Fast anderthalb Jahre nach dem G20-Gipfel in Hamburg hat am Dienstag der erste Prozess um die Brandstiftungen und Zerstörungen an der Elbchaussee begonnen. Angeklagt sind vier junge Männer aus Hessen (18, 18, 22, 24) und ein Franzose (23). Ihnen wird Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall vorgeworfen. Weitere Anklagepunkte sind Mittäterschaft bei Brandstiftung, gefährlicher Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz.
Für den Prozess sind zunächst Termine bis Mai angesetzt. Zum Verfahrensauftakt am Dienstag wurden einem Gerichtssprecher zufolge die Anklagen verlesen, danach gaben einige Verteidiger Stellungnahmen dazu ab. Der Prozess wird im Januar fortgesetzt.
Prozessbeginn: Zuschauer begrüßen Angeklagte mit tosendem Applaus
Laut Anklage waren am Morgen des 7. Juli 2017 rund 220 schwarz vermummte Personen über die abseits von den Konferenzorten gelegene Elbchaussee gezogen und hatten durch das Anzünden von Autos, Einschlagen von Scheiben und andere Zerstörungen einen Schaden von mindestens einer Million Euro angerichtet. Acht Menschen erlitten Schocks oder wurden verletzt. Ein Busfahrer wurde so schwer psychisch beeinträchtigt, dass er sich laut Anklage über mehrere Monate stationär behandeln lassen musste.
Die Verteidiger argumentierten, die Polizei hätte einschreiten müssen, um ihren friedlichen Mandanten und anderen Teilnehmern des Aufzugs das Demonstrationsrecht zu sichern. "Der wesentliche Punkt ist: Das Ganze war eine Demonstration", sagte die Rechtsanwältin Gabriele Heinecke. Die Nicht-Anwendung des Demonstrationsrechts mache die gesamte Anklage verfassungswidrig. Die rund 80 Zuschauer im Saal begrüßten und verabschiedeten die Angeklagten mit tosendem Applaus und Jubel.
Staatsanwaltschaft beziffert Schaden auf rund eine Million Euro
Im sogenannten Schwarzen Block versammeln sich auf Veranstaltungen und Demonstrationen immer wieder gewaltbereite Linksradikale, die sich schwarz kleiden und vermummen.
Die Staatsanwaltschaft beziffert den während des Aufzugs des Schwarzen Blocks am Morgen des 7. Julis entlang der Hamburger Elbchaussee entstandenen Gesamtschaden auf rund eine Million Euro. Tatsächlich ist nicht nachgewiesen, dass einer der Angeklagten sich aktiv an den Sachbeschädigungen beteiligte. Dennoch müssen sich die Männer wegen mittäterschaftlich begangener Brandstiftung, gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten. Während die beiden 18-Jährigen Ende Juni nach zwei Tagen aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, sitzen die übrigen Angeklagten seit ihrer Festnahme im Sommer im Gefängnis.
Erste Randalierer des G20-Gipfels wurden bereits verurteilt
Die zwischenzeitlich angeordnete Haftverschonung für die 22- und 24-jährigen Deutschen wurde in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht Hamburg aufgehoben. Dieses gelangte nach Gerichtsangaben Ende November zu der Einschätzung, den Angeklagten drohten bei einer Verurteilung wegen schweren Landfriedensbruchs Freiheitsstrafen "aus dem oberen Bereich des damit eröffneten Strafrahmens zwischen sechs und zehn Monaten". Eine Fluchtgefahr der Angeklagten sei deshalb gegeben.
Der Franzose muss sich zusätzlich für Stein- und Flaschenwürfe auf Polizisten im Schanzenviertel verantworten. Im Januar war ein 28-jähriger G20-Gegner wegen eines Bierflaschenwurfs auf einen Polizisten zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. (dpa/afp)