für die Geheimdienste CIA und NSA arbeitete. Er informierte im Frühjahr 2013 verschiedene Medien über Prism.
Den Zeitungen «Guardian» und «Washington Post» zufolge hat der US-Geheimdienst über Prism Zugriff auf Nutzer-Daten von Unternehmen wie Google, Yahoo, Microsoft, Apple oder Facebook.
Die Unternehmen bestritten einen direkten Zugang der Behörden zu ihren Servern.
Die NSA erklärte, die Internet-Überwachung sei absolut rechtmäßig. Diese sei "strikten Richtlinien" unterworfen und stünde unter "rigoroser Aufsicht", sagte NSA-Chef Keith Alexander bei einer Anhörung im Kongress in Washington.
In Europa sorgten die Enthüllungen über Prism für heftige Kritik.
Auch in den USA lief eine breite Koalition aus Internet- und Bürgerrechtsgruppen Sturm gegen die Spähprogramme ihrer Regierung.
Die USA selbst rechtfertigten ihre Überwachung damit, man habe dadurch mehrere Terrorangriffe vereitelt.
Das amerikanische Internet-Überwachungsprogramm Prism zeichnet E-Mails, Chats, Videos, Fotos, Dateien und andere Inhalte auf, die über neun der größten Anbieter abgewickelt werden: Microsoft, Yahoo, Google, Facebook, Paltalk, Youtube, AOL, Skype und Apple. Die Unternehmen sind zur Kooperation verpflichtet und müssen schweigen. E-Mails können auf ihrem Weg durch das Netz von vielen Menschen mitgelesen werden, auch von Geheimdiensten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei einem ungebetenen Mitleser um einen neugierigen Kollegen handelt, ist allerdings deutlich höher, als dass ein US-Spion am Werk ist.
Datenskandal der USA: EU-Vertretungen verwanzt
Welche Staaten sind im Visier der US-Spione?
Am Wochenende schrieb der Spiegel, die NSA habe EU-Vertretungen in Washington, New York und Brüssel verwanzt und interne Netzwerke infiltriert. Wichtigstes Ziel in der EU sei Deutschland.
Wie kann ich mich schützen?
Abhörskandal: Was kann man gegen die Überwachung tun? von außen hilft nur der Einsatz von Verschlüsselungstechnik. Allerdings ist das für die meisten Internet-Anwender zu unbequem. Für das Verschlüsseln von Telefonverbindungen gibt es spezielle Geräte.
Was wussten die deutschen Geheimdienste über die Aktivitäten der USA und Großbritanniens?
Der BND kannte die Spionageprojekte nach eigener Darstellung nicht. Weil „befreundete“ Dienste ihr Wissen etwa im Anti-Terror-Kampf teilweise austauschen, kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass Deutschland von den Informationen profitiert hat. Woher die Hinweise kommen, verraten die Dienste nicht.
Freihandelsabkommen zwischen EU und USA möglicherweise auf der Kippe
Überwacht der deutsche Geheimdienst ausländische Regierungen?
Möglich ist das – vor allem, wenn es um Konfliktregionen wie Afghanistan oder Syrien geht. Es gehöre aber „nicht zur Politik der Bundesregierung, befreundete Staaten in ihren Botschaften auszuforschen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern. Der Datenschutzbeauftragte Schaar fordert: „Die Befugnisse zur staatlichen Überwachung müssen durch nationales, europäisches und internationales Recht begrenzt werden. Die Bundesregierung und die Europäische Union sollten sich für ein internationales Übereinkommen einsetzen, das auch die staatliche Überwachung umfasst.“
Politiker fordern nun Konsequenzen. Welche Reaktionen sind überhaupt möglich?
Die EU könnte die Verhandlungen mit den USA über ein Freihandelsabkommen abbrechen oder verschieben. Außerdem könnte die EU den Vollzug zweier Abkommen aussetzen, die US-Diensten Zugriff auf Daten von EU-Bürgern geben. Dazu gehört das „Swift“-Abkommen, wonach die USA Finanztransaktionen europäischer Bankkunden auswerten dürfen, um Geldströme von Terroristen zu kappen. Das zweite ist das PNR-Abkommen über Passagierdaten. Demnach müssen Europas Fluglinien für alle Flüge in und aus den USA Daten von EU-Bürgern an Amerikas Behörden weitergeben. Dazu gehören Name, Adresse, Kreditkartennummer oder Menüwünsche jedes Passagiers aus Europa.