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Gastronomie: 19 Lokale stehen auf der "Ekelliste"

Gastronomie

19 Lokale stehen auf der "Ekelliste"

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    Ein Blick in eine Restaurantküche.
    Ein Blick in eine Restaurantküche. Foto: dpa

    Das "Majakowski" ist eines der angesagtesten Restaurants in Pankow. In der alten Villa, in der zu DDR-Zeiten Erich Honeckers Staatsgäste logierten, gibt es eine anspruchsvolle, nicht ganz billige Küche - und nirgendwo sonst im Berliner Norden sitzt es sich im Sommer schöner als unter den alten Linden im Biergarten des Lokals.

    Die Lebensmittelkontrolleure des Bezirksamtes allerdings waren bei ihren Besuchen im "Majakowski" nicht ganz so zufrieden wie die Gäste: Der Salat, monierten sie, werde in einer Badewanne neben dem Büro gewässert, die Tiefkühltruhe sei schmutzig und die Hygiene auch sonst mangelhaft. Besonders peinlich für den Wirt: In Pankow werden diese Protokolle samt Fotos auf einer sogenannten Ekelliste im Internet veröffentlicht.

    Ginge es nach Verbraucherministerin Ilse Aigner, könnte das Modell bald bundesweit Schule machen. "Wenn die Lebensmittelüberwachung bei einem Betrieb gravierende Beanstandungen feststellt", sagt sie, "sollen die Verbraucher auch die Möglichkeit haben, davon zu erfahren." Umgekehrt würde die CSU-Frau vorbildliche Betriebe auch mit einer Art Gütesiegel belohnen. In Pankow zum Beispiel stehen gegenwärtig 19 Lokale von der Dönerbude bis zum gutbürgerlichen "Majakowski" auf der Negativliste und 35 auf ihrem Pendant, der Positivliste - darunter auch ein Dönerhersteller und zwei Schnellimbisse. Sie dürfen sich mit einem "Smiley" und einer Urkunde schmücken: für eine im Wortsinne saubere Arbeit.

    Jeder dritte Betrieb arbeitet nicht sauber genug

    Von diesem System, ist sich der zuständige Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) sicher, profitieren Gastronomen und Gäste gleichermaßen: "Die Betriebe haben einen Wettbewerbsvorteil, weil sie ihre gute Arbeit sichtbar und amtlich dokumentiert bekommen. Und die Verbraucher können auf einen Blick sehen, ob ihre Kantine, ihr Lieblingsrestaurant, der Schnellimbiss, der Bäcker oder Fleischer an der Ecke sauber arbeitet." Noch aber liegt die Beanstandungsquote in seinem Bezirk bei 30 Prozent. Das heißt: Jedes dritte Lokal ist nicht so hygienisch, wie es sein sollte.

    Das Modell aus Pankow, das sich an ein in Dänemark erprobtes System anlehnt, ist das bislang radikalste - obwohl auf die öffentlich einsehbare "Ekelliste" nur Betriebe kommen, bei denen Kirchners Kontrolleure grobe Verstöße gegen die geltenden Vorschriften festgestellt haben. Dazu gehören stark verschmutzte Spülen und Kühlschränke, verdreckte Fritteusen, Gärfliegen und Mäuse in Lagerräumen oder Schimmel in der Kühltheke. Kleinere Verfehlungen werden nicht veröffentlicht. In Nordrhein-Westfalen, dem bislang einzigen Bundesland mit einer ähnlichen Praxis, gibt es nur "Smileys" für vorbildliche Betriebe, aber keinen Internet-Pranger für die schwarzen Schafe der Branche. In Bremen hat die Bürgerschaft die Einführung der "Smileys" gerade beschlossen.

    Am Donnerstag wollen die Verbraucherminister von Bund und Ländern über eine bundesweit einheitliche Regelung beraten. Da das Lebensmittelrecht Ländersache ist, kann die Bundesministerin allenfalls den rechtlichen Rahmen schaffen. Über die Details müssen sich die Landesminister verständigen: Soll es nur eine Positivliste geben oder auch eine Ekelliste wie in Berlin? Ist der dänische "Smiley" wirklich das passende Piktogramm - oder könnte es auch ein Kochlöffel oder ein blitzblanker Stern sein? Spekulationen, nach denen die CSU-Frau Aigner aus den südlichen Bundesländern mit Widerstand rechnen muss, zerstreut das bayerische Gesundheitsministerium kurz und knapp: Ihr Haus, versichert eine Sprecherin von Markus Söder, stehe den Plänen "grundsätzlich positiv gegenüber".

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