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G20-Gipfel: Europas Angst vor Putin

G20-Gipfel

Europas Angst vor Putin

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    Wladimir Putin zeigt sich gern als entschlossene Persönlichkeit: Doch weiß er wirklich, was er tut?
    Wladimir Putin zeigt sich gern als entschlossene Persönlichkeit: Doch weiß er wirklich, was er tut? Foto: Alexei Druzhinin, afp

    Putin provoziert. Moskaus Kampfbomber im Luftraum der Nato und bis an die Grenze zu den USA, frische Kampftruppen in der Ost-Ukraine, russische Kriegsschiffe vor Australien - also dort, wo am Wochenende der G20-Gipfel stattfindet. Europa erstarrt zwar nicht in Angst, doch die Furcht vor neuen Eskalationen wächst.

    Das Europäische Parlament reagierte am Donnerstag auf seine Weise, indem es das Assoziierungsabkommen mit Moldawien ratifizierte. Jenem Land, in dem Ende des Monats gewählt wird und in dem der Kreml (genau wie in der Ukraine) mit Versprechen und Geld den Wahlkampf Moskau-freundlicher Parteien unterstützt. Gärt es schon wieder?

    Will Putin eine geopolitische Pufferzone schaffen?

    „Niemand kann genau sagen, was der russische Präsident wirklich will“, sagt Elmar Brok (CDU), außenpolitischer Experte im Parlament. „Vermutlich weiß Putin das nicht einmal selbst“, ergänzt Alexander Graf Lambsdorff von der liberalen Europa-Fraktion. Ob der Kreml-Chef tatsächlich vom historischen Traum des großrussischen Reiches aus dem 18. Jahrhundert angetrieben wird oder schlicht eine geopolitische Pufferzone um sich scharen will, wie es einst die Sowjetunion tat – für die westlichen Militärs sind zwei Dinge klar: Wegen der Ukraine will man keinen Krieg führen. Und: Wenn auch nur ein Mitglied der Nato angegriffen wird, schlägt man zurück. „Wir tun gut daran, da keinen Zweifel aufkommen zu lassen“, betont Lambsdorff.

    Doch auch er weiß, dass es ganz anders kommen könnte. Die Kriegsführung hat sich verändert. Heute werden Computer gehackt. Heute tauchen Soldaten ohne Hoheitszeichen auf. „Wo es keinen Krieg gibt, kann man ihm auch nicht begegnen. Verteidigen muss man sich trotzdem“, sagt ein hoher Militär der Nato. Aber hat der Westen nicht auch eigene Fehler im Umgang mit Moskau gemacht? Davon will in Brüssel niemand mehr reden. „Immer wieder hat man sich um eine Beteiligung Moskaus in der Ukraine-Frage bemüht, ist auf Bedenken Putins eingegangen“, sagt Brok.

    Der Westen hat sich auf Kosten Russlands zum Sieger erklärt

    Das mag sein, ändert aber an der sogenannten „russischen Befindlichkeit“ wenig: „Nach dem Ende des Kalten Krieges hat vor allem Washington Moskau als Verlierer gedemütigt“, sagt Lambsdorff. Am Ende stilisierte man die einstige Supermacht zum kraftlosen Giganten, der nicht nur ideologisch verloren hatte, sondern auch wirtschaftlich. Zwar konnte sich Russland vor allem unter Putin zur neuen Großmacht in Sachen Rohstoffe und Energie aufbauen, vergaß aber die Reformen der eigenen Wirtschaft. Das rächt sich längst bitter.

    Nun fürchten viele, dass Putin sich am Ende in der Rolle des angeschlagenen und wütenden russischen Bären wiederfindet, der – durch die Sanktionen der EU – in die Enge getrieben wird und dann irrational reagieren könnte.

    Die Botschaft der Union ist trotzdem klar: Man lässt sich nicht aufhalten, wie der Schulterschluss mit Moldawien zeigt. Die Antwort aus Moskau scheint nicht weniger missverständlich: Die Drohungen werden mehr. Noch gibt es keine wirkliche Eskalation, aber eben auch keine echte Entspannung. Im Umfeld der neuen EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini heißt es: „Vielleicht liegt das eigentliche Kennzeichen dieser Krise darin, dass niemand so recht weiß, wer was tun könnte und müsste, um etwas zum Positiven zu bewirken.“

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