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Gaza-Konflikt: Vermisster israelischer Soldat ist tot

Gaza-Konflikt

Vermisster israelischer Soldat ist tot

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    Vor fast vier Wochen begann Israels Bodenoffensive. Nun könnte sie womöglich enden.
    Vor fast vier Wochen begann Israels Bodenoffensive. Nun könnte sie womöglich enden. Foto: Atef Safadi, dpa

    Der seit Tagen im Gazastreifen vermisste israelische Soldat ist nach Angaben des Militärs nicht mehr am Leben. Wie die israelische Armee in der Nacht zum Sonntag mitteilte, wurde Hadar Goldin am Freitag bei Kämpfen in dem Palästinensergebiet getötet. Israel war zunächst von einer Entführung des 23-Jährigen durch militante Palästinenser ausgegangen. Beide Konfliktparteien kündigten unterdessen an, ihre Kämpfe fortzusetzen.

    Das israelische Militär berief sich auf die Mitteilung einer Spezialkommission unter der Leitung des Chefrabbiners der Streitkräfte. Alle "medizinischen und religiösen" Betrachtungen seien beachtet und die Eltern des Leutnants Goldin seien informiert worden, hieß es. Unklar blieb, ob die sterblichen Überreste des Soldaten gefunden wurden.

    Israelischer Soldat Hadar Goldin war seit Freitag vermisst worden

    Goldin war seit Freitag im Gazastreifen vermisst worden. Israel hatte der Hamas vorgeworfen, ihn verschleppt zu haben. Der bewaffnete Arm der Palästinenserbewegung bestritt jedoch später, Informationen über das Schicksal des Vermissten zu haben.

    Nach der vermuteten Verschleppung des Soldaten hatte Israel am Freitag eine intensive Suche nach ihm angekündigt und die Militärangriffe auf den Gazastreifen verstärkt. Allein am Samstag wurden bei Angriffen mindestens 110 Palästinenser getötet, die meisten von ihnen in Rafah, wo sich auch Goldin zuletzt aufgehalten hatte.

    Geht Israels Bodenoffensive zu Ende?

    Wie die Nachrichtenagentur dpa am Sonntagmorgen meldete, hat Israel fast vier Wochen nach Beginn der Offensive im Gazastreifen seine Bodentruppen aus weiten Teilen des Palästinensergebiets abgezogen. Die Verbände sollten aber nicht ganz abrücken, sondern eine schmale "Sicherheitszone" im Grenzgebiet schaffen, berichteten israelische Medien.

    Die israelische Luftwaffe setzte auch am Sonntag ihre Angriffe im Gazastreifen fort. 15 Menschen seien bei Luftschlägen in verschiedenen Orten des Gazastreifens getötet und mehr als 20 weitere verletzt worden, teilte ein Sprecher des palästinensischen Gesundheitsministeriums mit. Militante Palästinenser feuerten weiter Raketen auf israelische Ortschaften. 

    Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Samstagabend angekündigt, die Armee werde sich nach der Zerstörung der Tunnel im Grenzgebiet neu positionieren. Namentlich nicht genannte Militärs betonten jedoch, die am 8. Juli begonnene Offensive in dem Küstenstreifen am Mittelmeer sei damit noch nicht beendet.

    Israel hatte mit großem Militäreinsatz nach Hadar Goldin gesucht

    Israel hatte mit einem massiven Armee-Einsatz nach dem Soldaten Goldin gesucht, den militante Palästinenser am Freitag im Gazastreifen entführt haben sollten, und eine eben erst begonnene Waffenruhe für gescheitert erklärt. Ganze Truppenformationen durchkämmten im südlichen Gazastreifen im Bereich von Rafah Häuser und verdächtige Orte, unterstützt von Artilleriefeuer. Die Al-Kassam-Brigaden, der bewaffnete Arm der Hamas, bestritten am Samstagmorgen, den Soldaten in ihre Gewalt gebracht zu haben.

    Nach Angaben des israelischen Militärs arbeitete die Einheit Goldins an der Zerstörung eines sogenannten "Terror-Tunnels", als militante Palästinenser sie angriffen. Demnach zündete einer von ihnen eine Sprengstoffweste, wie sie Selbstmordattentäter verwenden. Zwei israelische Soldaten wurden dabei getötet. Goldin habe bei der Explosion direkt neben den beiden gestanden, sagte ein hoher israelischer Offizier nach Medienangaben vom frühen Sonntagmorgen.

    Hamas: "Der bewaffnete Widerstand wird weitergehen"

    Das sind die Akteure und Vermittler im Gaza-Konflikt

    HAMAS: Die Kernforderung der im Gazastreifen herrschenden Hamas ist eine Aufhebung der Blockade des Palästinensergebiets durch Israel und Ägypten. Sie ist derzeit nicht zu einer Rückkehr zum Status quo vor Ausbruch der neuen Kämpfe bereit. Außerdem fordert sie die Freilassung von rund 50 Hamas-Häftlingen, die im Tausch gegen den israelischen Soldaten Gilad Schalit freigelassen, dann aber nach dem Mord an drei israelischen Teenagern wieder festgenommenen worden waren. Die Verhandlungen für die Hamas führt der Exilchef der Organisation, Chaled Maschaal. Er betont, nach all den Todesopfern könne Hamas nicht von ihren Forderungen abweichen. Es seien inzwischen die Forderungen aller Palästinenser im Gazastreifen.

