Es war zwar nicht ihr erster Zitteranfall, aber der zweite binnen weniger Tage. Am Donnerstag fing Kanzlerin Angela Merkel während der Ernennung der neuen Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am ganzen Körper an zu zittern. Letzte Woche Dienstag war das der CDU-Politikerin beim Empfang des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Kanzleramt auch schon passiert.
In beiden Fällen hatte sich Merkel schnell wieder im Griff. Was bleibt, sind die Fragezeichen, die hinter dem Gesundheitszustand der deutschen Regierungschefin stehen. Am Donnerstag machte sich Merkel nach dem Vorfall im Schloss Bellevue auf die anstrengende Reise ins japanische Osaka, um dort am G20-Gipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer teilzunehmen.
Bei ihrem Eintreffen auf dem Kansai International Airport am Freitagmorgen um 7 Uhr Ortszeit kam die Kanzlerin ganz entspannt die Gangway herunter – von Schwäche keine Spur. Auch beim anschließenden Treffen mit US-Präsident Donald Trump – ihrem ersten offiziellen Termin im Rahmen des G20-Gipfels – wirkte Merkel konzentriert wie eh und je. Ihr Schwächeanfall hatte sich aber bereits weltweit herumgesprochen. "Chancellor, how are you feeling?" ("Frau Bundeskanzlerin, wie fühlen Sie sich?") wollte eine US-Journalistin wissen. Eine Antwort bekam sie auch deshalb nicht, weil Fragen von Reportern bei solchen Anlässen nicht üblich sind und nicht zugelassen werden.
Merkel bei G20-Gipfel in Japan
Dass Merkel nach dem Flug von Berlin nach Osaka fit wie üblich wirkte, ist keine Selbstverständlichkeit. Ein Vergnügen sind solche Flüge nämlich nicht. Los ging es um zirka 13 Uhr wie üblich vom militärischen Teil des Flughafens Tegel in Berlin. Von dort aus starten die Regierungsmaschinen in alle Teile der Welt. In diesem Fall war es die "Theodor Heuss", mit der Merkel gen Japan abhob.
In Tegel hatte die Flugbereitschaft der Bundeswehr, die für die Regierungsflieger verantwortlich ist, angesichts der vielen Pannen der letzten Zeit noch eine zweite Maschine anrollen lassen. Die wurde aber nicht gebraucht. Mehr als elf Stunden dauerte der Flug im Airbus A340. Auf der Reise leuchteten mehrfach wegen teils heftiger Turbulenzen die Anschnall-Zeichen auf. Wer bei einem solchen Gerüttel schlafen kann, braucht schon eine gehörige Gemütsruhe. Ein gesunder Schlaf war bei diesem Flug nach Osaka jedoch ein Segen. Denn Flüge nach Asien sind Reisen gegen die Uhr: Merkel und ihre Delegation landeten um Mitternacht deutscher Zeit in Osaka, in der japanischen Millionenmetropole begann da mit Sonnenschein schon der neue Tag.
Bei solchen Zeitunterschieden kann der innere Zeitmesser ordentlich durcheinander geraten. Merkel musste dann auch noch bei schwüler Witterung den weiten Weg zum Gipfelort zurücklegen. Möglicherweise waren Zeitunterschied, Schlafmangel und der daraus resultierende Stress für den Körper auch für einen Zitteranfall verantwortlich, den Journalisten aus dem Merkel regelmäßig begleitenden Medientross im Juni 2017 beobachteten.
Spekulation über Merkels Zitteranfall
Die Kanzlerin wurde damals in Mexiko-Stadt von Präsident Peña Nieto mit militärischen Ehren empfangen. Der Flug von Deutschland war ebenfalls lang, es gab Verzögerungen, es war brütend heiß – und die Kanzlerin fing im barocken Innenhof des Präsidentensitzes ebenfalls an zu zittern und ganz leicht zu wanken. Seinerzeit wurde das damit begründet, Merkel habe zu wenig getrunken.
Dehydratation machte Merkel auch für ihren Zitteranfall am Dienstag letzter Woche verantwortlich. Warum sie am Donnerstag im Schloss Bellevue wieder das Zittern überkam, darüber kann nur spekuliert werden. Ein Glas Wasser wurde ihr angeboten, Merkel lehnte aber ab. Möglicherweise hatte der Vorfall psychologische Ursachen. Die Erinnerung an den Schwächeanfall vom vergangenen Dienstag mag ein leichtes Unwohlsein oder andere Symptome so verstärkt haben, dass dabei am Ende wieder ein Zitteranfall herauskam.
Von offizieller Regierungsseite hieß es dazu lediglich, es gehe der Kanzlerin gut. Merkels Gesundheitszustand bleibt jedenfalls ein Thema. Jeder öffentliche Schritt der deutschen Regierungschefin wird genauestens beobachtet werden. Gerade bei einem Ereignis wie dem G20-Gipfel, wo es für die Kanzlerin nur wenige Momente gibt, in denen sie wirklich unbeobachtet ist. Und eine Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht. Der G20-Gipfel endet am Samstag. Merkel will sich am Nachmittag auf den Rückweg machen, die Landung in Tegel ist für den späten Abend vorgesehen. Am Sonntag muss die Kanzlerin dann schon wieder weiter. Nach Brüssel zum EU-Sondergipfel, der möglicherweise die ganz Nacht hindurch bis in die frühen Morgenstunden gehen wird.
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