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G7-Gipfel 2015: Kommentar: Wenn es konkret wird, kneifen die G7

G7-Gipfel 2015

Kommentar: Wenn es konkret wird, kneifen die G7

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    Klima und Armut standen unter anderem auf der Agenda der Staats- und Regierungschef der G7. Was hat das Treffen gebracht?
    Klima und Armut standen unter anderem auf der Agenda der Staats- und Regierungschef der G7. Was hat das Treffen gebracht? Foto: Michael Kappeler (dpa)

    Das sind die Zitate zum Abschluss des G7-Gipfels

    «Ich würde gerne länger hierbleiben. (...) Die Umgebung ist atemberaubend.» (US-Präsident Barack Obama über die Region um Schloss Elmau.)

    «Die Ortswahl war wohl mehr als spontaner Einfall unserer Bundeskanzlerin zu verstehen, die nicht eine Sicherheitsexpertin ist. Zwischen malerisch und geeignet ist ein Unterschied.» (Ursula Münch, Politikwissenschaftlerin)

    «Die deutliche Polizeipräsenz hat dafür gesorgt, dass sich potenzielle Gewalttäter genau überlegt haben, ob sie etwas anstellen oder überhaupt anreisen.» (Joachim Herrmann (CSU), Bayerns Innenminister)

    «Ein Grund, warum die Demonstrationen so friedlich verlaufen sind, ist sicher auch die Herzlichkeit der Einwohner und der Einsatzkräfte, das schöne Wetter und die schöne Landschaft.» (Anton Speer, Landrat von Garmisch-Partenkirchen)

    «Wir erwarten uns schon einen Marketingerfolg.» (Sigrid Meierhofer, Bürgermeisterin von Garmisch-Partenkirchen)

    «Wir hatten den Eindruck, die Demonstranten kommen wieder - nicht zum Demonstrieren, sondern weil sie alle so begeistert von der Landschaft waren bei diesem Wetter.» (Roland Ampenberger, Sprecher der Bergwacht)

    «Es kamen keine Leute in unsere Geschäfte.» (Michaela Nelhiebel, Vorsitzende der Werbegemeinschaft Garmischer Zentrum)

    «Die Polizeiautos verstopfen alles.» (Josef Schandl, Taxiunternehmer aus Mittenwald)

    «Garmisch ist halt nicht der zentralste Ort der Welt.» (Bündnissprecherin Cornelia Teller zur niedrigen Demonstrantenzahl bei der Abschlusskundgebung)

    «Die Vorfälle bewegten sich von ihrer Anzahl und Art her im Bereich eines bayerischen Volksfestes.» (Marco Noli vom Anwaltnotdienst der Gipfelgegner)

    «Es muss uns gelingen, dass all diejenigen, die jetzt wegen des Gipfels zum Arbeiten hier waren, als Urlauber wiederkommen.» (Peter Ries, örtlicher Tourismuschef)

    «Der Bekanntheitsgrad steigt. Aber wir müssen schon dranbleiben. Bekanntheit allein füllt keine Betten.» (Thomas Schwarzenberger (CSU), Krüns Bürgermeister)

    Irgendwann gehört sie zum Inventar. Von den Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrieländer halten sich nur wenige so lange im Amt, dass sie gleich zweimal einen der jährlichen Gipfel ausrichten dürfen. Angela Merkel dagegen hat ihre Rolle als Gastgeberin in Elmau mit einer solchen Präsenz und Selbstverständlichkeit ausgefüllt, dass es auch keine Überraschung mehr wäre, wenn sie die großen Sieben noch ein drittes Mal in Deutschland begrüßt. Acht Jahre nach der Premiere von Heiligendamm schwebt die Kanzlerin mit einer Lässigkeit über den Niederungen der Tagespolitik, dass ihre Gegner zu Hause allmählich verzweifeln. Ihre Bühne ist nicht Berlin, sondern die Welt.

    In der Sache war das Treffen in den Bergen von begrenztem Nährwert – und das liegt keineswegs nur daran, dass der russische Präsident Wladimir Putin bis auf Weiteres aus dem exklusiven Klub ausgeschlossen bleibt. Die Vereinigten Staaten, Deutschland, Japan, Frankreich, Kanada, Italien und Großbritannien repräsentieren zwar ein Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung, aus dieser ökonomischen Stärke aber leitet sich nicht automatisch das entsprechende politische Gewicht ab. Das Morden und Foltern des Islamischen Staates können auch die G7-Länder nicht stoppen, der Konflikt in der Ukraine wird ohne Russland nicht zu lösen sein, und in der Griechenland-Krise liegt der Ball noch immer im Spielfeld von Alexis Tsipras. So mussten es die großen Sieben in Elmau, wieder einmal, bei einem Dreiklang der Unverbindlichkeit belassen. Ermahnen, appellieren, bekräftigen.

    Bekenntnis zum Treibhausgas-Abbau: nur ein kleiner Schritt

    Immerhin sind sie sich inzwischen einig, dass die Probleme der Ukraine nicht mit militärischen Mitteln zu lösen sind. Waffenlieferungen im größeren Stil, denen die USA und Kanada lange das Wort geredet haben, sind nach Elmau kein Thema mehr. Der Rest ist ein diffuses Konglomerat aus Absichtserklärungen, politischen Wunschvorstellungen und den üblichen diplomatischen Phrasen.

    Höhere soziale und ökologische Standards etwa, mit denen die Siebenergruppe das Ausbeuten von Mensch und Natur in vielen Entwicklungsländern stoppen will, lassen sich leicht fordern. In dem Moment jedoch, in dem es konkret wird, kneift auch sie: Erst einmal soll eine Uno-Organisation einen Fonds auflegen, der entsprechende Projekte fördert. Ein Zeichen des Wollens aber wäre es gewesen, wenn der Gipfel von Elmau diesem Fonds bereits eine nennenswerte Summe fest versprochen hätte.

    Mit dem Abbau der Treibhausgase verhält es sich nicht anders. Dass die G7-Länder sich dazu bekennen, die Erderwärmung nicht über zwei Grad steigen zu lassen, ist kein historischer Fortschritt, sondern allenfalls ein kleiner Schritt auf einem sehr beschwerlichen Weg.

    "Auch dieser Gipfel ist unter seinen Möglichkeiten geblieben"

    So gesehen ist auch dieser Gipfel unter seinen Möglichkeiten geblieben. Angela Merkel hat zwar versucht, die Aufmerksamkeit ihrer Gäste auf einige Themen jenseits der großen Krisen und Konflikte zu lenken, zum Beispiel auf den Kampf gegen gefährliche Seuchen oder die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen viele Menschen in Entwicklungsländern arbeiten. Am Ende aber waren es doch die Ukraine und Russland, die Lage in Griechenland und das Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA, die in Elmau alles andere überlagert haben. Themen, bei denen auch die Staats- und Regierungschefs potenter Wirtschaftsmächte nicht viel mehr aufbieten können als die Kraft ihrer Worte.

    Dass sie sich in einer Welt, in der jede Nachricht in Echtzeit im Internet landet, noch in aller Ruhe zu einem Gespräch wie jetzt in Elmau treffen können, ist zwar schon ein Wert an sich. Mit Reden alleine aber ist es eben auch nicht getan.

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