    DIE PALÄSTINENSERBEHÖRDE: Der gemäßigte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist als Vermittler zwischen den verschiedenen Parteien im Einsatz. Auch er tritt für eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens ein, die schon 2006 begonnen hatte und dann immer weiter verschärft wurde. Seine Fatah-Organisation hatte Anfang Juni eine Einheitsregierung mit der rivalisierenden Hamas gebildet.

    ISRAEL: Israel hat die von Ägypten vorgeschlagen Waffenruhe akzeptiert, die Hamas bisher ablehnt. Der jüdische Staat fordert als Bedingung für ein Ende seiner Angriffe im Gazastreifen einen Stopp der Raketenangriffe militanter Palästinenser auf israelische Städte und eine Wiederherstellung der Ruhe. Rechtsorientierte Kabinettsmitglieder haben allerdings eine Zerschlagung der Hamas und ihrer militärischen Infrastruktur im Gazastreifen verlangt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich für eine Entwaffnung der Hamas ausgesprochen.

    KATAR: Das kleine, aber einflussreiche Emirat sieht sich als «Verbindungskanal» zwischen der Hamas und der internationalen Gemeinschaft. Die Hauptstadt Doha war in den vergangenen Tagen Zentrum intensiver Verhandlungen. Katar und sein Scheich Tamim bin Hamad al-Thani sind wichtigster Geldgeber der Hamas. Das Emirat ließ wissen, es werde keinen Druck auf die Palästinenserorganisation ausüben, die von Ägypten vorgeschlagene Waffenruhe zu akzeptieren. Hier spiegelt sich auch das schlechte Verhältnis zwischen Kairo und Doha wider. Katar unterstützt in Ägypten die Muslimbrüder, die vor einem Jahr vom ägyptischen Militär gestürzt worden waren.

    ÄGYPTEN: Unter Langzeitherrscher Husni Mubarak und auch unter dem islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi war Ägypten wichtigster Vermittler im Nahost-Konflikt. Doch diese Rolle hat Kairo verloren. Vor allem das Verhältnis zur Hamas ist schlecht, die einst aus den in Ägypten massiv verfolgten Muslimbrüdern hervorging. Kritiker klagen, Ägypten rede über die Hamas, aber nicht mit ihr - direkte Gespräche zwischen beiden Seiten gebe es nicht. Als Hamas-Exilchef Chaled Maschaal erklärte, Ägypten habe ihn zu Gesprächen eingeladen, ließ Kairo über Diplomaten verbreiten, diese Nachricht gehöre zu der «Kette von Lügen», die Hamas in die Welt setze.

    TÜRKEI: Wie Katar gehört auch die Türkei zu den Unterstützern der Hamas. Beide Länder haben sich in den vergangenen Tagen abgestimmt und die Bedingungen der Palästinenserorganisation für eine Waffenruhe abgesegnet. Das Verhältnis Ankaras zu Israel ist seit dem Übergriff israelischer Soldaten auf Aktivisten an Bord des türkischen Schiffes «Mavi Marmara» 2010 angespannt. Für den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan kommt der Gazakonflikt zudem zu einer ungünstigen Zeit, da er sich im Wahlkampf für das Präsidentenamt befindet. Erdogan warf Israel wegen der Gaza-Militäroffensive Grausamkeiten vor, die sogar «Hitler» überträfen.

    USA: Für Amerika bedeutet der Konflikt einen Drahtseilakt: Einerseits betont Barack Obama, dass Washington fest an der Seite Israels stehe. Jedes Land habe das Recht, sich gegen Raketenbeschuss zu verteidigen. Andererseits ist er über die steigenden Opferzahlen in Gaza besorgt. Hinter vorgehaltener Hand fragt sich Washington, ob die Gewalt in Gaza tatsächlich angemessen ist. Zwar hat Obama sich als Vermittler angeboten. Doch eine Strategie, wie es beide Seiten zur Mäßigung bringen könnte, lässt Washington nicht erkennen. Erst kürzlich sind die USA mit ihrem Vermittlungsversuch in Sachen Nahostfrieden gescheitert. Die Autorität der USA im Nahen Osten dürfte dadurch wohl nicht gewachsen sein.

    Netanjahu und die Hamas hatten vor dem Bekanntwerden der Nachricht vom Tod des Soldaten eine Fortsetzung der Kämpfe angekündigt. "Die Armee wird so lange im Einsatz sein, bis sie ihre Arbeit getan hat", sagte Netanjahu. Eines der Hauptziele Israels, die Vernichtung der Angriffstunnel der Hamas, sei bald erreicht. "Wir sind dabei, die Zerstörung der Tunnel zu vollenden." Danach werde Israel die Lage neu bewerten und weitere Schritte entsprechend seinen Sicherheitsbedürfnissen unternehmen, fügte Netanjahu hinzu.

    Hamas-Sprecher Fawsi Barhum erklärte, der "bewaffnete Widerstand wird weitergehen, bis er seine Ziele erreicht hat". Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums wurden in Gaza seit dem 8. Juli mehr als 1700 Palästinenser getötet. Über 9000 Menschen wurden demnach verletzt. Laut UN-Nothilfeorganisation Ocha hat die Gewalt fast jeden vierten Einwohner im Gazastreifen in die Flucht getrieben. Mehr als 254 000 der 1,8 Millionen Palästinenser hätten Zuflucht in eine der 90 UN-Unterkünfte gesucht. Auf israelischer Seite wurden 64 Soldaten und drei Zivilisten getötet. AFP/dpa

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