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Gedenken: Steinmeier warnt vor neuen Mauern

Gedenken

Steinmeier warnt vor neuen Mauern

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    Bundespräsident beim zentralen Festakt mit 1200 geladenen Gästen am Tag der Einheit in Mainz.
    Bundespräsident beim zentralen Festakt mit 1200 geladenen Gästen am Tag der Einheit in Mainz. Foto: Arne Dedert, dpa

    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am Tag der Deutschen Einheit vor neuen Mauern in der Gesellschaft gewarnt und einen ehrlichen Umgang mit dem Flüchtlingsproblem angemahnt. Die große Mauer, die Deutschland geteilt habe, sei gefallen. Aber das Wahlergebnis vom 24. September habe gezeigt: „Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen“, sagte Steinmeier am Dienstag in Mainz.

    Gewachsen sei die Sehnsucht nach Heimat und Orientierung, die nicht Nationalisten und rechten Strömungen überlassen werden dürfe. Ohne den Wahlerfolg der AfD direkt anzusprechen, betonte er beim Festakt zum Tag der Einheit: „Mauern aus Entfremdung, Enttäuschung und Wut“ seien bei manchen so fest geworden, dass Argumente nicht mehr durchdrängen. „Hinter diesen Mauern wird tiefes Misstrauen geschürt, gegenüber der Demokratie und ihren Repräsentanten.“ Steinmeier beklagte aber auch Mauern zwischen Arm und Reich, Stadt und Land, offline und online – „Mauern rund um die Echokammern im Internet, wo der Ton immer lauter und schriller wird“. Die Debatte über Flucht und Migration habe Deutschland aufgewühlt, sei aber auch Folge und Abbild einer aufgewühlten Welt. Viele Menschen sagten: „Ich verstehe die Welt nicht mehr.“ Der daraus entstehende Wunsch nach heimatlicher Sicherheit sei nicht zu verurteilen. „Wer sich nach Heimat sehnt, der ist nicht von gestern“, sagte Steinmeier. „Heimat weist in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit.“ Der Begriff dürfe nicht denen überlassen werden, die damit einen „Blödsinn von Blut und Boden“ meinten.

    Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hob die Verantwortung Deutschlands auf internationaler Ebene hervor. Man könne dankbar sein, dass die Wiedervereinigung in Frieden geglückt sei, sagte Merkel vor dem Festakt. Daher trage Deutschland auch eine Verantwortung für Europa und eine bessere Entwicklung weltweit. Die Aufgaben seien nicht weniger geworden. „Aber wir können auch zurückblicken und sagen: Vieles an der Deutschen Einheit ist uns geglückt, und das sollte uns die Kraft geben, auch die ausstehenden Probleme zu lösen.“ Eine Rede hielt Merkel beim Festakt nicht.

    Bundesratspräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat bei den Feierlichkeiten die „Ode an die Freude“ angestimmt – ein Ritual, das es nun jedes Jahr geben soll. Die Idee sei, dass alle Deutschen zur gleichen Zeit singen, sagte Dreyer. Der Einfall stammt von dem Mexikaner Carlos Fabian Vallejo Huerta, der damit einen Wettbewerb von Rheinland-Pfalz für ein Ritual zum Tag der Deutschen Einheit gewonnen hat. (dpa)

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